Noch nie hat ein Mensch seinen Fuss auf einen anderen Planeten gesetzt. Der einzige Himmelskörper, der jemals von Menschen besucht wurde, ist der Mond. Das nächste Ziel ist unser Nachbarplanet Mars – die Nasa will in den nächsten 15 bis 20 Jahren Astronauten zum Roten Planeten schicken. Auch China und Russland verfolgen Pläne für bemannte Mars-Missionen, und SpaceX-Chef Elon Musk möchte den Mars sogar ab 2025 besiedeln.
Doch die Reise zum Mars dürfte deutlich gefährlicher sein als die Apollo-Missionen zum Mond in den 60er und 70er Jahren. Dies sind die 5 wichtigsten Gründe dafür:
Das All ist eine lebensfeindliche Umgebung, das ist jedem klar. Weniger bekannt ist allerdings, dass ein beträchtlicher Teil dieser Lebensfeindlichkeit auf das Konto der Strahlung geht. Die kosmische Strahlung stammt aus energiereichen Quellen wie Sonneneruptionen, schwarzen Löchern oder Supernovae, also explodierenden Sternen. Die hochenergetische Teilchenstrahlung besteht vornehmlich aus Protonen, ausserdem Alpha-Teilchen (Heliumkerne) und schwereren Atomkernen.
Diese Teilchen durchdringen Materie und interagieren dabei mit ihr; sie können Elektronen aus Atomen entfernen und diese so ionisieren. Treffen sie auf den menschlichen Körper, können sie beispielsweise die DNA schädigen und das Krebsrisiko erhöhen. Weitere mögliche Folgen sind eine Schädigung von Nervenzellen – besonders im Gehirn – und Gefässwänden oder eine Trübung der Augenlinse.
Auf der Erde sind wir geschützt vor dieser Strahlung, weil die Atmosphäre sehr viel davon absorbiert. Zudem leitet das Magnetfeld der Erde einen Grossteil der Strahlung um. Aus diesem Grund sind auch die Astronauten auf der Internationalen Raumstation (ISS) in 400 Kilometern Höhe der Strahlung nicht schutzlos ausgeliefert – aber sie erhalten im Vergleich zur Erdoberfläche bereits die zehnfache Dosis. Die Apollo-Missionen, die den strahlungsintensiven Van-Allen-Gürtel durchqueren mussten, waren ihr nur relativ kurz ausgesetzt – die Flugdauer betrug lediglich etwas mehr als acht Tage.
Eine Mars-Mission dagegen würde mindestens 16 Monate dauern. Wirksam gegen die energiereiche Strahlung abschirmen kann man die Raumfahrer nicht. Auch auf dem Mars selber wäre die kosmische Strahlung ein schwerwiegendes Problem: Die Atmosphäre ist sehr viel dünner und der Planet verfügt nicht über ein globales Magnetfeld wie die Erde. Im Marsorbit wäre die Strahlenbelastung etwa 2,5 Mal so hoch wie auf der ISS. Auf der Oberfläche des Roten Planeten wären die Nasa-Höchstwerte für Astronauten bereits nach drei Jahren Aufenthalt erreicht.
Unser ganzes Leben hindurch kämpfen wir gegen die Gravitation – unser Bewegungsapparat ist darauf ausgerichtet. Wenn aber die gewohnte Erdanziehung fehlt, setzt sofort Muskel- und Knochenschwund ein. Bei der Skylab-Bemannung betrug der Verlust an Knochendichte im Mittel 1 bis 1,6 Prozent pro Monat. Die Knochenstruktur war selbst ein Jahr nach der Rückkehr noch nicht vollständig wiederhergestellt. Um diesem Verlust von Muskelmasse und Knochensubstanz Paroli zu bieten, machen Astronauten auf der ISS jeden Tag mindestens eineinhalb Stunden Sport. Damit können sie den Effekt eindämmen, aber nicht ganz verhindern. Betroffen sind hauptsächlich jene Teile des Bewegungsapparats, die für die Körperhaltung oder beispielsweise das Gehen zuständig sind.
Neben der Muskelrückbildung und der Entmineralisierung der Knochen kommt es zudem zu Sensibilitätsstörungen bei bestimmten Nervenendungen. Dies kann beispielsweise die Wahrnehmung von Vibrationen in den Füssen stören. Im All beeinträchtigt der Abbau die Leistungsfähigkeit der Astronauten kaum, aber bei der Rückkehr zur Erde – oder der Landung auf einem Himmelskörper mit einem vergleichbaren Schwerefeld – kommt es zu Problemen.
Auch auf dem Mars selber würde der Effekt eine Rolle spielen, denn die Schwerkraft dort ist nur gut ein Drittel (38 %) so stark wie auf der Erde. Immerhin gibt es laut einer neuen Studie Hinweise darauf, dass der in Rotwein und Weintrauben enthaltene Stoff Resveratol den Muskelabbau in geringer Schwerkraft verlangsamt. Zumindest war dies bei Versuchen mit Ratten der Fall – die Tiere konnten trotz fehlender Belastung ihre Greifkraft erhalten und behielten den Grossteil ihrer Muskelmasse. Wie dieser positive Effekt zustande kommt, ist noch unklar.
