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Kolumne von Ahmad Mansour: Islam-Experte: Warum ich mit jedem diskutiere, nur nicht mit der AfD
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Friedrich Naumann Stiftung GER, Berlin, 20221110, Ahmad Mansour, Autor und Pschologe in der Vertretung des landes Nordrh
IMAGO/serienlicht Ahmad Mansour spricht Probleme offen an - und wird dafür regelmäßig angefeindet
  • FOCUS-online-Autor
Donnerstag, 01.06.2023, 14:53

In Wuppertal wird demnächst bei einer Veranstaltung über den Bau einer Ditib-Moschee diskutiert. Der Islam-Experte Mansour wird Teil des Talks sein. Er will mit allen sprechen, nur nicht mit der AfD. Sie sei Teil des Problems.

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In meiner Kolumne haben Sie bisher viel Kritik an der Migrations- und Integrationspolitik in Deutschland gelesen. Es ging um patriarchalische Strukturen, Islamismus und Parallelgesellschaften. Und ich werde weiterhin klar und deutlich Kritik üben, selbst wenn meine Positionen Shitstorms und Diffamierungskampagnen von Linken, Islamisten und Antisemiten nach sich ziehen. Meine Reaktion mag trotzig sein, aber ich sage mir: Dann erst recht!  

Denn ich sehe darin einen wichtigen Sinn: Es ist ein Kampf für die Demokratie, ein Kampf gegen Extremismus und Desintegration. Wofür ich jedoch explizit nicht kämpfen werde, ist die Alternative für Deutschland (AfD). Diese Partei kann kein Partner sein. Sie ist Teil des Problems. Warum? Erlauben Sie mir, etwas auszuholen.

Was bedeutet eine positive Debattenkultur?

In Wuppertal haben die Vertreter vieler Parteien im Stadtrat gerade den Bau einer Ditib-Moschee genehmigt. Es handelt sich um eine Einrichtung, die finanziell und inhaltlich an den wiedergewählten türkischen Präsidenten Erdogan gebunden ist. Unmut macht sich breit in der Bevölkerung in Wuppertal. Anlass für einen „Talk in der Citykirche“ am 13.06.2023 mit den Mitgliedern des Stadtrats, anderen versierten Akteuren und mir, organisiert durch „die politiksprecher“, einem Verein für politische Teilhabe durch Diskussion und Bildung. Doch scheinen, abgesehen von den Verantwortlichen der Freien Wähler und der Links-Partei, alle von ihrer Entscheidung so überzeugt zu sein, dass keiner von ihnen der Einladung zur Diskussion folgt.

FOCUS Online

Über den Kolumnisten

Ahmad Mansour ist Namensgeber und Geschäftsführer der Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention. Als junger Palästinenser in Israel ist Ahmad Mansour beinahe radikaler Islamist geworden. Heute zählt er zu den wichtigsten Islamismus-­Experten Deutschlands.

Nicht eingeladen, aber dennoch unbedingt mitdiskutieren wollte jedoch die AfD. Als Teil des Stadtrats pochen sie über ihre Social-Media-Kanäle darauf, ebenfalls eingeladen zu werden. Sie halten den Organisatoren und mir vor, scheinheilig zu sein im Kampf für eine positive Debattenkultur.

Aber bedeutet für eine positive Debattenkultur einzutreten, mit jedem diskutieren zu müssen? Ungeachtet der Positionen, die die Person vertritt? In einem pädagogischen Kontext würde die Antwort lauten: Eigentlich schon, schließlich kann man sich kaum aussuchen, wer mit einem in einer Klasse sitzt und wer welche Einstellung vertritt. Aber im öffentlichen Raum? Da sieht die Antwort anders aus.

AfD: Wer Muslime pauschal als Gefahr sieht, will Integrationsfragen nicht lösen

Zunehmend lässt sich feststellen, dass radikale Einzelpersonen die Diskussionen enorm erschweren. Fanatiker haben meist kein Interesse daran, zuzuhören, sich auszutauschen oder mitzudiskutieren. Sie kommen, weil sie gewinnen wollen. Offenheit für neue Perspektiven ist bei ihnen längst durch eine starre Ideologie verbaut worden. Diese Menschen bräuchten ein Einzelsetting, heißt: Man müsste individuell mit ihnen arbeiten. Da spricht jetzt der Psychologe in mir.

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Deshalb hat eine öffentliche Debatte ihre Grenzen. Wer Rassismus, Antisemitismus, Hass und Abwertung von anderen betreibt, ist kein Partner in einer Debatte, egal, ob er aus dem linksextremistischen, rechtsextremistischen oder islamistischen Lager kommt. Wer deutsche Staatsbürger mit Zuwanderungsgeschichte „Passdeutsche“ nennt, definiert Zugehörigkeit zu diesem Land biologistisch. Etwas, das sich nicht mit dem Grundgesetz und demokratischem Selbstverständnis vereinbaren lässt.

Wer Muslime pauschal als Gefahr sieht, hat weniger Interesse daran, Probleme in der Integration zu lösen als zusätzlich welche zu kreieren. Wer keine Unterschiede zwischen radikalen und liberalen Moscheen als Ort des Glaubens macht, bietet keine Grundlage für differenzierte Diskussionen. Wer Probleme nur bei den anderen sieht und bei sich selbst konsequent ignoriert, wer Antisemitismus und Extremismus pauschal Muslimen in die Schuhe schiebt und nicht in seinen eigenen Reihen erkennt, kann einfach keinen konstruktiven Beitrag zur Debatte leisten.

