Bayern-Serie: Matthäus und Musiala erklären die Spielmacher-Rolle
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Matthäus und Musiala erklären die Spielmacher-Rolle

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Die tz vergleicht in der Serie „Die rote (R)evolution“ das Gestern und Heute beim FC Bayern. In Teil 1 erklären Lothar Matthäus und Jamal Musiala, wie sich die Spielmacher-Rolle verändert hat.

München - FC Bayern, forever number one… Die rote Vereinshymne kennt wohl jeder Fußballfan. Aber wie kamen die Münchner eigentlich an die Spitze? Wie lief diese Entwicklung und wo liegen die Unterschiede zur aktuellen Generation von Spielern und Fans? Die tz geht in der Serie Die rote (R)evolution auf Spurensuche, vergleicht das Gestern und Heute beim größten Verein der Welt.

Jamal Musiala
Geboren:26. Februar 2003 in Stuttgart
Vertrag beim FC Bayern bis:31. Juni 2026
Länderspiele:25

Matthäus und Musiala erklären die Rolle des Spielmachers

In Teil 1 geht es um die wohl eleganteste Position auf dem Feld: den Spielmacher. Schließlich waren es jahrelang Zehner wie Zidane, Maradona oder Netzer, die für die magischen Momente und die großen Titel gesorgt haben. Heutzutage findet man den klassischen Spielmacher immer seltener – wo­ran liegt das?

Um das zu beantworten, hat die tz mit zwei prägenden Mittelfeldspielern des Rekordmeisters gesprochen: Lothar Matthäus und Jamal Musiala. Die zwei Ausnahmekönner aus der Vergangenheit und Gegenwart verraten, wie sich die Rolle des klassischen Zehners verändert hat.

Jamal Musiala vom FC Bayern München
Jamal Musiala vom FC Bayern geht ins Dribbling. © Tobias Schwarz / AFP

Das sagt Matthäus über die Spielmacher-Rolle

Lothar Matthäus (62) ist immer mitten im Geschehen – ob als ehemaliger Weltklasse-Fußballer oder seit Jahren als Sky-Experte. Der Rekordnationalspieler trug einst die Rückennummer Zehn, auf den Websites der Deutschen Hall of Fame des Sports und des FC Bayern wird er als Spielmacher geführt. Obwohl er selbst sich selbst nie so wahrgenommen hat.

„Aus meiner Sicht waren das andere Spielertypen. Ich denke dabei eher an elegante Fußballer wie Felix Magath, Hansi Müller, Bernd Schuster oder Diego Maradona“, erklärt Matthäus gegenüber der tz und führt seine Ansicht aus: „Früher musste man als Spielmacher gar nicht nach hinten arbeiten. Andere haben ihnen defensiv den Rücken freigehalten. Günter Netzer hatte beispielsweise Rainer Bonhof. Auch ein Wolfgang Overath hatte seine Wasserträger.“

Lothar Matthäus bringt Hermann Gerland als Bayern-Interimstrainer ins Spiel.
Lothar Matthäus ist ehemaliger Weltfußballer. © Revierfoto / Imago

Matthäus: „War auf meine eigene Art Spielmacher“

Fakt ist aber auch: Matthäus hat in seinen Mannschaften immer wieder das Spiel angekurbelt und als Libero oder im Mittelfeld-Zentrum selbst Regie geführt. Ja, er war mit Defensivaufgaben beschäftigt. Aber er hat auch offensiv immer wieder für Furore gesorgt. Quasi jeder Angriff lief über den Weltmeister von 1990 und Weltfußballer von 1991.

„Ich war auf meine eigene Art Spielmacher“, findet Matthäus. „Ich habe viel nach hinten gearbeitet, Zweikämpfe geführt und versucht, nach Balleroberung das Spiel schnell zu machen. Ich wollte auch offensiv meine Vorderleute in Szene setzen, Assists geben oder mit Schüssen aus der Distanz selbst Tore schießen.“

Zeiten ändern sich: Matthäus sieht bestimmten „Spielertypen“ nicht mehr

Mit seiner Spielweise hat Matthäus den Fußball geprägt. Die klassischen Schöngeister gibt es kaum noch. „Zu meiner Zeit waren die Spielmacher die Zehner. Genau diesen Spielertyp sehe ich heute nicht mehr“, so Matthäus, der mit seiner Spielweise offenbar seiner Zeit voraus war.

„Jamal Musiala kommt dem klassischen Spielmacher am nächsten. Er geht mit Dribblings in die Spitze“, analysiert er seinen Nachfolger im Trikot des FC Bayern. Leverkusens Florian Wirtz (20) sei ähnlich, wie der Bayern-Star. Matthäus: „Heutzutage haben die Kreativspieler aber auch Defensiv­aufgaben ohne Ball. Das ist der große Unterschied zu früher. Ich würde sagen, mittlerweile gibt es die hängenden Spielmacher.“

Jamal Musiala kommt dem klassischen Spielmacher am nächsten. Er geht mit Dribblings in die Spitze

Lothar Matthäus

Toni Kroos der letzte klasssische Bayern-Regisseur?

