Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hat die Bundesregierung aufgefordert, ihre Arbeit besser zu erklären. „Redet doch mit den Leuten! Sagt ihnen, warum wir manchmal auch Einschränkungen akzeptieren müssen, warum es auch in einem reichen Land schwierige Phasen gibt“, sagte Gauck der „Augsburger Allgemeinen“ vom Montag.
Der Politiker der Zukunft werde dann erfolgreich sein, „wenn er imstande ist, sein Tun so zu erklären, dass es alle Gutwilligen verstehen“. Wenn das misslinge, werde der Zorn vieler Menschen noch größer werden, mahnte Gauck.
Zugleich warnte er davor, die Angst der Menschen zu instrumentalisieren. Es sei für alle politischen Lager verführerisch, Sorgen für die eigenen Interessen zu nutzen, räumte Gauck ein. Allerdings seien die Rechtspopulisten besonders unverschämt. „Was mich dabei am meisten ärgert, ist, dass sie selbst gar keine tragfähigen Zukunftsvisionen haben, und dass sie so tun, als wären unsere Politiker mit Gewalt an die Macht gekommen“, sagte er. „Dabei haben wir sie gewählt.“
„Anfällig für populistische Verführer“
Die jüngsten Erfolge der AfD bereiten dem 83-Jährigen Sorgen: „Leider gibt es bei uns eine Partei, die ganz dezidiert sagt, dass nicht Werte, sondern nur Interessen wichtig seien“, sagte er. Sie halte „diese Art von verweigerter Solidarität noch dazu für eine politische Tugend“, bemängelte er.
Die hohen Zustimmungswerte für die AfD lägen auch an der massiven Häufung von Krisen, die Ängste schüre. Ungefähr ein Drittel der Bevölkerung erachte Sicherheit für wichtiger als Freiheit. „Das ist eigentlich nichts Böses“, sagte Gauck. Aber in Krisen sei dieser Teil der Gesellschaft „anfällig für populistische Verführer“. „Die haben zwar keine Modelle für die Zukunft. Die einzige Botschaft ist, dass alles so sein soll wie früher.“ Das sei nicht nur in Deutschland zu sehen, sondern in ganz Europa, sagte der ehemalige Bundespräsident.
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