Aus Sorge um ihre minderj�hrige Tochter, die sich in Norditalien mit einer Internet-Bekanntschaft verabredet hat, macht sich das in Scheidung lebende M�nchener Paar Ulla und Jan auf eine Reise mit Hindernissen. Das Drehbuch der am�sante romantische Kom�die „Unzertrennlich nach Verona“ (Degeto / Construction) stammt von Uli Br�e, einem der besten Dialogautoren im deutschsprachigen Fernsehfilm; entsprechend am�sant ist der st�ndige Schlagabtausch, den sich Veronica Ferres und Heiner Lauterbach in den beiden Hauptrollen liefern. Mitunter h�tte Regisseur Andreas Herzog noch ein bisschen temporeicher inszenieren k�nnen, aber auch so ist dieser Freitagsfilm, den die ARD allerdings an einem Mittwoch ausstrahlt, ein angenehm luftiges und zum Teil aufwendig inszeniertes Filmvergn�gen.
Foto: Degeto / J�rgen OlczykUnfreiwillig muss sich das Noch-Ehepaar (Ferres & Lauterbach) in Verona ein Einzelzimmer teilen. Dabei nutzt Jan die Gelegenheit, in Ullas Handy zu schn�ffeln.
Schon wieder Verona! Erst k�rzlich hat die ARD in einem Freitagsfilm Mutter und Tochter nach Norditalien geschickt, nun folgt das Ehepaar Ulla und Jan. Der zerr�ttete Beziehungsstatus ist ebenfalls der gleiche wie in „Urlaub mit Mama“: Die beiden haben sich nichts mehr zu sagen. Da das Drehbuch aber vom begnadeten Dialogschreiber Uli Br�e stammt (Idee: Tim Tremper), entl�dt sich die gest�rte Kommunikation in einem unentwegten verbalen Scharm�tzel, weshalb der von Andreas Herzog inszenierte Film streckenweise tats�chlich das Pr�dikat „Screwball“ verdient hat. Das liegt neben Buch und Regie naturgem�� nicht zuletzt an den beiden Hauptdarstellern: Veronica Ferres, die bei Kom�dien zuletzt auch mal daneben lag („Liebe auf den ersten Trick“, Sat 1), und Heiner Lauterbach machen in der Tat gro�en Spa� und sind zudem von einem Ensemble umgeben, das mehr als blo� Stichwortgeber f�r das prominente Duo ist. Das gilt vor allem f�r Paulina R�mmelein als 17j�hrige Tochter des M�nchener Ex-Paars: Shakespeare-Fan Julia tr�umt von einer Karriere als Schauspielerin und hat sich in eine Chat-Bekanntschaft verliebt. Als Jan ihr zum Geburtstag eine Eintrittskarte f�r ein Rhonda-Konzert in der Arena di Verona schenkt, verbindet sie Spa� und Liebe und verabredet sich mit ihrem Romeo. Allerdings hat sie die Rechnung ohne ihre Mutter gemacht: Ulla, fr�her f�r jeden Spa� zu haben, hat sich im Verlauf der Ehe zu einer Spa�bremse gewandelt, die gern alles unter Kontrolle hat und ihre Tochter schon beim Fr�hst�ck mit Verh�tungsvortr�gen nervt; kein Wunder, dass Jan und Julia sie regelm��ig auffordern, sich locker zu machen. Als sie auf dem Laptop der Tochter von der Verabredung mit dem wildfremden Mann liest, will sie das M�dchen unbedingt vor einer Dummheit bewahren. Jan wiederum hat in seiner Wohnung einen positiven Schwangerschafts-Test gefunden, weshalb sich nun beide Eltern unabh�ngig voneinander auf den Weg machen. Diverse Zuf�lle, die Herzog aber glaubw�rdig inszeniert, sorgen daf�r, dass sich dieser Weg direkt hinter M�nchen kreuzt, und weil Ulla versehentlich den Autoschl�ssel ins Wasser geworfen hat, fahren sie wie fr�her gemeinsam mit Jans Motorrad weiter.