Stellt sich die Frage: Wann hatte der FC Bayern denn den letzten klassischen Regisseur? Matthäus denkt dabei an Real-Regisseur Toni Kroos (34), der 2014 nach Madrid gewechselt war. „Toni war so einer. Aber einer, der mehr von der Achter-Position agiert. Das macht er ja auch noch bei Real Madrid, ähnlich wie Luka Modric.“

Auch Leverkusens Erfolgstrainer und früheren Bayern-Star Xabi Alonso (42) sieht er in einer ähnlichen Kategorie, aber eine Position weiter hinten. „Alonso war für mich ebenfalls ein Spielmacher von der Sechs heraus“, meint Matthäus. „Ich denke auch an Bastian Schweinsteiger, aber auf seine Art und Weise. Joshua Kimmich könnte man ebenfalls als hängenden Spielmacher im defensiven Mittelfeld bezeichnen.“ So dynamisch und mit Stärken in der Defensive als auch Offensive war nach ihm bis dato aber wohl kein Regisseur im Fußball mehr.

Nagelsmann: Parallelen zwischen Messi und Musiala

Diese Stimme war vielleicht sogar mehr Wert als die Trophäe Kopa selbst. Bei der Wahl zum besten U 21-Spieler Europas landete Jamal Musiala (21) im Rahmen der Ballon-d’Or-Zeremonie Ende Oktober nur auf Platz zwei. Als danach das Voting der ehemaligen Weltfußballer veröffentlicht wurde, hatte der Bayern-Star trotzdem mächtig Grund zur Freude. Lionel Messi (36/Inter Miami), der Superstar unter den Superstars, stimmte für ihn. „Das habe ich als sehr große Ehre empfunden“, sagt Musiala zur tz. „Messi war in meiner Kindheit immer mein Vorbild. Ich habe immer seine Spiele geschaut und ihn für sein Spiel bewundert.“

Bundestrainer Julian Nagelsmann (36) sieht sogar Parallelen zwischen seinem ehemaligen Bayern-Schützling und Argentiniens achtmaligem Weltfußballer. Musiala habe „Bewegungen, die man bei Messi auch gesehen hat und immer noch sieht“, betont der Coach. Allerdings: Im Vergleich zum amtierenden Weltmeister, der hauptsächlich als falsche Neun agiert, ist der deutsche Nationalspieler eher Typ Spielmacher. Obwohl Musiala beim FC Bayern zuletzt wieder häufiger auf dem Flügel eingesetzt wurde, fühlt er sich auf der Zehner-Position hinter den Spitzen am wohlsten.

musiala und messi
„Messi war in meiner Kindheit immer mein Vorbild“, sagt Bayerns Jamal Musiala. Hier im Bild trifft er mit seinem einstigen Idol im PSG-Dress aufeinander. © IMAGO/Sportfoto Rudel

Musiala: „Ich liebe Tore schießen“

„Ich versuche, frei zu sein und mein Spiel zu spielen im Rahmen der taktischen Vorgaben unseres Coaches“, erklärt Musiala seine Spielweise. „In England haben sie immer von freedom of play gesprochen. Ich mag diesen Begriff. Generell versuche ich auf der Zehn einen positiven Impact auf unser Spiel zu haben: also Spielzüge einleiten, Tore vorbereiten und selbst Tore erzielen.“

Ausgebildet wurde Musiala in der Nachwuchsabteilung des FC Chelsea. „Dort habe ich anfangs viel als Stürmer gespielt und immer sehr viele Tore geschossen. Ich liebe Tore schießen. Mit der Zeit wurde ich dann weiter nach hinten auf die Zehn gezogen, um das Spiel mehr vor mir zu haben“, erinnert sich Musiala. 2019 folgte der Schritt zum FC Bayern – für die Schnäppchen-Summe von 250 000 Euro.

Jamal Musiala
Möchte auf „der Zehn einen positiven Impact“ auf das Spiel seiner Mannschaft haben: Bayern-Star Jamal Musiala. © IMAGO/Laci Perenyi

Inspirationen von Neymar, Ronaldinho und Matthäus

Beim Rekordmeister konnte er auf verschiedenen Positionen, Aspekte für sein Spiel als Zehner übernehmen. „Auf den Flügeln kann ich meine Stärken auch gut einbringen. Im Zentrum auf der Sechs und Acht habe ich das Spiel aus einer anderen Position kennengelernt und habe mein taktisches Verhalten und meine Defensivskills verbessern können. Auch die Arbeit gegen den Ball und die Zweikampfführung. Das waren gute Erfahrungen“, so Musiala, der vor allem mit seinen Dribblings für Aufsehen sorgt.

Inspiration holte er sich dabei früh von Neymar (32, Al-Hilal), Ronaldinho (43), Lothar Matthäus (62) oder Messi. Musiala: „Ich habe immer viele Spiele geschaut und habe dann die Tricks und Skills, die ich im Spiel gesehen habe, im Garten oder auf der Straße mit meinem Vater oder beim Fußballspielen mit Freunden nachgemacht. Ich hatte immer Spaß dabei und das hat mir sicherlich auch geholfen, mein Dribbling auf ein gutes Niveau zu bekommen.“

Leroy Sané und Jamal Musiala.
Leroy Sané trägt beim FC Bayern die typische Spielmacher-Trikotnummer „10“. Sein Kumpel Jamal Musiala begnügt sich ganz untraditionell mit der „42“. © IMAGO/Ulmer/Teamfoto

Nur die richtige Rückennummer fehlt

Was ihm noch fehlt zum perfekten Spielmacher: zum Beispiel die Rückennummer Zehn. Die trägt beim FC Bayern sein Kumpel Leroy Sané (28).

Mittlerweile steht allerdings auch Musialas Nummer 42 für Spielmacher-Qualität. Bestes Beispiel: Der 1. FC Nürnberg hat seinem Zehner und Top-Torjäger Can Uzun (18) bewusst die Musiala-Nummer als Statement gegeben. (Philipp Kessler)

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