Tag der Seltenen Erkrankungen: Digitalisierung bringt Hoffnung
News�rzteschaftTag der Seltenen Erkrankungen: Digitalisierung bringt Hoffnung
Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...

�rzteschaft

Tag der Seltenen Erkrankungen: Digitalisierung bringt Hoffnung

Montag, 27. Februar 2023

/Gernot Krautberger, stock.adobe.com

Berlin � Nach Angaben des Pr�sidenten der Bundes�rztekammer (B�K), Klaus Reinhardt, leiden in Deutsch�land derzeit vier Millionen Menschen an einer chronischen seltenen Erkrankung. Oft dauert es Jahre bis zur richtigen Diagnose, danach fehlt es meist an effektiven Therapien. Die gr��ten Hoffnungen verbinden Fach�leute mit digitalen Innovationen sowohl in der Forschung als auch in der Versorgung.

Definiert ist eine seltene Erkrankung �ber eine H�ufigkeit von maximal 5 je 10.000 Menschen, allerdings gibt es � je nach Z�hlweise � zwischen 8.000 und 17.000 seltene Krankheiten. In Summe kommt Deutschland da�mit auf vier Millionen Patientinnen und Patienten � fast f�nf Prozent der hiesigen Bev�lkerung.

�hnlich hoch ist der Anteil an der Weltbev�lkerung: Dem Berlin Institute of Health in der Charit� (BIH) zufolge gibt es weltweit rund 350 Millionen Betroffene, in der EU sind es laut B�K rund 30 Millionen. In rund 80 Pro�zent der F�lle seien die Erkrankungen genetisch bedingt oder mitbedingt und bislang nicht heilbar.

Da au�erdem viele mit Invalidit�t und verk�rzter Lebenserwartung einhergehen, setze sich auch die B�K als B�ndnispartner im Nationalen Aktionsb�ndnis f�r Menschen mit Seltenen Erkrankungen (Namse) aktiv f�r eine Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung und der Lebenssituation von betroffenen Menschen ein.

�Wir wollen das Wissen und das Verst�ndnis f�r seltene Erkrankungen verbessern�, betonte Reinhardt. Das �rztliche Zentrum f�r Qualit�t in der Medizin (�ZQ) erstellt deshalb im Auftrag von B�K und Kassen�rztlicher Bundesvereinigung (KBV) seit 2013 in Kooperation mit der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (Achse) Kurzinformationen in allgemein verst�ndlicher Sprache zu ausgew�hlten seltenen Erkrankungen.

Schirmherrin der Achse ist Eva Luise K�hler, die Ehefrau des fr�heren Bundespr�sidenten Horst K�hler. Sie ist gemeinsam mit ihrem Mann auch Stifterin und Namensgeberin der �Eva Luise und Horst K�hler-Stiftung f�r Menschen mit Seltenen Erkrankungen�.

Um zudem das �ffentliche Bewusstsein f�r die zahlreichen Belange Betroffener zu st�rken, wird seit 2008 in Europa der Rare Disease Day, der internationale Tag der Seltenen Erkrankungen, immer am letzten Tag im Februar begangen.

Der Tag sei eine M�glichkeit, den Betroffenen eine Stimme zu geben, betont der Arzt und gesundheitspoliti�sche Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Andrew Ullmann. �Sie brauchen schnellere Diagnosen, vernetzte Forschung und bessere Behandlungen. Gerade bei den Seltenen kann das Zeitalter der Daten und Algorith�men zur Rettung von Leben und zu besserer Lebensqualit�t beitragen�, betont er. �Unsere Priorit�t sollte des�halb generell auf einem schnellen Auf- und Ausbau einer digitalen Gesundheitsstruktur liegen.�

Ullmanns Sicht deckt sich dabei mit der, die zumeist in der Arzneimittelforschung vertreten wird. Der Zugang zu Daten spiele eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Orphan Drugs, also Medikamenten gegen seltene Erkrankungen, erkl�rte vergangene Woche Jean-Luc Delay, Deutschlandgesch�ftsf�hrer des Pharmakonzerns Takeda.

Denn bei seltenen Erkrankungen m�sse man oft mit Populationen von 30 bis 50 F�llen arbeiten � zu wenig, um belastbare Ergebnisse in klinischen Studien und anderen Forschungsarbeiten zu generieren. �Jeder Daten�satz, der dazukommt, hilft uns enorm�, sagte Delay.

Es brauche daher weitere Anreize in der Arzneimittelforschung, fordert auch Ullmann. Voll des Lobes ist er f�r Parteifreundin und Bundesministerin f�r Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger: �Die Richtlinie zur F�rderung von Studien zum nat�rlichen Krankheitsverlauf von seltenen Erkrankungen unter Ber�cksichtigung von ungedecktem medizinischem Bedarf ist so richtig wie wichtig�, erkl�rt er.

Die Studie ziele darauf ab, die Durchf�hrung von Studien zum nat�rlichen Krankheitsverlauf von seltenen Erkrankungen voranzutreiben und damit die Situation der Betroffenen nachhaltig zu verbessern.

Das ist aus Sicht des Berufsverbandes der Kinder- und Jugend�rzte (BVKJ) auch dringend n�tig. �Die aktuelle Versorgungsstruktur stellt f�r betroffene Kinder und ihre Familien eine absolute Zumutung dar�, klagte Ver�bandspr�sident Thomas Fischbach.

