Vertrauensschutz f�r nicht Vertrauensw�rdige? - Warum Wulff sp�testens ab 2013 keinen 'Ehrensold� mehr bekommen m�sste - NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - info@nrhz.de - Tel.: +49 (0)221 22 20 246 - Fax.: +49 (0)221 22 20 247 - ein Projekt gegen den schleichenden Verlust der Meinungs- und Informationsfreiheit - K�ln, K�lner, Leverkusen, Bonn, K�lner Dom, K�lner Polizei, Rat der Stadt K�ln, K�lner Stadtanzeiger, Flughafen K�lnBonn, Messe, Messe K�ln, Polizei K�ln, Rheinland, Bundeswehr K�ln, heiliger Vater K�ln, Vatikan K�ln, J�rgen R�ttgers K�ln, Radio K�ln, Express K�ln, Staatsanwaltschaft K�ln, Kapischke K�ln, Kl�ngel K�ln, Schramma K�ln, Fritz Schramma, Fritz Schramma K�ln, Stadt K�ln, K�lnarena, Oppenheim, Oppenheim K�ln, Privatbank, Privatbank K�ln, Sal. Oppenheim, Sal. Oppenheim K�ln, WDR K�ln, Oppenheim-Esch, Oppenheim-Esch K�ln, Oppenheim-Esch-Holding, Oppenheim-Esch-Holding K�ln, K�lnMesse, K�lnMesse K�ln, KVB K�ln, Ermittlungen, Kommune K�ln, Dom K�ln, Erzbistum K�ln, Kardinal Meisner K�ln
Unabh�ngige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 03. Dezember 2023  

zur�ck  
Druckversion

Kommentar
Warum Wulff sp�testens ab 2013 keinen "Ehrensold� mehr bekommen m�sste
Vertrauensschutz f�r nicht Vertrauensw�rdige?
Von Eberhard Reinecke

Es ist viel darüber geschrieben worden, wie schamlos das Verhalten von Ex-Präsident Wulff ist, der auf seinen lebenslangen „Ehrensold“ zuzüglich Dienerschaft besteht. Die einfache Frage jedoch, ob dies bleiben muß, wird – wenn sie überhaupt gestellt wird – immer schlankweg bejaht. Es wird behauptet, Änderungen des entsprechenden Gesetzes könnten nur auf künftige Bundespräsidenten zutreffen, nicht aber mehr auf Wulff. Rechtsanwalt Eberhard Reinecke zeigt, dass hier ein völlig überflüssiges Zugeständnis gemacht wird. – Die Redaktion

Nun wird darüber diskutiert, ob Wulff aus "politischen“ oder "persönlichen“ Gründen zurückgetreten ist. Eigentlich kann man nicht ernsthaft bestreiten, dass der Rücktritt aus politischen Gründen erfolgte, denn Wulff war politisch absolut untragbar geworden. Dass er diese politischen Gründe selbst verschuldet hat, spielt nach dem Gesetzestext wohl eher keine Rolle. Während jeder Arbeitnehmer, der sich was zu schulden kommen läßt, mit einer Kündigung oder sogar fristlosen Kündigung rechnen muß und damit natürlich alle Ansprüche auf Arbeitslohn verliert, konnte sich der Gesetzgeber des im Jahre 1964 geschaffenen Gesetzes nicht vorstellen, dass man irgendwann einmal ernsthaft darüber diskutieren könne, dass ein Bundespräsident die politischen Gründe seines Rücktrittes selbst verschulden könnte. Es ginge also nicht um "politisch“ oder "persönlich“, sondern um selbstverschuldet oder nicht.
 
Nun wird darüber diskutiert, das Gesetz zu ändern, das selbst einem jüngeren Menschen nach weniger als zwei Jahren Tätigkeit eine lebenslange Rente bis zu 200.000,00 EUR im Jahr sichert. Hier wird dann immer betont, Änderungen seien zwar nötig, diese würden aber erst für den nächsten Bundespräsidenten gelten. Woher diese Meinung kommt, ist nicht begründet, wahrscheinlich steckt dort im Hinterkopf der sogenannte "Vertrauensschutz“.
 
