Ehemaliger DAK-Chef Herbert Rebscher gestorben

Nachruf

Ehemaliger DAK-Chef Herbert Rebscher gestorben

Überraschend ist der ehemalige Vorstandschef der DAK-Gesundheit, Professor Herbert Rebscher, gestorben. Gewürdigt wird er insbesondere als Vordenker für einen solidarischen Wettbewerb in der GKV.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Professor Herbert Rebscher ist im Alter von 69 Jahren gestorben.

Professor Herbert Rebscher ist im Alter von 69 Jahren gestorben.

© DAK-Gesundheit

Hamburg/Berlin. Er konnte streiten, ohne zu verletzen. Seine Instrumente waren der Intellekt und das geschliffene Wort, aber auch Nachdenklichkeit, wenn es darum ging, Ökonomie, Versorgungssicherheit und nicht zuletzt auch ethische Aspekte der Medizin zu vereinen. Herbert Rebscher, langjähriger Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit und zuvor des Verbandes der Ersatzkassen, ist am vergangenen Samstag überraschend nach kurzer Krankheit im Alter von 69 Jahren gestorben.

Treffend charakterisiert Dr. Jürgen Bausch, der ehemalige hessische KV-Vorsitzende und langjähriges KBV-Vorstandsmitglied, Rebschers Verhältnis zur Ärzteschaft: „Gut 25 Jahre gemeinsames Suchen nach bezahlbaren Wegen zu einer rationellen, aber auch rationalen humanen Versorgung aller Patienten kennzeichnen mein Verhältnis als Arzt zu Herbert Rebscher, dem stets engagierten Gesundheitsökonomen und einem maßgeblichen Repräsentanten der deutschen Krankenversicherungen. Unsere Arbeit auf den vielfältigen buckligen Wegen innerhalb des deutschen Gesundheitswesens war immer vernunftgesteuert. Vor allem aber war unser persönliches Verhältnis – selbst bei schroffen gegenteiligen Auffassungen – stets von der Gewissheit dominiert, dass man mit einem unbewaffneten Kopf keine Mauer durchbrechen kann, ohne das eigene Genick dabei zu verletzen.“

Der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit, Andreas Storm, und der Verwaltungsratsvorsitzende Roman G. Weber erklärten, sie verlören einen „unbeirrbaren Vordenker und Kämpfer für einen solidarischen Wettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung“.

Konzept des „solidarischen Wettbewerbs“

Herbert Rebscher, am 4. Juni 1954 in Bad König (Hessen) geboren, war nach dem Abitur zwölf Jahre Offizier der Bundeswehr und studierte an der Universität der Bundeswehr Wirtschafts- und Organisationswissenschaften. Von 1987 bis 1992 war er Mitglied der Geschäftsführung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen und wurde 1992 stellvertretender Vorsitzender, 1996 Vorsitzender des heutigen vdek.

Maßgeblich hat er dort das Konzept des „solidarischen Wettbewerbs“ der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelt – als Folge eines gesundheitspolitischen Paradigmenwechsels, den Horst Seehofer 1992 mit dem Gesundheits-Strukturgesetz eingeleitet hatte: den Wandel von gemeinsam und einheitlich von allen Kassen ausgehandelten Verträgen hin zu einem Wettbewerb um die besten Verträge als Suchprozess für eine Versorgungsoptimierung, verbunden mit der Einführung des Kassenwahlrechts für alle GKV-Versicherten.

Rebscher wusste: Das konventionelle ökonomische Wettbewerbskonzept wäre zwangsläufig mit dem Ausschluss derer von Leistungen verbunden gewesen, die die Preise dafür nicht hätten bezahlen können – ein klarer Widerspruch zum Sozialstaatsgebot.

Warnung vor den Folgen des Morbi-RSA

Von essenzieller Bedeutung wurde das Konzept des solidarischen Wettbewerbs, nachdem Rebscher 2006 den Vorstandsvorsitz der DAK-Gesundheit und damit die operative Verantwortung für die drittgrößte deutsche Krankenkasse übernommen hatte. Dies vor dem Hintergrund, dass mit dem 2007 verabschiedeten Wettbewerbsstärkungs-Gesetz die Finanzierungsgrundlagen der Krankenkassen durch die Einführung des Gesundheitsfonds und den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich maßgeblich verändert wurden.

Rebscher warnte im Vorfeld des Inkrafttretens dieser Reform nachdrücklich vor unabsehbaren Verwerfungen und mahnte zur Vorsicht. Doch sein Vorschlag, in einer Probephase die Auswirkungen des Morbi-RSA zu simulieren, fand weder bei der damals amtierenden Gesundheitsministerin Ulla Schmidt noch bei den federführenden Parlamentariern Gehör.

Als Folge der veränderten ordnungspolitischen Rahmenbedingungen leitete er als Vorstandsvorsitzender der DAK ein umfassendes Programm zur Reorganisation seiner Krankenkasse ein und schuf Zukunftswerkstätten für alle DAK-Beschäftigten. Die Herausforderung bestand darin, den Umverteilungseffekt des Morbi-RSA zu Lasten der Ersatzkassen und zugunsten der AOK so zu kompensieren, dass die Kasse ihrem Versorgungsauftrag gerecht werden und gleichzeitig noch wettbewerbsfähige Beitragssätze realisieren konnte. „Ein Tanz auf der heißen Herdplatte“, beschrieb damals der Gesundheitsökonom Professor Dieter Cassel die Management-Leistung Rebschers.

Engagement im Kuratorium des Frankfurter Forums

Nach seinem Ausscheiden bei der DAK-Gesundheit 2016 gründete er das Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung. Bereits 2004 hatte ihn die Universität Bayreuth zum Honorarprofessor für Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik ernannt. Bis zuletzt war er Mitglieder zahlreicher Aufsichtsräte und Beratungsgremien.

So war er unter anderem seit 2018 – als Nachfolger im Amt von Dr. Jürgen Bausch – Vorsitzender des Programmkuratoriums des Frankfurter Forums für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen. Dieses interdisziplinäre Gremium von Experten widmet sich – ohne den Blick auf Themenkonjunkturen – in zwei Tagungen pro Jahr Grundsatzproblemen in Gesundheit und Pflege. Seit 2010 werden die Ergebnisse der Tagungen in einer Publikation veröffentlicht, die im Springer Medizin Verlag erscheint.

Herbert Rebscher hinterlässt seine Frau und zwei Kinder.

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