Wer ist Hanna? (2011)

Hanna ist der beste Comicfilm, der nicht auf einem Comic beruht: Ein atmosph�risches, emotional eher k�hles Thriller-M�rchen, mit elfenhaft-unwirklicher Heldin, einer stark �berzeichneten Oberschurkin, bunten Nebenfiguren sowie beeindruckend choreographierten Kampfszenen, untermalt von den Chemical Brothers.

Schon die ersten Bilder erscheinen stark stilisiert. Hanna (Saoirse Ronan) lebt mit ihrem Vater Erik (Eric Bana, in der Originalversion mit �berzeugendem deutschen Akzent) in einer Holzh�tte ohne Elektrizit�t oder flie�endes Wasser, irgendwo in der finnischen Wildnis. Dort st�hlt er sie hart und systematisch zur Killermaschine – Reflexe, �berlebens- und Kampftechniken, Fremdsprachen… und Grimms M�rchen. Schlie�lich beschlie�t das dennoch sensibel und unbedarft wirkende M�dchen, bereit f�r die Welt zu sein und ihre Mission zu erf�llen: Sie soll eine r�tselhafte CIA-Agentin namens Marissa Wiegler umbringen und danach ihren Vater in Berlin wiedertreffen.

Doch der Plan geht daneben. Hanna t�tet die Falsche, Wiegler setzt einen sadistischen Killer auf sie an. Auf dem Weg nach Berlin, der sie aus ihrem M�rchenwald in die W�ste und durch den bunten Orient schlie�lich in eine Plattenbausiedlung f�hrt, entdeckt Hanna dann nebenbei die Zivilisation und das Leben: Wasserkocher und Fernseher; Musik, Tanz und normales Familienleben. Relativ normal zumindest: Zwei britische, nicht v�llig glaubw�rdige Hippieltern mit Teenietochter und kleinem Sohn. Au�erdem muss sie feststellen, dass das Weltwissen, welches ihr Vater ihr vermittelte, so einige L�cken aufweist.

Wer eine Teen-Variante von Bourne erwartet, wird entt�uscht: Zwar rennt und hastet auch Hanna quer durch Europa, erz�hlt wird dies jedoch weitaus bed�chtiger, gelegentlich auch mit stark gedehnten Szenen. Au�erdem franst im Vergleich zu "Bourne" der Plot an vielen Stellen deutlich aus. Ronan sticht Damon allerdings als Hauptdarstellerin m�helos aus: Sie fesselt und �berrascht von der ersten Szene an; man nimmt man ihr die zarteste Teen-Killerin seit Buffy ohne Weiteres ab. Blanchetts Charakter erinnert dagegen stark an den aus "Kristallsch�del": Auch Marissa ist eher M�rchenhexe, als reale Person. So richtig bunt wird’s dann mit Tom Hollander: Er taucht als tuntiger, peroxid-blondierter deutscher Profikiller – der bei David Lynch auch gut aufgehoben w�re – auf, mit Skinheads (!) als Schergen.

Dass die Geschichte an vielen Stellen nicht ganz hinhaut, kann man dem Film, wenn man sich auf (nicht immer ganz subtil untergebrachten) M�rchenparabeln und Comic-Bilder einl�sst, gut verzeihen. Visuell ist er au�erdem ein einziges Fest, mit chicen Montagen, konzentrierter Action und noch dazu clever eingesetzter Musik. Joe Wright, bisher bekannt Literaturverfilmungen ("Abbitte", "Stolz und Vorurteil") ist mit seinem ersten Werk in dieser Sparte ein verbl�ffender Thriller gelungen, der das Genre ohne Zweifel pr�gen wird.