Bei der AfD ist die die Wahrung der Menschenwürde und die Lösungsorientiertheit nicht gegeben

Die stete Förderung von Dualismen, von apokalyptischen Vorstellungen und eingeschränktem Schubladendenken hilft da leider überhaupt nicht. Schlimmer noch: Wer dann noch in Bezug auf das Denkmal für die ermordeten Juden Europas von einem „Denkmal der Schande“ spricht und von einem „Vogelschiss in tausend Jahren deutscher Geschichte“, wird damit endgültig untragbar. Man könnte über die Absurdität lachen, es überhaupt zu erwägen, Personen, die solche Aussagen tätigen im Kampf gegen Extremismus mit einzubeziehen und zu Wort kommen zu lassen, wenn es nicht so traurig und bedenklich wäre.

In einer guten Diskussion ist der gemeinsame Nenner aller Beteiligten die Wahrung der Menschenwürde und die Lösungsorientiertheit. Bei der AfD ist beides im Diskurs leider nicht gegeben.

Boris Palmer hat den Rechtsradikalen in die Karten gespielt

Zu sehen war dieses Vorgehen der AfD nach einer Konferenz zum Thema „Einwanderungspolitik“ an der Uni Frankfurt und dem dabei entstandenen Eklat um Ex-Grünen-Politiker Boris Balmer aufgrund seiner mehrfachen Nutzung des „N-Worts“. Auch da haben die Wutbürger kaum etwas Konstruktives beigetragen. Wieder einmal haben sie die Debatte schwarz-weiß geführt. Kritik an Palmer sei böse und wer sie übe, wie ich, der sei einfach ein Systemkonservativer, der versuche, bei den Linken oder den Grünen Gefallen zu finden und der seine Prinzipien verraten habe.

Dass Palmer mittlerweile selbst seine Fehler erkannt hat, dass wir bei der Intervention während der Veranstaltung auf die Unterschiede zwischen der Nutzung des N-Wortes an sich oder im historischen Literaturkontext hingewiesen haben, hat diese Menschen genauso wenig interessiert, wie die Zusammenhänge und der Gesamtkontext der Veranstaltung. Im Grunde genommen war das Urteil schon vor der Veranstaltung gefallen. Die Initiatoren standen unter extremem Druck und das Event wurde vorab schon von Linksradikalen stark kritisiert – das Podium sei zu rechts.

Selbst, wenn Palmer Recht gehabt hätte, was nicht der Fall ist: Schlau war sein Verhalten nicht. Denn er hat den Kritikern genau das geliefert, was sie haben wollten, einen Beweis dafür, dass an den Rassismusvorwürfen ihm gegenüber doch was dran ist. All das spielte in der dualistischen Betrachtung der Rechtsradikalen kaum eine Rolle! Und beweist wieder einmal: Sich auf dieses Niveau überhaupt einzulassen, schadet nicht nur den Beteiligten, sondern auch der Debatte an sich.

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Die AfD hilft auch dem verlängerten Arm Erdogans

Was können die Rechtsradikale-Vertreter also bitte in der Diskussion am 13.06. anbieten, wo man doch jetzt schon weiß, dass sie gegen den Bau von jeglicher Moschee in Deutschland sind, und gegen Muslime im Allgemeinen – nicht gegen Islamismus oder den Einfluss von Erdogan auf muslimische Bürger im Speziellen. Unter diesen Umständen wird keine differenzierte Diskussion möglich sein und am Ende bleibt jeder in seiner eigenen, kleinen, gemütlichen Blase.

Wem so eine Dynamik zugute kommt, das ist der verlängerte Arm Erdogans: Ditib. Deren Mitglieder können sich unter diesen Vorzeichen als Opfer von Rechtsradikalen und Islamhassern inszenieren und den Fokus von ihren eigenen Machenschaften weglenken. Werden danach bürgerliche kritische Stimmen realpolitisch besser angenommen? Ich befürchte sogar, das Gegenteil wird der Fall sein. 

Und so war es auch, als ich mich öffentlich dazu positioniert habe, dem Druck nicht nachzugeben und die AfD nicht zum „Talk in der Citykirche“ nach Wuppertal einzuladen. Ich wurde von AfD-Vertretern auf eine Art und Weise attackiert, die ich von Islamisten kenne: mit Diffamierung und einem kindischen, trotzigen Verhalten.

Die Lösung liegt in der Stärkung differenzierter Haltungen

Die Lösung liegt demnach nicht bei der AfD. Sie liegt in der Stärkung differenzierter Haltungen, die eine Brandmauer gegen jeglichen Extremismus bilden, egal ob von rechts, links oder islamistisch motiviert. Ansonsten verstummt die Debatte.

Natürlich gibt es auch Stimmen von links, die solche Probleme nicht erkennen wollen, die auch wenig Konstruktives zu Debatte beitragen, die ebenfalls in Schwarz und Weiß denken. Bei denen sind die Rechten böse und Muslime per se gut oder Opfer, egal, ob es um einen gut integrierten liberalen Muslim oder um einen Erdogan-Anhänger geht. Um solche Themen aber differenziert diskutieren zu können, damit unsere Kritik an der Genehmigung einer Zentrale Erdogans auch bei denjenigen ankommt, die mit ihrer naiven Politik die Integrationsarbeit torpedieren und Erdogan hofieren, muss man die Mitdiskutanten gut wählen.

Wenn Sie dazu beitragen wollen, kommen sie am 13.06. zu der CityKirche in Wuppertal und diskutieren Sie mit (Anmeldung erforderlich). 

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