Gemeinde zahlt bis zu zwei Millionen Euro mehr für das Jugendamt
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Gemeinde zahlt bis zu zwei Millionen Euro mehr für das Jugendamt

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Mehr Geld gibt es für das Jugendamt. Damit soll Kindern besser geholfen werden.
Mehr Geld gibt es für das Jugendamt. Damit soll Kindern besser geholfen werden. © Kneffel/dpa

Die Beiträge für das Jugendamt steigen in den nächsten Jahren stark an. Doch warum ist das so?

Wickede – Die Jugendamtsbeiträge der Gemeinde Wickede steigen in den nächsten Jahren enorm an. Von fünf Millionen Euro im Jahr 2023 auf sieben Millionen in 2028. Wie diese starke Steigerung zu erklären ist, berichteten nun Vertreter des Kreisjugendamtes im Ausschuss für Bildung, Kultur, Soziales und Sport.

„Mit Einführung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes 2021 haben wir als Jugendamt noch mehr Aufgaben dazu bekommen“, referierte Ulrich du Mont, stellvertretender Leiter des Jugendamts. „Das bedeutet höherer Aufwand und höhere Kosten – auch für die Kommunen.“

Viele Meldungen zu Kindeswohlgefährdungen

So solle die Jugendhilfe beispielsweise inklusiver werden. Behinderte Kinder mit Betreuungsbedarf sind aktuell noch in Einrichtungen des Landschaftsverbands untergebracht. Ab 2028 soll allerdings das Jugendamt diese Kinder unterbringen. „Seit diesem Jahr brauchen wir dafür einen Verfahrenslotsen. Das ist eine komplett neue Stelle“, erklärte du Mont. „Wir müssen schließlich Einrichtungen für die Kinder finden, haben aber fast keine eigenen.“ Dieses Problem gelte es zu lösen.

Dazu werde zusätzliches Personal aufgrund des neuen Landeskinderschutzgesetzes nötig. Das hat das Ziel, die fachlichen Standards in Fällen von Kindeswohlgefährdung zu erhöhen, noch genauer hinschauen zu können. Mit dem aktuellen Personalschlüssel gehe das jedoch nicht, so du Mont. „Außerdem müssen wir ein zusätzliches Netzwerk für den Kinderschutz aufbauen. Da kommen wir um höhere Kosten nicht herum.“

Die Meldungen von Kindeswohlgefährdungen beim Jugendamt sind aktuell auf einem Hoch. „Die überrollen uns im Moment“, machte du Mont klar. Kreisweit gebe es derzeit rund 670 Fälle. Sascha Kudella, zuständiger Dezernent im Kreishaus, stellte klar: „Alles, was es in der Großstadt gibt, gibt es auch bei uns. Nur die Frequentierung ist eine andere.“ Die zahlreichen Inobhutnahmen von Kindern kosten zusätzliches Geld. Vor allem minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge seien hier betroffen.

Das sind die größten Kostenpunkte

Das „Kernstück“ des Jugendamts – so der stellvertretende Leiter Ulrich du Mont – sei aber der regionale soziale Dienst. Hier beraten die Fachleute bei Fragen zur Erziehung, Trennung oder Scheidung und gewähren verschiedene erzieherische Hilfen. Diese machen rund 27 Prozent des Jahreshaushalts des Jugendamts aus.

Wickede werde in Sachen erzieherische Hilfen nicht auffällig, weder nach oben, noch nach unten. Allerdings verzeichnet das Jugendamt kreisweit einen enormen Anstieg an Integrationshelfern in den Schulen, auch in der Ruhrgemeinde. Dementsprechende Anträge liegen dem Kreishaus im Übermaß vor. „Eine Lese-Rechtschreib-Schwäche haben wir früher mal eher mit einer Integrationskraft unterstützt“, sagte du Mont. „Heute würden wir das aber so nicht mehr bezahlen. Das müssen die Schulen selbst leisten.“ Bei der Bewilligung einer solchen Kraft müsse sich das Jugendamt an gesetzliche Vorgaben halten und mit dem Geld der Kommunen sorgfältig umgehen. Allein für die Integrationskräfte steuern die Kosten dennoch auf sechs Millionen Euro pro Jahr zu.

Tarifsteigerungen machen sich bemerkbar

Das meiste Geld aus dem Jugendamt-Haushalt schlucken jedoch die Betriebskosten und Platzzahlen für die Kindertagesstätten. 30,5 Prozent davon fließen dafür. Und auch hier steigen die Kosten enorm. 2021 reichten für die Kitas noch 61 Millionen Euro aus, in diesem Jahr sind schon rund 74 Millionen nötig. Ein beträchtlicher Anstieg. Der Grund hierfür sind die Tarifsteigerungen in der Entlohnung des erforderlichen Personals. „Diese schlagen sich Eins zu Eins in den Beiträgen der Kommunen nieder“, erklärte du Mont.

Für die Städte und Gemeinden ist das eine Herausforderung. Im Gespräch mit unserer Redaktion bezeichnete Wickedes Bürgermeister Dr. Martin Michalzik solche gestiegenen Abgaben als „Sorgentreiber der Kommunen“, im Ausschuss für Bildung, Kultur, Soziales und Sport fügte er sich der Situation pragmatisch. „Wir werden keine andere Möglichkeit haben, als dieses zusätzliche Geld bei unseren Bürgern einzusammeln.“

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