Mit dem "Vertrauensschutz“ ist es aber ähnlich wie mit dem "Datenschutz“. Beide werden zwar sehr oft in der öffentlichen Diskussion bemüht - die Fälle, in denen tatsächlich Rechte daraus hergeleitet werden können, sind äußerst selten. Man wundert sich, wie vergeßlich die Öffentlichkeit ist. Dass zum 1.1.2005 die bis dahin einkommensabhängige Arbeitslosenhilfe in das ALG 2 (Hartz IV) umgewandelt wurde, hat keinen der heutigen Wulff-Freunde zu einem Aufschrei über die Verletzung des Vertrauensschutzes angeregt. Ähnliches passierte auch bei Beamten, deren Versorgungsbezüge teilweise gekürzt, teilweise nicht mehr erhöht wurden, wie in der Vergangenheit. Andere Sozialleistungen (z.B. Ausbildungsförderung) werden ständig als Manövriermasse eingesetzt. So gab es mal eine Vollförderung, dann eine Teilförderung (mit Restdarlehen) dann eine ausschließliche Förderung mit zinsfreien Darlehen, dann wieder Zuschuss und Darlehen mit bestimmten Tatbeständen, bei denen das Darlehen zu verzinsen war etc. Jede dieser Änderungen galt regelmäßig nicht etwa nur für Studenten, die ihr Studium neu begannen, bzw. erstmals Bafög beantragten, sondern immer mit Beginn des auf die Gesetzesänderung folgenden Wintersemesters.
 
All diese Änderungen sind regelmäßig von den Gerichten bis zum Bundesverfassungsgericht für rechtmäßig erklärt worden. Der Hintergrund ist relativ einfach erklärt. Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet zwischen einer sogenannten echten und einer unechten Rückwirkung. Unter einer echten Rückwirkung versteht man an sich nur Fälle, in denen tatsächlich Sachverhalte, die in der Vergangenheit liegen, auch für die Vergangenheit neu geregelt werden. Würde man also die Hartz IV-Sätze nicht nur für die Zukunft kürzen, sondern auch noch für die Vergangenheit und dann Rückforderungsansprüche geltend machen, so wäre dies eine echte Rückwirkung.
 
Unter einer sogenannten "unechten Rückwirkung“ versteht das Bundesverfassungsgericht hingegen Fälle, in denen zwar in der Vergangenheit eine Rechtsposition erworben wurde, es aber kein Vertrauen darauf gibt, dass diese Rechtsposition unverändert fortbesteht. Wer also in der Vergangenheit Arbeitslosenhilfe bezogen hatte, deren Höhe sich nach dem früheren Einkommen richtete, durfte nicht darauf vertrauen, dass dies immer so bleibt. Ähnliches gilt für Bafög oder z.B. auch im Gesundheitsbereich für Kuren. Auch wer in der Vergangenheit seine Gesundheit so ramponiert hatte, dass nach den damaligen Regelungen eine Kur auf jeden Fall notwendig gewesen ist, kann - nach Änderung der gesetzlichen Regelung - dann eben keine Kur mehr beantragen, wenn nun aktuell die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.
 
Es gibt daher überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Änderung des Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten, die in die Zukunft wirkt (aber eben auch für Wulff) tatsächlich ein Verstoß gegen den Vertrauensschutz wäre. Selbst eine so primitive Regelung wie die, dass die Zahlung erst mit Eintritt in das beamtenrechtliche Ruhealter erfolgt (also irgendwann zwischen 65 und 67 Jahren) wäre nach meiner Auffassung ebenso unproblematisch wie eine Anpassung des "Ehrensoldes“ an die tatsächliche Beschäftigungszeit. Auch die Kürzung wegen Annahme einer anderweitigen Beschäftigung (auch außerhalb des öffentlichen Dienstes) wäre zulässig. Wulff kann sich schon glücklich schätzen, wenn er nicht verpflichtet wird, jede zumutbare Beschäftigung aufzunehmen (um den "Ehrensold" zu kürzen).
 
All das gilt, wenn nur geregelt wird, dass die Einschnitte erst zum 1.1. des auf die Verabschiedung des Gesetzes folgenden Jahres in Kraft treten. Wir wollen hoffen, das zumindest die Partei Die Linke im Bundestag eine entsprechende Gesetzesinitiative ergreift. Soll Wulff doch gegen die Kürzung der Bezüge klagen. Wir freuen uns schon auf seine Behauptung, dass sein Vertrauen darauf, einen lebenslangen Ehrensold zu erhalten, auch wenn er schon nach weniger als zwei Jahren Amtszeit wegen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen zurücktritt, schutzwürdig ist. (PK)

Eberhard Reinecke ist Rechtsanwalt in Köln.


Online-Flyer Nr. 345  vom 14.03.2012

Druckversion     



Startseite           nach oben

K�LNER KLAGEMAUER


F�r Frieden und V�lkerverst�ndigung
FOTOGALERIE