Rassismus in den USA: Wie Rosa Parks die Welt veränderte
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Sitzenbleiben verändert die Welt

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1955: Rosa Parks weigert sich, ihren Platz im Bus für einen weißen Fahrgast frei zu machen. Das hat sie bekannt gemacht – dabei hat sie ihr Leben lang gegen Diskriminierung gekämpft.

  • Rassismus in den USA: Die Leistung von Rosa Parks wurde lange Zeit falsch eingeschätzt.
  • Rosa Parks: Das Leben einer Aktivistin.
  • Auf Parks‘ Verhaftung folgte der Montgomery-Busboykott.

Alabama - Wenn Menschen den mutigsten Tag im Leben von Rosa Parks nacherzählen, dann geht die Geschichte in etwa so: Parks, eine ältere Näherin, müde von der Arbeit, saß am 1. Dezember 1955 in Montgomery, Alabama, in einem Bus auf dem Heimweg. Als der Busfahrer sie aufforderte, ihren Platz für einen weißen Fahrgast frei zu machen, weigerte sie sich und blieb mutig sitzen. Ganz unabsichtlich startete die tapfere Schneiderin damit den Montgomery-Busstreik, die Bürgerrechtsbewegung im Süden der Vereinigten Staaten und kämpfte friedlich für Gerechtigkeit.

„Die Geschichte, die wir erzählt bekommen, ist eine Feel-Good-Story“, sagt die Biografin Jeanne Theoharis im Gespräch mit dem US-Radiosender NPR. Der Mythos Rosa Parks sei ein Weg, Rassismus und Ungerechtigkeit fest in der Vergangenheit zu verankern.

Die Bürgerrechtlerin Rosa Parks in einem Bus, ein Jahr nach ihrem Protest
Rosa Parks in einem Bus in Montgomery, ein Jahr nach ihrem Protest. © Ann Ronan/dpa

Rassismus in den USA: Sichtbar wurde ein Leben voller Kampfgeist

Die wahre Geschichte sei eine andere und trotz Parks’ Berühmtheit voller Lücken. Theoharis beschreibt in ihrer Biografie Parks’ die Schwierigkeiten, das Leben hinter der Legende zu entdecken.

Sichtbar wurde dabei nicht nur ein Tag, sondern ein Leben voller Mut und Kampfgeist. Rosa Parks wurde bereits in frühen Jahren von ihrem Großvater geprägt, einem Mann, der bewaffnet durch die Nachbarschaft lief, um seine Kinder und Enkel zu beschützen. Später heiratete sie Malcolm Parks, einen Aktivisten der Bürgerrechtsorganisation „National Association for the Advancement of Colored People“ (NAACP), und wurde selbst zur begeisterten Aktivistin. Jahre vor dem schicksalhaften Tag im Bus engagierte sie sich für die Weiterbildung von Schwarzen Jugendlichen und ermittelte zum Verbrechen an der jungen Schwarzen Recy Taylor, die 1944 in Alabama von sechs weißen Männern vergewaltigt wurde.

USA und die Bürgerrechtsbewegung: Auf Parks‘ Verhaftung folgte der Montgomery-Busboykott

Als Parks schließlich im Bus gegen rassistische Diskriminierung protestierte, tat sie das nach dem Vorbild einer anderen Schwarzen Frau. Die 15-jährige Claudette Colvin war die erste Person, die für den Verstoß gegen die Bussegregation verhaftet wurde. Colvin engagierte sich in der Jugendgruppe, die Parks leitete, und hatte daher eine enge Verbindung zu ihr. Doch Colvin war damals ein Teenager und noch dazu schwanger – weshalb die NAACP entschied, stattdessen Parks zur Leitfigur der Bewegung zu machen.

Die damals 44-jährige Rosa Parks blieb daher am 1. Dezember 1955 sitzen. Nicht aus körperlicher Müdigkeit, wie sie in ihrer Autobiografie schrieb, sondern weil sie der Diskriminierung müde war. Nachdem Parks von der Polizei verhaftet wurde, verbrachte sie die Nacht im Gefängnis. Hartnäckig half Parks auch dort einer jungen Frau, die von ihrem Partner angegriffen wurde. Die Aktivistin schmuggelte die Telefonnummer des Bruders aus dem Gefängnis und kontaktierte ihre Familie.

USA: Rassistische Trennung in Bussen musste aufhören

Auf Parks’ Verhaftung folgte der Montgomery-Busboykott. Kein spontaner Protest, sondern ein sorgfältig durchgeführter Plan des Women’s Political Council, einer Gruppe Schwarzer Frauen, die sich für die Bürgerrechtsbewegung einsetzten. Sie organisierten nicht nur den 382 Tage langen Boykott, sondern auch Fahrgemeinschaften und Schwarze Taxifahrer für die Streikenden. Ein Jahr später entschied der US Supreme Court, das die rassistische Trennung in Bussen aufhören müsse.

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In dieser Zeit wurde Parks, wie geplant, zu einem der prägendsten Gesichter der Bürgerrechtsbewegung Schwarzer Amerikanerinnen und Amerikaner. Doch der Preis für ihr Engagement war hoch. Sie und Ehemann Malcolm Parks erhielten täglich Morddrohungen. Beide verloren ihre Arbeit, Rosa Parks fand als Schneiderin kaum Aufträge, um ihren Aktivismus zu finanzieren. Dennoch kämpfte sie weiter dafür, Gewalt durch Weiße zu dokumentieren, rassistische Trennungen aufzuheben und Schwarze als Wählerinnen und Wähler zu registrieren. Aus finanzieller Not mussten die Parks schließlich 1957 von Montgomery nach Detroit ziehen.

Diskriminierung in den USA: Die Leistung von Rosa Parks wurde lange Zeit falsch eingeschätzt

Doch der Umzug in den Norden tat ihrem Kampf keinen Abbruch. Parks engagierte sich gegen die Segregation von Wohngebieten, für die Befreiung politischer Gefangener und für die politische Macht von Schwarzen. Als angesehene Bürgerrechtlerin verhalf sie dem demokratischen Repräsentanten John Conyers zu seinem Wahlsieg und setzte sich als seine Sekretärin für Bildung, Wohlfahrt und gegen Diskriminierung von Schwarzen ein. Sie entwickelte ihre eigene politische Philosophie, geprägt von den Lehren des Bürgerrechtlers Malcolm X und der Aktivistin Queen Mother Moore. Unermüdlich selbst in den 60er und 70er Jahren blieb Parks ein bekanntes Gesicht auf Demonstrationen.

Als Rosa Parks am 24. Oktober 2005 im Alter von 92 Jahren starb, war sie die erste Frau, die vor ihrer Beerdigung mit Ehren im Kapitolsgebäude gewürdigt wurde. Politische Figuren wie der damalige Senator Barack Obama und Hillary Clinton hielten Ansprachen über die „kleine ruhige Rosa Parks“. Doch zunehmend wird Parks nicht mehr nur für ihren Protest im Bus, sondern auch als lebenslange Kämpferin sowie eigenständige politische Denkerin wahrgenommen. Ihr Andenken und Wirken bleiben als Beweis dafür, dass hinter einem historischen Tag häufig lebenslanger Mut steckt. (Von Valerie Eiseler) Nach Tod von George Floyd: Familie verklagt Stadt Minneapolis und Polizisten. Black Lives Matter: Die Ideale endlich leben.

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