Als Kind verbrachte er jeden Urlaub auf dem Landgut Bornstedt bei Potsdam. Fuhr dafür in überfüllten Eisenbahnzügen mit einem Visum in der Tasche von Braunschweig in die DDR. Ging im Sommer mit auf die Felder, kuschelte sich im Winter vor den Ofen, holte Eier aus dem Hühnerstall und buk Brot mit der Großmutter.
Nun zieht Wolfgang Joop zurück in das Haus seiner Kindheit. Es ist nicht nur die Heimkehr zu seinem Sehnsuchtsort, sondern auch der Beginn eines neuen Lebensabschnitts.
Herr Joop, manch einer wird sich fragen, warum Sie die herrschaftliche Villa Wunderkind zugunsten eines Landgutes am Rande von Potsdam aufgeben …
Es ist ein Downsizing, reisen mit leichtem Gepäck. Die Villa war uns schon lange zu groß, das mittlere Stockwerk steht leer. Außerdem war ich es leid, in einer Vorstadt zu wohnen (Anm. d. Red.: Die Villa Wunderkind liegt in der sogenannten "Berliner Vorstadt", einer Villengegend von Potsdam). Hier gibt es nicht mal ein Café um die Ecke, nur illustre Vorort-Nachbarn.
Um Bornstedt gab es nach dem Tod Ihrer Mutter Streit mit Ihrer Tochter Jette. Sie beanspruchte das Haus für sich. Ist der Zwist beigelegt?
Am Anfang war ich dankbar dafür, dass sie das Haus beansprucht hat. Nach dem plötzlichen Tod meiner Mutter konnte ich es einige Zeit nicht betreten. Dabei war ich eigentlich an der Reihe. Aber ich hatte damals nicht die Kraft an die Stelle meiner Mutter zu treten. Also zog ich mich erst einmal zurück, um mich selber wieder zu finden.
Warum ist es jetzt an der Zeit, dorthin zu ziehen?
Mittlerweile ist meine Ex-Frau Karin auch dort, sie lebt in einem eigenen kleinen Landhaus auf dem riesigen Grundstück, ebenso wie meine Tochter Florentine, die gerade ihr drittes Kind erwartet. Die Nachbarschaft von Sanssouci und Bornstedt als Teil des Weltkulturerbes ist eine Klasse für sich. Dort im Park von Sanssouci begleiten mich die alten Bäume an den Wegen meiner Kindheit. Das ist letztlich nicht durch eine prächtige Villa am See zu ersetzen.
Tollende Kinder statt Ruhe am See – eine ganz schön große Umstellung!
Für eine gewisse Zeit war es angenehm, allein in dem großen Haus zu sein, aber man hat sich dann doch auf das Wochenende mit der Familie in Bornstedt gefreut. So ist es Tradition seit Generationen, dass sich die Familie sooft es geht dort trifft. Und es ist spannend, die Entwicklung der Enkel zu verfolgen und ihnen die Geschichte dieses besonderen Ortes zu vermitteln oder mit ihnen zu malen. Natürlich ist das eine Umstellung. Wir haben alle starke Charaktere, und durch die Kinder wird es nicht mehr so still sein wie in der Villa Wunderkind. Aber wir werden lernen, miteinander umzugehen. Das ist ein Abenteuer, in das wir uns stürzen wollen. Es ist zeitgemäß. Familie ist zeitgemäß, gerade in Zeiten einer sich atomisierenden Gesellschaft.
Und was wird aus Ihrer Firma Wunderkind?
Die Mannschaft wurde stetig größer, und wir mussten uns nach passenden Räumen umschauen. Wunderkind hat jetzt in Charlottenburg, im ehemaligen Atelier der berühmten Modefotografin Yva, seinen neuen Firmensitz gefunden. Helmut Newton hat dort in den Dreißigerjahren bei Yva seine Lehre gemacht. Ich bin mittlerweile gern da, habe mich eingelebt, da es aufgrund der Geschichte ein sehr inspirierender Ort ist. Und ich habe mir eine riesige Wohnung mit Blick auf das Bode-Museum genommen, schöner geht es nicht! Ich pendle jetzt zwischen Stadt und Land, die Vorstadt brauche ich nicht mehr.
