Habeck mit FDP-Seitenhieb – Experte sieht Szenario für Ampel-Bruch
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„Wir Grüne ...“: Habeck setzt Seitenhieb gegen die FDP – Experte sieht Szenario für Ampel-Bruch

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Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bescheinigt der deutschen Wirtschaft einen Aufwärtstrend. Gegen die FDP formuliert er seine ganz eigene Kritik.

Berlin – Die deutsche Wirtschaft erholt sich und kommt langsam in Fahrt – das wollte Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch (24. April) vor der Berliner Presse in den Fokus rücken. Eine Zahl hatte der Vizekanzler und Wirtschaftsminister auch parat: Das prognostizierte Wirtschaftswachstum erhöhe sich leicht auf 0,3 Prozent, erklärte er.

Einen Plan für weiteren wirtschaftlichen Schwung hat die FDP vor Kurzem im Alleingang und vor allem im Widerspruch zu Ideen ihrer Koalitionspartner vorgestellt. Habeck konterte nun – wenn auch eher durch die Blume. Ungeachtet der eher vorsichtigen Töne liegt ein Bruch des Ampel-Bündnisses für einen Experten mittlerweile im Bereich des Denkbaren, jedenfalls nach der nächsten wichtigen politischen Hürde.

FDP sorgt für nächsten Ampel-Streit – Habeck lobt seine Grünen

Angesprochen auf das 12-Punkte-Papier für eine Wirtschaftswende, das die Freien Demokraten auf ihrem Parteitag am Wochenende beschließen wollen, vermied Habeck am Mittwoch zwar offene Kritik. Er setzte stattdessen den indirekten Seitenhieb gegen den Koalitionspartner. Die FDP fordert in ihrem Beschlusspapier unter anderem die Abschaffung der Rente mit 63 sowie Sanktionen beim Bürgergeld – und einen drei Jahre währenden Stopp für Beschlüsse zu neuen Sozialleistungen.

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat große Aufgaben vor sich. Die deutsche Wirtschaft kommt nicht so recht voran, gleichzeitig erhöht der Ampel-Koalitionspartner FDP den Druck auf Grüne und SPD.
Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat große Aufgaben vor sich. Die deutsche Wirtschaft kommt nicht so recht voran, gleichzeitig erhöht der Ampel-Koalitionspartner FDP den Druck auf Grüne und SPD. © IMAGO/Julius Nieweler

„Wir Grüne haben uns in schwierigen Situationen dazu entschieden, auf Parteitagen für die Regierung zu entscheiden“, sagte Habeck und meinte damit mit Blick auf die FDP wohl: Wer in einer Regierungskoalition ist, muss zusammenhalten und kann nicht ständig nur in Alleingängen meckern. Habeck lobte „schwierige Beschlüsse“, die seine Grünen um der Koalition willen geschluckt hätten. Er nannte die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, die Rückkehr von Kohlekraftwerken ans Stromnetz, Asylkompromisse. Die Grüne-Parteiführung habe diese Entscheidungen vorgestellt „und die Partei hat sich dann sehr geschlossen dahintergestellt“, meinte Habeck – der auch selbst Beschlüsse bei Parteitagen mit durchgepeitscht hat.

Ampel-Koalition mit Haushalt 2025 vor nächster Herausforderung

„Ich finde es sehr wichtig, wie wir das gemacht haben“, sagte der Vizekanzler mit Blick auf die schwierige Lage der Grünen-Parteispitze, die ihrer Basis in der Legislatur auf Parteitagen bereits mehrfach unliebsame Entscheidungen abgerungen hat. Ein solches Vorgehen wünscht Habeck sich offenbar auch bei der FDP, obwohl er es nur indirekt sagt.

Auch mit Blick auf die Verhandlungen für den Haushalt 2025 plädierte Habeck für Geschlossenheit in der Ampel. „Uneinige Regierungen sind nicht gerade hilfreich, um Vertrauen in einem Land zu schaffen.“ Man müsse darauf hinarbeiten, „geschlossen und gemeinsam“ Lösungen präsentieren zu können, betonte der Vizekanzler.

Experte über FDP-Plan: „Der Vorstoß ist provokant“

Die Arbeit der Bundesregierung habe sich durch den FDP-Vorstoß allerdings nicht verändert, sagte Habeck: Regierungsarbeit und Beschlüsse auf Parteitagen seien zwei Paar Schuhe. Nicht ganz so unproblematisch sieht die FDP-Äußerungen allerdings Uwe Jun, Parteienforscher und Professor für Politikwissenschaft an der Uni Trier.

Für ihn sind die FDP-Forderungen eine klare Willensbekundung, nicht mehr mit Positionen der Koalitionspartner mitzugehen. Die FDP sehe, „dass Deutschland beim Wirtschaftswachstum der Industrienationen Schlusslicht ist, und will besonders in der Wirtschaftspolitik andere Wege gehen“, sagte Jun IPPEN.MEDIA. „Bemerkenswert ist, wie die Forderungen die Kernbereiche der Koalitionspartner betreffen, also die Energiepolitik der Grünen und die Sozialpolitik der SPD. Der Vorstoß ist provokant.“

Zerbrechen der Ampel-Koalition ist nicht ausgeschlossen

Dass der FDP-Vorstoß das Ende der Koalition einleite, wie CSU-Chef Markus Söder mutmaßte, ist für Jun indes nicht so klar. „Neuwahlen halte ich für ausgeschlossen. Die sind nur möglich, wenn Scholz die Vertrauensfrage stellt – damit würde er ohne die Stimmen der FDP seine eigene Kanzlerschaft vorzeitig beenden.“ Der Wissenschaftler ergänzte jedoch: „Wenn der Haushalt für 2025 steht, halte ich eine Minderheitsregierung ohne Beteiligung der FDP aber nicht für ausgeschlossen.“ Zumindest Vizekanzler Habeck war vor der Presse daran gelegen, nicht zusätzliches Öl in das ohnehin weiter schwelende Ampel-Feuer zu gießen.

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