Gutachten zu Pkw-Maut: Muss Scheuer den Schaden bezahlen? - ZDFheute

    Gutachten zu Pkw-Maut: Muss Scheuer den Schaden bezahlen?

    FAQ

    Gutachten zu Pkw-Maut:Muss Scheuer den Schaden selbst bezahlen?

    von Luca Bartolotta
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    Volker Wissing will prüfen, ob Regressforderungen gegen Scheuer wegen der gescheiterten Pkw-Maut möglich sind. Wie realistisch ist das? Und wieso kommt dieser Schritt gerade jetzt?

    Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit verschränkten Armen und ernster Miene
    Sehen Sie hier die Sendung ZDFheute live in voller Länge.31.07.2023 | 28:47 min
    Nach dem Pkw-Maut-Debakel rund um Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat der aktuelle Bundesverkehrsminister, Volker Wissing (FDP), angekündigt, ein Gutachten in Auftrag zu geben. Dieses soll mögliche Regressionsforderungen gegen Scheuer prüfen und die Umstände aufklären, die den Staat nun 243 Millionen Euro an Schadensersatzzahlungen kosten sollen.
    Aber ist es überhaupt denkbar, dass Scheuer den Schaden am Ende aus eigener Tasche zahlen muss? Ein Überblick.
    Verschiedene Euro-Banknoten werden vor ein Hinweisschild auf Mautpflicht gehalten.
    Die Pkw-Maut, ein Prestigeprojekt der CSU während ihrer Zeit in der Bundesregierung - kostet den Bund nun 243 Millionen Euro Schadenersatz. Darauf haben sich Betreiber und Bundesverkehrsministerium geeinigt.06.07.2023 | 1:29 min

    Wieso wird das Gutachten gerade jetzt in Auftrag gegeben?

    ZDF-Korrespondent Dominik Rzepka schätzt ein: Das Gutachten zur Pkw-Maut wurde von Verkehrsminister Wissing bewusst zu diesem Zeitpunkt angekündigt.

    Der Zeitpunkt ist schon verdächtig, denn in Bayern wird bald gewählt.

    Dominik Rzepka, ZDF-Korrespondent in Berlin

    Da sei laut Rzepka der Verdacht naheliegend, dass es auch darum gehe, dem Amtsvorgänger Scheuer und seiner Partei "einen mitzugeben" und klar zu machen, dass man als FDP für die PKW-Maut politisch nicht verantwortlich sei.

    Und genau diese Kritik, dieses Debakel, das kann man dem Ex-CSU-Minister jetzt nochmal schön aufs Brot schmieren.

    Dominik Rzepka, ZDF-Korrespondent in Berlin

    Der ganze Vorgang habe demnach "natürlich auch wahlkampftaktische Gründe".
    Dominik Rzepka bei ZDFheute live
    Der Verkehrsminister verfolge auch politisches Kalkül, sagt ZDF-Hauptstadtkorrespondent Dominik Rzepka. Insbesondere mit Blick auf die Wahl in Bayern.31.07.2023 | 2:56 min

    Was genau soll das Gutachten klären?

    Das Gutachten soll laut ZDF-Rechtsexperte Christoph Schneider vor allem klären, wie die Umstände waren, die zu dem Maut-Debakel geführt haben. Mögliche Fragen sind dabei:
    • Durch wen wurde Scheuer damals beraten?
    • Wie waren die zeitlichen Zusammenhänge?
    • Stand Scheuer unter irgendeinem Druck, über den noch nichts bekannt ist?
    Man müsse laut Schneider "diese zeitlichen Umstände einfach nochmal sehen, dass das aufgearbeitet wird, was da zusammengewirkt hat." So hält er es beispielsweise für unwahrscheinlich, dass Scheuer die Entscheidung ganz alleine getroffen hat. "Da wird es sicher Leute in seinem Umfeld gegeben haben, die Einschätzungen gegeben haben, wie man sich da zu verhalten hat."

    Dass jemand ganz alleine so eine weitreichende Entscheidung […] trifft, halte ich persönlich für nicht sehr deutlich.

    Christoph Schneider, ZDF-Redaktion Recht und Justiz

    ZDF-Börsenexpertin Valerie Haller berichtet an der Börse in Frankfurt.
    Wegen der gescheiterten Pkw-Maut will Bundesverkehrsminister Wissing Schadensersatzforderung von seinem Vorgänger klären lassen. ZDF-Börsenexpertin Valerie Haller berichtet.31.07.2023 | 0:58 min

    Was ist die Rechtsgrundlage für möglichen Schadenersatz?

    Die Rechtsgrundlage ist laut Schneider der sogenannte Amtshaftungsanspruch. Dieser greife dann, wenn ein Beamter in Ausübung seines Amtes durch Verletzung seiner Amtspflicht einem Dritten vorsätzlich oder fahrlässig Schaden zugefügt hat.
    Eine mögliche Regressforderung sei allerdings aktuell nur für Bundesbeamte vorgesehen, nicht aber für Bundesminister: "Das Bundesbeamtengesetz, das es gibt, da hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eines Rückgriffs geschaffen, dass man Regress nehmen kann. Aber es gibt auch […] ein Bundesministergesetz und da findet sich keine parallele Rückgriffsvorschrift."
    Da Scheuer zur Zeit der Pkw-Maut als Minister und nicht als Bundesbeamter handelte, müsse man demnach zuerst eine entsprechende Vorschrift schaffen, um ihn überhaupt zu Regresszahlungen verpflichten zu können.

    Dass man so eine Vorschrift schaffen könnte, das wäre theoretisch möglich. Denn in unserem Grundgesetz heißt es auch, dass bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit ein Rückgriff vorbehalten bleibt.

    Christoph Schneider, ZDF-Redaktion Recht und Justiz

    Mautschild am Rand einer Autobahn
    Einst Prestigeprojekt von CSU und dem damaligen Verkehrsminister Scheuer, 2019 dann vom EuGH kassiert. Die gestoppte Pkw-Maut kommt den Bund teuer zu stehen.31.07.2023 | 1:44 min

    Wie wahrscheinlich sind Regressforderungen gegen Scheuer?

    In Berlin gehe man aktuell davon aus, dass Ex-Verkehrsminister Scheuer wohl nicht privat für den bei der Pkw-Maut entstandenen Schaden zahlen müsse, "weil das Bundesministergesetz so ist, wie es ist", so ZDF-Korrespondent Dominik Rzepka.

    Ich glaube nicht, dass Scheuer persönlich blechen muss.

    Dominik Rzepka, ZDF-Korrespondent in Berlin

     Christoph Schneider bei ZDFheute live
    Juristisch werde man Scheuer keinen Vorsatz nachweisen können, so Christoph Schneider aus der ZDF-Redaktion Recht und Justiz. Es stelle sich aber die Frage grober Fahrlässigkeit.31.07.2023 | 13:43 min
    Auch Christoph Schneider aus der ZDF-Redaktion Recht und Justiz hält dies für unwahrscheinlich: "Ich würde nach meinem Kenntnisstand aktuell eher davon ausgehen, dass Regressforderungen wahrscheinlich eher schwierig wären." Aber:

    Es gibt keine Entscheidung, die es nicht gibt.

    Christoph Schneider, ZDF-Redaktion Recht und Justiz

    Wann das Gutachten fertiggestellt werden soll und wie viel es kosten könnte, ist bisher noch unklar.
    Die Interviews für ZDFheute live führte Alica Jung.
    Quelle: ZDF

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