Mythen um Frankenstein: Journalist und Autor Walter Scheele liest bei Frisch-Auf aus seinem neuen Buch
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Mythen um Frankenstein

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Walter Scheele las über die Burg Frankenstein bei den Wanderern von Frisch-Auf.
Walter Scheele las über die Burg Frankenstein bei den Wanderern von Frisch-Auf. © Just

Münster - Die Burg Frankenstein bei Darmstadt hat eine lange Historie, die von vielen Mythen und Geschichten ergänzt wird. Walter Scheele beschäftigt sich ganz besonders gerne mit dem Gemäuer, weshalb er bereits als selbsternannter Burgschreiber gilt. Von Michael Just

Der 71-Jährige, der im westfälischen Lippstadt geboren wurde und in Pfungstadt zu Hause ist, stellte jetzt sein neuestes Buch „Burg Frankenstein – Eine Zeitreise“ beim Wanderklub Frisch Auf vor. „Das ist eine Premiere. Denn Lesungen gab es in unseren Jahresprogrammen bisher noch nicht“, so Vorsitzende Karin Mathy. Der Kontakt zu dem Autor Walter Scheele, der viele Jahre in Münster lebte, Mitglied der Feuerwehr war und dessen Sohn sogar hier geboren wurde, kam durch Bekannte zustande. Scheele arbeitete zuerst als Pfarrdiakon, danach verdiente er als Redakteur und Journalist für diverse Tageszeitungen sein Geld.

Mittlerweile hat er bereits zehn Bücher veröffentlicht. Darunter sind mehrere Lokalkrimis, wie etwa „Der Tote auf dem Kühkopf“. Die Mehr- zahl sind Abhandlungen über die Burg Frankenstein. Die fünfte und jüngste Publikation widmet sich ganz in ,,Scheele-Manier“ Themen, denen etwas Geheimnisvolles anlastet. Zu Beginn geht es um Johann Konrad Dippel, einen Theologen, Alchemisten und Arzt, der 1673 auf der Burg geboren wurde. Dippel versuchte wie alle Alchemisten, Gold herzustellen. Neu ist die überraschende Ansicht von Scheele, dass Dippel bereits mit Nitroglyzerin hantierte. „Er hat den Stoff allerdings zu medizinischen Zwecken genutzt und als Medikament angesehen“, ist sich der Autor sicher. Noch Aufsehen erregender erscheinen seine Recherchen zu Wernher von Braun, der als deutscher Raketeningenieur im Zweiten Weltkrieg und später dann in US-amerikanischen Diensten Bekanntheit erlangte. Er soll sich, nach Problemen mit dem Naziregime, auf der Burg versteckt haben.

Scheele las nicht direkt aus seinem Werk vor, sondern sprach frei über die Kapitel, was die Sache kurzweilig machte. Rund 30 Besucher bei Frisch-Auf lauschten den Erkenntnissen, für die es in der Mehrzahl keine niedergeschriebenen Beweise in alten Aufzeichnungen oder anderen Quellen gibt. So gilt offiziell weiterhin der Turiner Arzt und Chemiker Ascanio Sobrero 1847 als erster Hersteller von Nitroglycerin, aus dem Alfred Nobel 1867 Dynamit erzeugte. Der Ansicht hält Scheele mit ein Rezept von Johann Konrad Dippel dagegen, das seinen Angaben nach die holländische Universität Leiden als Faksimile besitzt. Stimmen Scheeles Nachforschungen, wäre Nitroglycerin 150 Jahre älter als belegt.

Für seine Erkenntnisse über von Braun auf Burg Frankenstein führt der Autor Informationen an, die er beim Austausch mit Amerika, und dort gleich mehreren Universitäten, erhielt. „In den USA gilt vieles zu dem Thema als Wissen. Hier interessiert es keinen“, moniert der Pfungstädter. Den Geschichtsverein Eberstadt-Frankenstein indes interessiert es. Trotzdem kennzeichnet er Scheeles Buch als gespickt mit dreisten Behauptungen, pseudowissenschaftlicher Effekthascherei und örtlicher Folklore. Das tat er auch bei einem der vorherigen Bücher, als darin zu lesen war, dass die Romanautorin Mary Shelley im Jahre 1814 auf der Burg verweilte und sich dort zu ihrem Weltroman „Frankenstein – der moderne Prometheus“ inspirierte. Belegt ist aus Shelly‘s Tagebüchern nur, dass sie in Gernsheim war und die Bergstraße passierte.

So bleibt die Wahrheit nicht nachprüfbar. Wo sie auch immer liegt: Wer beim Wanderklub der Lesung von Scheele beiwohnte und die Vorgeschichte kannte, dürfte einen unterhaltsamen Abend erlebt haben.

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