Seltene Erkrankungen w�rden oft �bersehen, weshalb Patienten h�ufig jahrelang ohne gesicherte Diagnose und ohne Therapie blieben. Viele dieser Erkrankungen w�rden sich schon von Geburt an, in der Kindheit und in der Jugend bemerkbar machen.

Oftmals w�rden Patienten dann auf verschiedenen Ebenen Diskriminierung erfahren. Auch wenn nach Jahren die Krankheit richtig diagnostiziert wird, sei der Weg zur Betreuung durch Spezialistinnen und Spezialisten oft weit und h�ufig fehle es an Medikamenten.

Die gute Nachricht ist allerdings: Fischbach sieht viele M�glichkeiten zur Entlastung, etwa die geschickte Ver�zahnung der diagnostischen und therapeutischen M�glichkeiten vor Ort mit den Zentren f�r seltene Erkran�kungen, telemedizinische Betreuung und Telekonsile.

�Am schlimmsten ist f�r viele Betroffene allerdings das fehlende Wissen �ber die Erkrankung selbst bei Fach�leuten. Dies f�hrt leider immer wieder zur Negierung der medizinischen Probleme�, wendet er jedoch ein.

Der BVKJ will nun dazu beitragen, dass sich das �ndert, und setzt dabei ebenfalls auf digitale Angebote: Der Verband stellt seinen Mitgliedern eine Plattform f�r digitale Angebote f�r Patienten und Familien bereit. Telesprechstunden oder Telekonsile seien dadurch in jeder teilnehmenden Kinder- und Jugendarztpraxis m�glich.

Ein gro�es Problem sei derzeit jedoch noch die Finanzierung. Die Krankenkassen seien sich hier nicht einig. �Viele Menschen mit seltenen Erkrankungen w�rden von Telemedizin profitieren. Es ist Zeit, dass Kassen sie ihren Mitgliedern anbieten�, fordert Fischbach.

Hoffnung f�r die Therapie will derweil das BIH der Charit� schaffen, speziell mit der Forschung im Bereich der Gen- und Zelltherapien. Gemeinsam mit dem Land Berlin und dem Pharmakonzern Bayer will es in Berlin-Mitte ein Zentrum daf�r aufbauen.

Etwa 40 Prozent der Patienten w�rden zun�chst fehldiagnostiziert, viele weitere erfahren nie, was ihnen eigentlich fehlt. Oft dauere es Jahre bis zur richtigen Diagnose. Dabei k�nne die Case Analysis and Decision Support Plattform (CADS) helfen: Das gemeinsame Projekt des BIH und der Charit� soll Patienten der Charit�, die bisher keine gesicherte Diagnose erhalten haben, Zugang zur molekularen und klinischen Tiefenanalytik erm�glichen.

Genauso gro� sind die Chancen in der Forschung. Bisher erschwert es die geringe Zahl Betroffener und deren �berregionale Verteilung Forschenden, aussagekr�ftige Studien durchzuf�hren und Therapien zu entwickeln.

Ein Hoffnungstr�ger sei hierbei die Gen- und Zelltherapie, betont das BIH. Forschende des BIH sowie von ihm gef�rderte Unternehmen machen sich demnach das Baukastenprinzip der Genschere CRISPR-Cas zu Nutze bei der Entwicklung von Therapien gegen Seltene Erkrankungen.

So verursache beispielsweise ein einziger Fehler im Gen f�r ein Enzym, das die Quervernetzung der obersten Hautzellen erm�glicht, die sogenannte Fischschuppenkrankheit, bei der �berm��ig verhornte Haut keine intakte Barriere gegen Krankheitserreger mehr aufbaut.

Sarah Hedtrich, Johanna Quandt-Professorin f�r Translationale Humane Organmodelle am BIH, will eine Gentherapie entwickeln, mit der das fehlerhafte Gen durch eine korrekte Kopie ersetzt wird. �Das Gen ist bekannt, die Reparatur kann mit der CRISPR-Cas-Genschere vorgenommen werden. Das Problem ist nur: Wie bekommen wir CRISPR-Cas in die kranken Zellen der Haut hinein?�, beschreibt sie ihre Arbeit.

Solchen und vielen weiteren Fragen sollen sich Forschende am geplanten neuen Translationszentrum f�r Gen- und Zelltherapie widmen. Im April 2022 unterzeichneten das Land Berlin, die Bayer AG und die Charit� ein Memorandum zu dessen Errichtung. Es soll die Potenziale der Gentherapie aussch�pfen und den Transfer aus der Forschung in die Patientenversorgung beschleunigen. © lau/aerzteblatt.de

LNS
LNS LNS LNS

Fachgebiet

Kennen Sie unsere Fachgebiet-Newsletter?

  • Dermatologie
  • Diabetologie
  • Gastroenterologie
  • Gyn�kologie
  • Kardiologie
  • Neurologie
  • Onkologie
  • Ophthalmologie
  • P�diatrie
  • Pneumologie
  • Rheumatologie + Orthop�die
  • Urologie

Stellenangebote

    Weitere...

    Archiv

    NEWSLETTER