Soundtrack: Rhonda („Terrible Lies“), Ricchi e Poveri („Sar� Perch� Ti Amo”), Paolo Conte („Via Con Me”)
Foto: Degeto / J�rgen OlczykMehlige Angelegenheit nach einem Unfall: Ulla (Ferres) und Jan (Heiner Lauterbach)
Der Regisseur hat sich bislang durch Krimis hervorgetan, darunter neben einigen guten Beitr�gen zu „Unter Verdacht“ (ZDF) zwei „Usedom-Krimis“ sowie vor allem die beiden „Metzger“-Filme & eine schr�ge „Zorn“-Episode, allesamt im Auftrag der Degeto entstanden. Auch „Unzertrennlich nach Verona“ ist eine Produktion der ARD-Tochter. Ausgerechnet der einstige Cutter Herzog verpasst in einigen Szenen jedoch den richtigen Zeitpunkt f�r einen Schnitt; einige Einstellungen wirken f�r eine temporeiche Kom�die etwas zu lang. Davon abgesehen aber ist dieser Freitagsfilm, der wohl nur wegen des Feiertags auf den Mittwoch gerutscht ist, ein gro�es Vergn�gen, weil das Buch die beiden Hauptfiguren mit immer wieder neuen Herausforderungen konfrontiert. Die sind f�r sich genommen gar nicht haarstr�ubend, in der Summe aber sehr wohl, zumal sich ein Missgeschick ans n�chste reiht. Den Neugiereffekt, mit dem Tiefpunkt zu beginnen und dann die Vorgeschichte nachzureichen, h�tte der Film daher gar nicht n�tig: Das erste Bild zeigt Ulla und Jan von Kopf bis Fu� best�ubt, sodass sie wie zum Leben erwachte Terracotta-Krieger wirken. Als die Geschichte den Prolog nach gut einer Stunde im Countdown-Sil („noch 61 Stunden“) wieder eingeholt hat, stellt sich raus: Sie sind mit einer Mehlfuhre kollidiert. Die auf diese Weise endende Verfolgung einer Handtaschendiebin h�tte Herzog ebenfalls ein bisschen flotter schneiden k�nnen, aber erneut sorgen die Umst�nde daf�r, dass die Szene trotzdem funktioniert.
Die Qualit�t des Drehbuchs zeigt sich nicht zuletzt in der sorgf�ltigen Vorbereitung nicht nur dieses Moments. Schon das erste filmische Aufeinandertreffen des Paars bezieht seinen kom�diantischen Reiz daraus, dass die Dialoge einen Subtext haben. Ulla ist Untersuchungsrichterin, Jan ein Polizist, der sich „undercover“ das Vertrauen eines Mafia-Ganoven erschlichen hat; angesichts des Mehltaus wird der Polizist (Leonardo Nigro, heimlicher Star der „Urbino-Krimis) in Verona von „verdreckter Ermittler“ sprechen. Witzig ist auch die Idee, dass der Beamte Dutzende von Stempeln vor sich hat. Noch sch�ner ist allerdings sein Gesicht, als ihn die beiden einfach ignorieren, weil aus der Vernehmung ein herzhafter Ehekrach wird. Dass das noch nicht geschiedene Paar �berhaupt verhaftet worden ist, ist Ullas Schuld, denn die hat zu Beginn boshafterweise Jans Tarnung auffliegen lassen, und der Mafioso hat sich eine ungew�hnliche Form der Rache ausgedacht. Mit Verkn�pfungen dieser Art erfreut der Film immer wieder: weil die Wirkung oft erst erfolgt, wenn die Ursache fast schon vergessen ist. Auf diese Weise sorgen Br�e und Herzog auch f�r einen kleinen Schlusskn�ller, denn Julias vergebliches Warten auf ihren Romeo ist zum Gl�ck noch nicht das Ende der Geschichte. Weil Verona anders als in „Urlaub mit Mama“ nicht Ausgangspunkt, sondern Ziel dieser Reise mit Hindernissen ist, kommt die Stadt diesmal zudem viel besser zur Geltung. Kameramann Marcus Kanter schwelgt zwar zwischendurch auch in Aufnahmen der herbstlichen Landschaft, aber davon abgesehen hat ihm Herzog offenkundig aufgetragen, Veronica Ferres buchst�blich in ein m�glichst vorteilhaftes Licht zu setzen; sie hat „Unzertrennlich nach Verona“ mit ihrer Firma Construction auch produziert. Eine kleine Verbeugung vor ihrer Geburtsstadt sind die Trainingsjacken mit dem Schriftzug 1. FC Solingen, die Jan und Ulla nach einem Regenguss vom Hotel bekommen. Auff�llig ist schlie�lich der f�r einen Fernsehfilm ungew�hnliche Aufwand; das gilt nicht nur f�r die vielen Stra�enszenen in Verona, sondern auch f�r den auf dem M�nchener Hauptbahnhof entstandenen Abschied der Eltern von ihrer Tochter. Wichtiger f�r das Herz des Films sind trotzdem kleine Momente wie jener, als Ulla und Jan in einer Parallelmontage Musik machen, sie am Klavier, er am Schlagzeug. F�r die Botschaften des Films sorgt die raffinierte Diebin (Veronika von Quast) mit ihren lebensklugen Tipps f�r Ulla und Julia: Der einen r�t sie, auf ihr Herz zu h�ren, der anderen, die Tochter loszulassen; im kurzweiligen Kontext dieses Films klingen die Ratschl�ge nicht einmal wie Binsenweisheiten. (Text-Stand: 4.9.2018)
Foto: ZDF / Mark PoppEndlich & erwartungsgem�� vereint! Jan (Heiner Lauterbach), Ulla (Veronica Ferres) & Tochter Julia (Paulina R�mmelein) beim Konzert der Gruppe "Rhonda" in Verona.
Tilmann P. Gangloff ist seit 1985 freiberuflicher Fernseh- und Filmkritiker f�r Tageszeitungen und Fachzeitschriften, seit 1990 regelm��iges Mitglied der Jury f�r den Grimme-Preis sowie Mitglied diverser anderer Fernsehpreisjurys.