Ein Aufenthalt im All schwächt das Immunsystem der Astronauten – die Immunabwehr arbeitet in der Schwerelosigkeit nicht wie gewohnt. Warum das so ist, ist nach wie vor unklar. Schon lange ist aber bekannt, dass Astronauten im All vermehrt unter Infektionskrankheiten leiden. Atemwegserkrankungen, Harnwegsinfektionen oder Hautpilze treten häufiger auf. So können schlafende Herpesviren bei einem Aufenthalt im All reaktiviert werden. Solche reaktivierten Viren konnten bei mehr als der Hälfte der Raumfahrer, die auf Space-Shuttle-Missionen oder auf der ISS waren, nachgewiesen werden. Die Träger blieben zumeist symptomlos, waren aber ansteckend – kein gutes Omen für längere Missionen.
Bei Scott Kelly, der ein ganzes Jahr auf der ISS verbrachte, war das Immunsystem nach der Rückkehr auf die Erde im Ausnahmezustand, wie die Wissenschaftler feststellten. Es habe gewirkt, als ob es einen Angriff hätte abwehren müssen. Die meisten Werte Kellys normalisierten sich auf der Erde nach einer Weile wieder – einige Gene, die mit dem Immunsystem in Zusammenhang stehen, zeigten allerdings auch nach sechs Monaten noch eine erhöhte Aktivität. Erkenntnisse aus Parabelflügen scheinen ausserdem nahezulegen, dass die Aktivität der Makrophagen – sie «fressen» eingedrungene Mikroorganismen und andere körperfremde Substanzen – durch veränderte Schwerkraftbedingungen beeinflusst ist.
Bei längeren Missionen wie Reisen zum Mars spielt die Psychologie eine wichtige Rolle. Schon ein halbjähriger Aufenthalt auf der ISS bringt manche Raumfahrer an ihre psychischen Grenzen: Zusammen mit anderen Menschen auf engem Raum nahezu ohne Privatsphäre zusammengepfercht zu sein und daneben noch monotone Arbeiten zu erledigen, ist eine enorme Belastung. Freunde und Familie sind zudem weit entfernt. Die Besatzung der ISS sieht immerhin stets den Heimatplaneten unter sich – trotzdem leiden manche Astronauten unter Depressionen, Reizbarkeit und Erschöpfungsgefühlen. Solche Probleme dürften sich auf einem Marsflug verstärken, wenn die Erde ausser Sicht gerät.
Der Rückflug nach einer anstrengenden Bodenerkundung auf dem unwirtlichen Nachbarplaneten wäre noch bedrohlicher für die psychische Stabilität: Nach Erfahrungen von Psychologen werden etwa Expeditionsteilnehmer an Isolationsexperimenten wie «Mars 500» oder in Antarktisstationen in der Regel nach etwa drei Viertel der Zeit übellaunig oder sogar aggressiv. Bei der russischen Isolationsstudie «SFINCSS», die 1999 durchgeführt wurde, sollten vier Männer und eine Frau 110 Tage in einem Nachbau der Raumstation Mir leben. Die Situation eskalierte derart, dass es zu Handgreiflichkeiten kam und ein Teilnehmer das Experiment verfrüht abbrach.
Bei der Auswahl der Teilnehmer an einer Mars-Mission werden daher nicht nur technische und wissenschaftliche Fähigkeiten, sondern auch psychologische Kriterien wie psychische Stabilität und Belastbarkeit eine wichtige Rolle spielen. Ziel ist dabei die Zusammenstellung einer Gruppe, bei der sich die einzelnen Astronauten gegenseitig ergänzen und ausgleichen. So wäre es von Vorteil, wenn ein Spassvogel an Bord wäre, der den anderen dabei helfen könnte, miteinander auszukommen.
Ein Flug zum Mars würde Astronauten so weit von der Erde wegbringen wie noch keinen Menschen zuvor. Während der Mond im Mittel nur etwa 380'000 Kilometer von der Erde entfernt ist, beträgt die kürzeste Distanz zum Roten Planeten satte 54,6 Millionen Kilometer; die maximale Entfernung ist über 400 Millionen Kilometer. Raumfahrer sind bei solchen Distanzen auf sich selbst gestellt und können kaum mehr auf Hilfe von der Erde rechnen. Nur schon die Kommunikation würde zwischen Erde und Mars mit einer 20-minütigen Verzögerung ablaufen. Die Planung der Mission müsste deshalb äusserst sorgfältig sein. Nahrung und Medikamente für eine Vielzahl von möglichen medizinischen Problemen müssten mitgenommen werden.
Durch die lange Dauer der Mission steigt auch die Gefahr, dass lebenswichtige Systeme versagen könnten, beispielsweise als Folge eines Einschlags von Mikrometeoriten. In einer Notfallsituation wäre eine direkte Umkehr beim Mars – im Gegensatz zum Mond, bei dem Apollo 13 ein solches Manöver durchführte – nicht möglich, selbst wenn die Raumfahrer auf eine Landung auf dem Planeten verzichten. Da nämlich die Distanz zwischen Erde und Mars stark schwankt, muss eine Mars-Mission den geeigneten Zeitpunkt für den Rückflug abwarten.
In wie weit sich dies auf die Erde auswirken wird, kann man noch nicht genau vorher sagen - aber es steht bereits jetzt schon fest, dass unser Planet einer erhöhten Strahlung ausgesetzt ist und sich dies auch auf unser Klima auswirken wird.
https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/erde/erdmagnetfeld/