(PDF) Mit Prodi Erfolge für die Autonomie, von Claudio CALABRESE (2018).pdf | Oskar Peterlini - Academia.edu
euro 14,00 Con Romano Prodi per un’autonomia vincente Carmelo Salvo (1968), svolge il praticantato per diventare giornalista presso il “Corriere del Mezzogiorno” dopo aver svolto altre collaborazioni in Sicilia. Nel 2003 presta la sua attività professionale nella redazione del “Corriere dell’Alto Adige” a Bolzano e svolge diverse collaborazioni per emittenti televisive regionali. Dal 2006 è stato addetto stampa per il senatore Oskar Peterlini a Palazzo Madama ino al 2008, quando il voto di siducia decretò la ine del governo Prodi. Tornato a Bolzano, dal 2008 ha ricoperto l’incarico di addetto stampa del Partito Democratico Alto Adige. Carmelo Salvo Carmelo Salvo Con Romano Prodi per un’autonomia vincente Mit Prodi Erfolge für die Autonomie Carmelo Salvo Con Romano Prodi per un’autonomia vincente Mit Prodi Erfolge für die Autonomie Gruppo “Per le Autonomie” al Senato 2006-2008 Foto di copertina, Romani Prodi a Bolzano, campagna elettorale 2006 Impaginazione di Alessandra Angheben © Edizioni Praxis Verlag Portici 51 - 39100 Bolzano Tel. e Fax 0471 980801 Giornale online: www.buongiornosuedtirol.it info@praxis.bz.it I edizione ISBN 9788896134276 Indice 1. Testimonianza viva di un modello di autogoverno Romano Prodi, convinto sostenitore dell’Autonomia dinamica ......... 7 Peterlini, promosso grazie alla sua capacità ed esperienza ................ 11 Peterlini torna al Senato della Repubblica per la seconda volta ....... 14 La gestione locale dell’energia, un grande successo........................... 19 Mobilità, salto di qualità del Gruppo “Per le autonomie” .................. 22 Nasce il Partito Democratico............................................................... 26 Maggioranza risicata al Senato, il Governo sempre in bilico............. 28 Nuovo e più forte coinvolgimento democratico ................................. 32 L’impegno del “Gruppo” per il sociale e i diritti democratici ............ 35 Formazione professionale, tradizione da salvaguardare ................... 37 Finanza e casa: lo sguardo lungo ........................................................ 39 Il “Monteverdi” di Bolzano passa dallo Stato alla Provincia.............. 40 Provvedimenti per la Giustizia e il bilinguismo ................................. 42 Marchio di Qualità proposto ad hoc ................................................... 44 Un calcio allo sfratto, la F.C. Südtirol/Alto Adige rimane al Druso di Bolzano ......................................................................... 47 Successioni e imposte, vantaggi per cittadini e imprese ............... 48 Anche il secondo Governo Prodi inisce prima del previsto ......... 53 2. Testimonianze Bilancio della XV legislatura e del Governo Prodi – 2006-2008 di Oskar Peterlini ................................................................. 55 Lavorare con la SVP e Peterlini, un’esperienza più che positiva di Romano Prodi .................................................................. 60 Peterlini e gli amici della SVP sempre partner aidabili di Anna Finocchiaro ............................................................ 62 Una collaborazione intensa e corretta, sia nei rapporti che nelle iniziative di Christian Tommasini ...................................................... 65 Un’occasione per rinsaldare i rapporti tra i democratici e la Volkspartei di Gianclaudio Bressa ......................................................... 67 3. Il sogno si realizza Dalla “Junge Generation” a Palazzo Madama .......................... 69 4. I senatori del gruppo XV Legislatura, dal 28 aprile 2006 al 28 aprile 2008 .............. 77 5. Secondo governo Prodi, rilancio economico con sensibilità sociale Importanti riforme e clausole di salvaguardia per la tutela delle autonomie speciali di Maria Aceto ...................................................................... 117 6. Mit Romano Prodi Erfolge für die Autonomie von Claudio Calabrese Die Südtiroler Vertretung im Parlament ................................ 135 Erstmals eine Autonomiefraktion in Rom.............................. 142 Die neue Autonomiegruppe im Senat 2006 ........................... 149 Erfolge der Autonomiegruppe trotz knapper Zeit .................. 159 Der erfolgreiche Kampf um die Energie ................................. 165 Bibliograia e sitograia ................................................... 