"Lanz": Theo Waigel mit düsterer Prognose – "Wer soll das finanzieren?"
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"Lanz": Theo Waigel mit düsterer Prognose – "Wer soll das finanzieren?"

Theo Waigel warnt vor einem großen Wohlstandsverlust der BRD.
Theo Waigel warnt vor einem großen Wohlstandsverlust der BRD.Bild: zdf screenshot
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"Lanz": Theo Waigel mit düsterer Prognose – "Wer soll das finanzieren?"

21.10.2022, 06:2221.10.2022, 09:56
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Über die aktuellen Herausforderung für die Finanz- und Wirtschaftspolitik diskutiert Markus Lanz heute mit nur einem Gast. Der ehemalige Bundesfinanzminister zu Zeiten der Wiedervereinigung, Theo Waigel, ist im Studio und blickt auf die Ära der Wende und Gorbatschow zurück.

"Unheilige Allianz zwischen Wagenknecht und Höcke"

"Früher war alles besser", eine weit verbreitete Floskel, die Theo Waigel definitiv nicht teilt: "Auch damals hätten die Russen mit einem Knopf Deutschland und Europa zerstören können." Bevor Gorbatschow die Tür zur Welt geöffnet hat, sei die Situation viel schwieriger gewesen, berichtet Waigel.

Ein gravierender Unterschied zur damaligen Zeit sei die heutige Kommunikation und Informationsvermittlung. "Es wird viel mit Lügen und Fiktion gearbeitet", warnt er. Davon würde der rechte Rand sowie linke Politiker profitieren. "Ganz rechts und ganz links macht mir Sorgen", sagt Waigel dazu. Insbesondere in Ostdeutschland seien die Spannungsfelder erkennbar.

"Bei den Ostdeutschen entsteht eine unheilige Allianz zwischen Sahra Wagenknecht von links und Björn Höcke von der rechten Seite", erläutert er, "eine solche Konstellation hat schonmal zum Niederfall der Demokratie in der Weimarer Republik geführt". Demokratische Parteien müssten die zwei Parteien bekämpfen und ihnen "klipp und klar sagen: mit euch gibt es keine Koalition. Ihr steht außerhalb des Spannungsbogens der demokratischen Ordnung".

Dabei habe doch kürzlich noch Friedrich Merz eine umstrittene Bezeichnung genutzt, welche dem rechten Rand zugeordnet werden kann, erinnert ihn Lanz. Dabei bezieht sich der Moderator auf "Sozialtourismus", den Merz den ukrainischen Geflüchteten vorwarf. Waigel bezeichnet diesen Sprachgebrauch als äußerst ungeschickt. Es hätte Merz nicht passieren dürfen.

Theo Waigel war von 1989 bis 1998 Bundesfinanzminister.
Theo Waigel war von 1989 bis 1998 Bundesfinanzminister.Bild: zdf screenshot

Mit "Wumms" durch die Krise?

Die Menschen im Land seien mit der Demokratie derzeit nicht zufrieden, berichtet Lanz und erfragt bei seinem Gast Gründe für diesen Zustand. Waigel ist der Überzeugung, die Menschen seien zufrieden mit der Demokratie, der politische Zustand mache ihnen jedoch zu schaffen. An dieser Stelle wird ein kritischer Blick auf die Ampelregierung erkennbar. Kennzeichnend für jeden Ex-Politiker, welcher der Oppositionspartei angehört. Diese sind nämlich der festen Überzeugung, dass sie die derzeitige Krise viel besser gemanagt hätten.

"Man hätte den Menschen sagen müssen: Nach dem Angriff auf die Ukraine kommen Opfer auf euch zu", konkretisiert Waigel, "durch die Aggression ist eine Gefahr für die Menschheit entstanden".

