Maischberger-Streit zwischen Kühnert und Spahn eskaliert: „Pappkamerad“
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„Pappkamerad“: Maischberger-Streit zwischen Kühnert und Spahn nimmt unrühmliches Ende

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Kevin Kühnert und Jens Spahn begegnen sich bei Sandra Maischberger lange respektvoll. Doch als es um den Ukraine-Krieg geht, wird es unsachlich.

Berlin – CDU und SPD sind sich derzeit in vielen wichtigen politischen Fragen nicht ganz grün. Was in so ziemlich jeder Bundestagsdebatte offen zutage tritt, wurde auch in der ARD-Sendung „Maischberger“ überdeutlich. Denn im Gespräch mit Moderatorin Sandra Maischberger stritten sich SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und Jens Spahn, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, über ihre innen- und außenpolitischen Ansichten.

Jens Spahn (l.) und Kevin Kühnert sitzen nebeneinander und gestikulieren
Streitgespräch mit spätem Höhepunkt: Jens Spahn (l.) und Kevin Kühnert sind in vielen Themen unterschiedlicher Meinung. © Screenshot ARD

Kühnert und Spahn bei Maischberger: SPD- und CDU-Politiker streiten über Rolle im Ukraine-Krieg

Ganz am Ende nannte der einstige Juso-Vorsitzende seinen Duzfreund sogar „Pappkamerad“. Da drehte sich bereits seit Minuten alles um den Ukraine-Krieg, die Kriegstreiberei von Wladimir Putin, den Einsatz von Olaf Scholz für den Frieden, die scheinbar ewige Debatte um Taurus-Lieferungen und die Aussage von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, ob nicht auch mal über ein Einfrieren des Kriegs nachgedacht werden sollte.

Der Weg bis dahin ist jedoch auch an diesem Abend lang und so tauschen Kühnert und Spahn zunächst ihre teilweise fundamental differierenden Ansichten zum Bürgergeld sowie zur Rente der Zukunft aus. Beim CDU-Vorschlag zu schnelleren Sanktionen beim Hartz-IV-Nachfolger zweifelt Kühnert etwa daran, ob sich diese Maßnahmen mit dem Grundgesetz vereinbaren lassen.

Während Spahn das Hauptproblem bei diesem Thema benennt: „Ich bin jetzt schon ein paar Jahre in politischer Verantwortung. Und ich habe noch nie erlebt, dass die Erhöhung einer Sozialleistung – wie das beim Bürgergeld passiert ist – zu so viel Unmut und Frust geführt hat.“ Zudem hält der ehemalige Gesundheitsminister fest: „Es geht um das Gerechtigkeitsempfinden in diesem Land und das ist schwer gestört.“ Wichtig sei, dass sich Leistung wieder lohne.

Video: Einfrieren des Kriegs? Pistorius distanziert sich von Mützenich

Rentenpaket der Ampel-Regierung: Spahn sieht keinen Weg vorbei an höherem Eintrittsalter

Womit auch der Übergang zur Rente geschaffen wäre. Hier skizziert Kühnert ohne das von der Ampel auf den Weg gebrachte Rentenpaket die Gefahr von mehr Altersarmut und warnt davor, die Unterstützung im Alter als „Gnadensozialleistung des Staates“ anzusehen.

Spahn wiederum hat vor allem den aktuell arbeitenden Teil der Bevölkerung im Blick, wenn er betont: „Es geht um einen fairen Ausgleich zwischen den Generationen.“ So unterstreicht auch der 43-Jährige den CDU-Plan eines höheren Renteneintrittsalters, das an die allgemeine Lebenserwartung gekoppelt sein soll.

Außerdem fordert er nach einer Diskussion über die bei diesem Thema oft herausgegriffenen Dachdecker „eine bessere Erwerbsminderungsrente. Diejenigen, die erwerbsgemindert sind, die nicht mehr arbeiten können, kriegen eine beschämend niedrige Rente.“

Mützenich-Rede über Ukraine-Krieg: Kühnert will mit Diplomatie Druck auf Putin ausüben

Zeit für den Ruhestand wäre es wohl auch für Putin. Doch stattdessen ließ sich der 71-Jährige gerade erst für eine fünfte Amtszeit als russischer Präsident wählen und verantwortet in dieser Rolle seit mehr als zwei Jahren Tod und Zerstörung in weiten Teilen der Ukraine.

