Selten ist gar nicht so selten - Health&Care Management

Zentrum für Seltene Erkrankungen Selten ist gar nicht so selten

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Das „Zentrum für Seltene Erkrankungen Nordbayern“ (ZESE) am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) feierte sein zehnjähriges Bestehen. Gefordert wird u.a. eine besseren Datenverarbeitung von Patientinnen und Patienten, um die Versorgung zu optimieren. Auch die altersgruppenübergreifende Versorgung gewinne an Bedeutung.

Seltene Erkrankungen Zentrum für Seltene Erkrankungen Nordbayern ZESE Universitätsklinikum Würzburg Gerlach
Das Zentrum für Seltene Erkrankungen am UKW konnte am 29. Februar das zehnjährige Bestehen feiern: (von links) Prof. Dr. Martin Fassnacht, UKW; Staatssekretärin Sabine Dittmar, Folker Quack, Würzburger Arbeitskreis für Seltene Erkrankungen; Eva Luise Köhler, Eva Luise und Horst Köhler Stiftung; Prof. Dr. Helge Hebestreit, Leiter des ZESE am UKW; Geske Wehr, Vorsitzende der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE); Prof. Dr. Tilmann Schweitzer, stellvertretender Sprecher des ZESE; Thomas Zöller, Patienten- und Pflegebeauftragter der Bayerischen Staatsregierung; und Prof. Dr. Matthias Frosch, Dekan der Medizinischen Fakultät Würzburg. – © UKW/Stefan Dreising

In Bayern sind etwa 600.000 Menschen von einer Seltenen Erkrankung betroffen. Weltweit werden ungefähr 8000 verschiedene Seltene Erkrankungen gelistet, die Tendenz ist steigend. Umso wichtiger seien Anlaufstellen für Patientinnen und Patienten hieß es bei der Jubiläumsveranstaltung am UKW. „Neben der Versorgung werden dort auch standortübergreifend Forschungsprojekte initiiert, um die Behandlung zu verbessern“, sagte Sabine Dittmar, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit.

Verstärkte Digitalisierung gefordert

Die Notwendigkeit einer stärkeren digitalen Versorgung betonte auch Judith Gerlach, Bayerische Staatsministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention. Sie lobte die Zusammenarbeit des BASE-Netzes („Bayerischer Arbeitskreis für Seltene Erkrankungen“). Dieses ist ein Zusammenschluss der Zentren für Seltene Erkrankungen der sechs bayerischen Unikliniken in Würzburg, Regensburg, Erlangen, München (TU und LMU) und Augsburg. Ziel ist es, eine Patientenakte zusammenzustellen, die von den Fachärztinnen und Fachärzten in den Zentren genutzt werden kann. „Gerade bei einer Seltenen Erkrankung ist es wichtig, dass alle Daten für die behandelnden Mediziner schnell verfügbar sind. Die Zusammenarbeit der bayerischen Zentren hat Vorbildcharakter. Davon profitieren die Patientinnen und Patienten und alle, die an der Behandlung beteiligt sind“, sagte die bayerische Gesundheitsministerin.

Daten beschleunigen Erfolge

Auch Thomas Zöller, MdL und Patienten- und Pflegebeauftragter der Bayerischen Staatsregierung, sieht in der Aufarbeitung von Daten große Chancen: „Zusammen sind die ‚Seltenen‘ aber Viele. Allein in Bayern sind etwa 600.000 Menschen betroffen. Patientendaten können Forschungserfolge beschleunigen. Patientenbeteiligung ist daher unerlässlich!“

Altersübergreifende Versorgung sichern

Ein weiteres wichtiges Projekt sei die altersgruppenübergreifende Versorgung. Laut Professor Dr. Helge Hebestreit, Leiter des Würzburger Zentrums, sind aktuell ca. 60 Prozent der Patientinnen und Patienten im Erwachsenenalter. Allerdings gäbe es beim Übergang vom Kindes- in das Erwachsenenalter Probleme. Das sei dann der Fall, wenn sich dabei Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner ändern oder keine Erwachsenenversorgung vorhanden sei. „In den universitären Zentren gibt es zwar eine große personelle Kontinuität in der Versorgung, aber wenn anstelle des langjährigen Teams in der Kinderklinik dann im Erwachsenalter ein neuer Arzt mit einem ganz anderen multiprofessionellen Team die Betreuung übernimmt, kann dies eine große Herausforderung sein. Gerade bei Seltenen Erkrankungen ist aber eine Kontinuität wichtig in der Behandlung“, erklärt Hebestreit. „Leutchtturmprojekte“ wie in Würzburg seien in diesem Kontext von besonderer Bedeutung, weil sie Menschen mit Seltenen Erkrankungen „Sicherheit“ und „Orientierung“ geben könnten, sagte Eva Luise Köhler, Schirmherrin der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE).

Zu den bekannteren Seltenen Erkrankungen zählt etwa die Erkrankung Mukoviszidose, mit der jährlich rund 200 Kinder in Deutschland geboren werden. Viele Erkrankungen sind allerdings ultraselten, z.B. die Blutgerinnungsstörung „Faktor XIII-Mangel“: Sie tritt nur bei einem von rund zwei Millionen Menschen auf.