Ein Putin, der als gewissenloser Dispot mit einer Kernwaffe droht, sei eine völlig neue Dimension und diese Situation dürfe man nicht so bagatellisieren, fügt er weiter hinzu und lenkt erneut den Blick zur derzeitigen Regierung. Es gehe jetzt darum, "mit Wumms" aus der Krise zu kommen, hatte Finanzminister Christian Lindner im Sommer zu den Entlastungspaketen gesagt. "Was ist das für ein Ausdruck? Wumms zu sagen? In solchen Zeiten?", kritisiert Waigel die Rhetorik vom Nachgänger seines Ex-Ministeriums.

Die impliziten Staatsschulden

Dem ehemaligen Finanzminister seien die Probleme der nächsten Generation wichtig. Denn diese Probleme haben es in sich. Er stößt ein Instrument aus der Volkswirtschaftslehre an, welches er besonders wichtig findet. Die implizite Staatsverschuldung, welche alle versteckten Staatsschulden behandelt. Hierzu zählen insbesondere die Schulden, die eine in der Zukunft liegende Verpflichtung darstellen. "Was in der Pflege auf uns zukommt, ist nicht bilanziert. Es ist aber gesetzlich bestimmt und kommt unausweichlich auf uns zu", erläutert der Ex-Finanzminister. 150 Prozent des BIP würden auf die nächste Generation zukommen. Das sei kaum zu stemmen, so Waigel.

Die Zeichen dafür seien lange da gewesen, wurden jedoch ignoriert. Man hätte schon längst die Lebensarbeitszeit erhöhen sollen, fordert er. "Niemand hat den Mut das zu tun." Auf wie viel höher, möchte Lanz wissen. Waigel zuckt mit den Schultern und sagt "viel höher". "67?", hakt Moderator Lanz nach. "In späteren Zeiten wird die Lebensarbeitszeit über 67 Jahre hinausgehen müssen", antwortet er. Die einzige Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, sei ein stärkerer Anteil von Frauen in der Arbeitswelt und eine qualifizierte Zuwanderung:

"Die Zahlen sagen uns das ganz nüchtern: Die jüngere Generation arbeitet nicht mehr so viel und wir werden ungefähr zehn Jahre älter als unsere Eltern. Wer soll das finanzieren?"

"Man hätte Putin niemals glauben dürfen"

"Die Politik des Westens basiert auf einem großen Irrtum, dass es ein Volk der Ukrainer gäbe und sogar eine nationale Identität", hieß es von Helmut Schmidt nach der Annexion der Krim im Jahre 2014. "Bei allem Respekt vor Helmut Schmidt, damit lag er total daneben", kommentiert Waigel das Zitat. Die Ukraine möchte ein selbstständiger Staat sein, war dies bereits bei der UN-Gründung und lässt sich jetzt von niemandem die Souveränität wegnehmen, erzählt er.

Einspieler von 2001: Wladimir Putin spricht im Bundestag in deutscher Sprache von europäischer Stärkung und Souveränität.
Einspieler von 2001: Wladimir Putin spricht im Bundestag in deutscher Sprache von europäischer Stärkung und Souveränität.Bild: zdf screenshot

Damit stellt er sich unterstützend hinter die Ukraine. Denn die Vermessenheit von Putin, der Ukraine das Völkerrecht abzusprechen, sei so gravierend, als wenn Deutschland Länder wie Österreich einnehmen wollen würde. "Das ist vergleichbar mit der unglaublichen Manie von Hitler in den 30er Jahren zu sagen: Dieses und jenes Land gehört zu Deutschland", führt er weiter aus.

Es wird ein Einspieler aus dem Jahr 2001 gezeigt. Ein jüngerer Wladimir Putin, zu diesem Zeitpunkt ganz frisch im Amt des Präsidenten der russischen Föderation. Er spricht von großartigen Veränderungen in Europa, im ehemaligen Großraum Sowjetunion und von der Zukunft der Beziehungen zu Russland. "Man hätte ihm kein Wort glauben dürfen", kommentiert Waigel diesen Einspieler und ist zweifellos überzeugt, dass Putin damals bereits wusste, was er eines Tagen tun würde.

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