„Der Dänemark-Krimi: Rauhnächte“ (ARD) in der TV-Kritik: Starke Hauptfigur - unelegante Szenenauflösung
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„Der Dänemark-Krimi: Rauhnächte“ (ARD): In der Rauhnacht ist der Teufel los

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Der Dänemark-Krimi „Rauhnächte“ mit Marlene Morreis.
Der Dänemark-Krimi „Rauhnächte“ mit Marlene Morreis und Tim Bergmann. ©  ARD Degeto

Mit einer neuen Krimireihe am Donnerstag wagt sich die ARD auf die dunkle Seite. Die Figuren sind nuanciert, doch die Szenenauflösungen teils unelegant.

Die Feier der Rauhnacht basiert auf altem Aberglauben. Für Shakespeare in „Twelfth Night“ – zu deutsch „Was ihr wollt“ – Anlass für eine Komödie, für Drehbuchautor Timo Berndt Kulisse eines finsteren Krimis. Im malerischen Ribe, laut Eigenwerbung die älteste Stadt Dänemarks, begeht man den Abschied von den Dämonen des Winters als übermütiges Kostümfest und mit reichlich Alkohol.
Auf der Polizeiwache herrschen Tumult und Hektik. Schutzpolizistin Ida Sörensen (Marlene Morreis) hat Dienst. Sie ist auf sich allein gestellt, muss inmitten des tobenden Tohuwabohus Anzeigen aufnehmen, Anrufe beantworten, den Fluchtversuch eines Kleindealers verhindern.

Der Anblick der jungen Frau mit den rot geränderten Augen und den blutig verschorften Lippen kann sie nicht erschüttern. An diesem Abend sind viele Menschen gruselig geschminkt und maskiert. Einer der Dämonen aber ist echt – ein Mörder, der sich unter die Feiernden gemischt hat. Erst am anderen Tag erfährt Ida Sörensen, dass Smilla Vestergaard (Anne Kanis), die sie freundlich, aber knapp abgefertigt hatte, als vermisst gilt. Ein Foto von ihr hängt im Wachraum in Sichtweite. Ein Zeuge will gesehen haben, dass sie nach Verlassen der Wache entführt wurde. Zum zweiten Mal?

„Der Dänemark-Krimi: Rauhnächte“ (ARD): Ein Krimi mit Noir-Anstrichen

Kommissarin Olsen (Katharina Heyer) von der übergeordneten Dienststelle ist bereits in Wartestellung, als Sörensen anderntags ahnungslos zum Dienst erscheint. Auf sie wartet ein Anpfiff, dass ihr die Tränen in die Augen steigen. Und das, wie sie einräumen muss, zu Recht. Umso größer ihr schlechtes Gewissen. Und der Wunsch, das Missgeschick wiedergutzumachen.
Smilla Vestergaard ist nicht die einzige Frau, die auf mysteriöse Weise verschwand. Die Vermissten, auch ein Mann ist darunter, wurden tot aufgefunden. Verhungert und verdurstet, an einen Pfahl gekettet. In der Region geht ein Serientäter um.

Sörensens sechster Sinn sagt ihr, dass Vestergaard noch lebt. Sie beteiligt sich an den Ermittlungen, riskiert diverse Alleingänge und eckt immer wieder an. Aber sie kommt dem Täter näher. Anfangs ohne es zu wissen. Wäre ein „Dänemark-Krimi“ vor einigen Jahren vom ARD-Produktions- und Einkaufsunternehmen Degeto in Auftrag gegeben worden, dann hätte sich das Geschehen höchst wahrscheinlich so abgespielt: in einem dauerbesonnten Kopenhagen, mit häufigen Zwischenschnitten auf die kleine Meerjungfrau, den Nyhavn, den Tivoli. Inzwischen aber sind die Degeto-Krimis nicht mehr ganz so leicht identifizierbar, weil nicht mehr so leichtgewichtig wie die unter der früheren Leitung produzierten Reihen.

Neue Krimiserie in der ARD

„Der Dänemark-Krimi: Rauhnächte“ mit Tim Bergmann läuft am Donnerstag, 14.10.2021, um 20:15 Uhr, in der ARD.

Entsättigte und kühle Farben haben Einzug gehalten, Noir-Anstriche, sinistre Inhalte. Erst das eigene Versagen weckt bei Ida Sörensen den Ehrgeiz, einen aktuellen Kriminalfall aufzuklären. Sie steht nicht, wie manche deduktiv hochbegabten Frohnaturen oder mit allen Rasierwassern gewaschenen Waffenvirtuosen, über den Dingen. Die Schaffenskrise ihres Lebensgefährten (Tim Bergmann) und dessen depressives Verhalten wirken sich auf ihr Berufsleben aus. Sie verliert schnell die Beherrschung, zieht voreilige Schlüsse, und sie ist verletzlich. Aber sie bekämpft ihre Schwächen, und ihre Sturheit erweist sich am Ende gar als Stärke.

„Der Dänemark-Krimi: Rauhnächte“ in der ARD: Inszenierung lässt zu wünschen übrig

Es gehört zu den Vorzügen dieser neuen Krimireihe, dass die Hauptfigur von Drehbuchautor Timo Berndt nicht auf wenige, einfach zu reproduzierende Charaktereigenschaften reduziert wurde. Wobei abzuwarten bleibt, ob diese Ambivalenz in nachfolgenden Filmen beibehalten werden kann. So wie die gerade ob ihrer Kargheit besonders reizvolle windzerzauste Dünenlandschaft Ribes umfassend ins Spiel gebracht wurde und als weiterer Schauplatz vorerst wohl nicht mehr in Frage kommt. Man darf gespannt sein, was – und wen – es in der Region noch zu entdecken gibt.

Schade nur, dass die Inszenierung zu wünschen übrig lässt. Innenaufnahmen erscheinen in unnatürlichem Licht, und einmal huscht eine Figur durch den nachtdunklen Wald, in dem zwecks Aufhellung des Hintergrunds erkennbar starke Scheinwerfer aufgestellt wurden. Solche Momente lassen sich eleganter ins Bild setzen. (Harald Keller)

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