Hier verteidigt Kühnert zunächst die von vielen Politikern auch aus der Ampel kritisierte Wortwahl Mützenichs vehement mit einem Endlossatz: „Er hat eine wiederholte – das haben ja nun alle in Deutschland mitbekommen – Diskussion über ein bestimmtes Waffensystem – den Marschflugkörper Taurus –, die schon mehrfach von allen Seiten beleuchtet und zu Ende geführt wurde und die nun wieder in der letzten Sitzungswoche im Deutschen Bundestag diskutiert wurde, die hat er – zusehends genervt, das gestehe ich gerne zu und da verstehe ich ihn auch – genutzt, um die verschiedenen Akteure dort im Plenarsaal des Deutschen Bundestages zu fragen, ob sie neben ihrer intensiven Aufmerksamkeit für jedes Detail deutscher Waffensysteme nicht auch einen gewissen Anteil ihrer politischen Aufmerksamkeit auf die Frage richten wollen, was Diplomatie und anderes in Zukunft dazu beitragen kann, Möglichkeitsfenster zu öffnen, die vielleicht einmal dazu führen, dass wir Druck auf Putin ausüben können, damit er sich zurückzieht, damit er die Waffen zu Boden legt, damit die Ukraine wieder über ihr Staatsgebiet bestehen kann.“

Und weiter: „Ihm zu unterstellen, er würde hier irgendeine Unterwerfung unter Putin fordern, das ist wirklich infam und das kann man nur so aussprechen, wenn es einem gar nicht mehr um den Ernst dieser Debatte geht.“

Spahn über Taurus-Debatte: „Keine Stärke, keine Einigkeit“ in der Ampel-Regierung

Spahn wiederum lässt fallen, dass der Applaus für die Mützenich-Rede abgesehen von der SPD lediglich aus den Reihen der AfD, der Linken und des BSW gekommen sei. Zudem verweist er auf die unterschiedlichen Ansichten in der Taurus-Debatte innerhalb der Ampel und findet: „Daraus entsteht doch keine Stärke, keine Einigkeit. Wer Frieden und Sicherheit will, der braucht zuerst einmal Stärke, politische Führung und eine Einigkeit in der eigenen Regierung.“

Das nach außen dringende Bild mache ihm Sorgen, zumal Putin sogar Deutsch verstehe und entsprechend umfassend über die Debatte informiert sein dürfte, ohne auf Dolmetscher angewiesen zu sein: „Das ist eine Einladung für diesen brutalen Aggressor, noch weiterzumachen.“

Jens Spahn (l.) und Kevin Kühnert sitzen nebeneinander
Von Bürgergeld über Rente bis hin zum Ukraine-Krieg: Jens Spahn (l.) und Kevin Kühnert hatten bei Sandra Maischberger einiges zu bereden. © Screenshot ARD

Spahn vs. Kühnert bei Maischberger: „Am besten sagst du noch, ich sei ein Kriegstreiber“

Direkt an Kühnert gewandt fragt Spahn dann, wie der Kreml-Chef mit diplomatischen Initiativen dazu bewegt werden soll, von der Ukraine abzulassen. Daraufhin erklärt der 34-jährige Sozialdemokrat, Scholz führe Gespräche mit Ländern des globalen Südens, die von Russland abhängig seien und nennt Brasilien, Argentinien, Indonesien und Nigeria als Beispiele.

Entscheidend sei auch eine Reise des Kanzlers nach Peking gewesen, nach der Chinas Präsident Xi Jinping klargestellt habe, „er verbittet sich den Einsatz oder auch nur die Drohung mit taktischen Atomwaffen“. In Richtung Spahn schießt er: „Was für ein wichtiger Moment in diesem Krieg. Und ihr habt das abgetan, weil ihr damals schon den Begriff der Diplomatie für was Lächerliches gehalten habt.“

Das bringt den Christdemokraten in Rage, der die Wortwahl „lächerlich“ moniert und findet: „Kevin Kühnert unterstellt mir hier gerade, ich hätte was gegen Diplomatie. Am besten sagst du noch hinterher, ich sei ein Kriegstreiber oder was.“

Kühnert kontert Spahns Vorwurf: „Du bist ein Pappkamerad“

Obwohl Maischberger festhält, diesen Vorwurf habe Kühnert nicht geäußert, lässt sich Spahn nicht mehr bremsen und schimpft: „Wenn das das Niveau ist, auf dem das hier diskutiert wird, dann ist das nur ein Abbild dessen, was in der Koalition stattfindet.“ Während er diesen Satz ausspricht, wirft Kühnert eben ein: „Du bist ein Pappkamerad.“

Eine ebenfalls wenige schmeichelhafte Bezeichnung, aber im Vergleich zum vorher gehandelten Wort Kriegstreiber deutlich leichter zu verschmerzen. Spahn geht dann auch gar nicht darauf ein. Aber Maischberger dazwischen. Sie beendet das Streitgespräch auf seinem Höhepunkt, bevor es erst recht unsachlich wird.

Immerhin könnten sich Spahn und Kühnert in anderthalb Jahren Seite an Seite wiederfinden. Nach den Umfragen der vergangenen Monate deutet gar nicht wenig darauf hin, dass Deutschland nach der nächsten Bundestagswahl auf eine Neuauflage der Großen Koalition zusteuert. (mg)

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