170 5 6. Mit Romano Prodi Erfolge für die Autonomie Claudio Calabrese Die Südtiroler Vertretung im Parlament Erstmals eine Autonomiefraktion in Rom Die neue Autonomiegruppe im Senat 2006 Erfolge der Autonomiegruppe trotz knapper Zeit Der erfolgreiche Kampf um die Energie Dieses Buch, hat Carmelo Salvo, Pressesprecher der Autonomiegruppe im Senat in der Zeit der 2. Regierung von Romano Prodi von 2006-2008, in italienischer Sprache verfasst. Um auch den deutschsprachigen Lesern einen Einblick zu bieten, fassen wir als Verleger nachstehend die wesentlichen Aspekte zusammen. Besonders heben wir die aus Südtiroler Sicht interessanten Begebenheiten hervor. Die Südtiroler Vertretung im Parlament Der Einsatz der Südtiroler Parlamentarier in Rom stellte schon immer eine besondere Herausforderung dar. Lange Zeit, von 1948 bis 1992, wirkten drei Abgeordnete und zwei Senatoren der Südtiroler Volkspartei (SVP) für Südtirol in Rom. Nur im Jahr 1979 gelang es der SVP ausnahmsweise vier Kammerabgeordnete, zu wählen. Die 135 Senatoren der SVP hingegen waren bis dahin immer zwei1. Die italienischen Vertreter aus Südtirol waren in der Regel einer bis zwei, vorerst bis 1983 von der Democrazia Cristiana (DC), ab 1987 vom Movimento Sociale Italiano/Alleanza Nazionale (MSI/ AN), einmal (1987) auch von den Verdi-Grünen und der Kommunistischen Partei (PCI). In verschiedenen Jahren (1968, 1976, 1979, 1992) gingen die Italiener aus Südtirol leer aus, da die Wahlbezirke regional sind und die Italiener des Trentino überwiegen2. Leicht ist die Aufgabe der Südtiroler Vertreter nicht, wenn man bedenkt, dass eine Handvoll Südtiroler sich in einem Parlament durchsetzen müssen, das sich aus rund 950 Abgeordneten und Senatoren zusammensetzt, in beiden Kammern 14 Kommissionen zu verfolgen sind, in denen die Gesetze vorbereitet werden, und die Regierungen den Südtirolern gegenüber nicht immer freundlich gesinnt waren. Südtirol und Trentino zusammen stehen insgesamt, aufgrund der Bevölkerungszahl, zehn, neuerdings elf Abgeordnete in der Kammer zu und sieben Senatoren. Die Kammerabgeordneten wurden bis 1992 im Verhältniswahl-System regional gewählt. Bis in die neunziger Jahre herauf waren fürs Trentino vier Wahlkreise im Senat vorgesehen, für Südtirol nur zwei, während der siebte Sitz im Verhältniswahl-System dem besten Wahlverlierer der Region zustand. Das bedeutete in der Regel, dass nur zwei Senatoren aus Südtirol zum Zuge kommen konnten, nur ein einziges Mal (1987) gewann der Bozner PCI-Vertreter Lionello Bertoldi auch den regionalen Sitz. 1 2 136 Peterlini, Oskar, Minderheitenschutz und Wahlsysteme (S. 223), 2012 Peterlini, Oskar, ebenda (S. 224), 2012 Das Paket bringt einen dritten Senatssitz In Durchführung der Paketmaßnahme 111 konnte 1991 ein dritter Wahlkreis, Bozen Unterland, im Senat durchgesetzt werden, während die Trentiner Wahlkreise von vier auf drei reduziert wurden. Der neue Wahlkreis Bozen Unterland umfasst allerdings eine mehrheitlich italienische Bevölkerung, um eine proportionale Vertretung aller Sprachgruppen in Rom zu ermöglichen. Das sollte nicht heißen, dass automatisch ein Italiener gewählt wird, aber eine Vertretung ermöglicht werden sollte, die den Interessen aller Sprachgruppen entspricht. Zweimal gelang es dem SVP-Senator Karl Ferrari (1992 und 1994) den Sitz, aufgrund der Zersplitterung der italienischen Parteien, zu erobern. Allerdings dauerten diese Perioden jeweils nur zwei Jahre, da sich Italien in der tiefen Krise der Korruptionsskandale „Tangentopoli“ befand und das Parlament beides Mal vorzeitig aufgelöst werden musste. Ab 1996 besetzte dann Adriana Pasquali von der Nationalen Rechten „Alleanza Nazionale“ bis 2001 den Sitz im Senat. In der Kammer waren 1993 auch drei Wahlkreise geschafen worden. Den Kammersitz Bozen Unterland gewann daraufhin (1994) ebenfalls ein Vertreter von Alleanza Nazionale, Pietro Mitolo (vorher MSI) und 1996 Franco Frattini mit der Liste Forza Italia (FI) von Silvio Berlusconi. Das führte 2001 zu einem Umdenken innerhalb der SVP. Auch den Südtirolern deutscher Sprache konnte es nicht gleich sein, welche Stimme sich für die Italiener im Parlament erhebt und ob diese für oder gegen die Autonomie Stellung nimmt. Deshalb schloss die SVP unter dem Obmann Siegfried Brugger erstmals mit 137 den autonomiefreundlichen Kräften der italienischen Volksgruppe von „Mitte-Links“ (L’Ulivo) ein Wahlabkommen, um eine autonomiefreundliche Vertretung in Rom zu sichern. Das Abkommen umfasste auch das Trentino. Ein gewagtes Unternehmen in Bozen Unterland In den Senatswahlkreisen Ost (mit Pustertal und Eisacktal bis zum Ritten) und im Westen, der vom Vinschgau über Meran bis ins Sarntal reicht, haben die deutsche Sprachgruppe und mit ihr die Südtiroler Volkspartei traditionell eine überragende Mehrheit. Gewählt wurden im Jahre 2001 im Osten die vormalige Kammerabgeordnete Helga Thaler Außerhofer, im Westen der vormalige Landesrat für öfentliche Arbeiten, Luis Koler. Im Senatswahlkreis Bozen Unterland allerdings war alles ofen. In den Kampf geschickt wurde seitens der SVP der Unterlandler Oskar Peterlini, der Ulivo hingegen schickte den Kammerabgeordneten Gian Claudio Bressa (für Bozen Leifers). Beide kandidierten unter dem gemeinsamen Listenzeichen Ulivo-SVP. Die Wahl war besonders spannend, weil beide Kandidaten gegen die amtierenden und vormaligen Gewinner der Wahlkreise antreten mussten, Peterlini gegen die amtierende Senatorin Adriana Pasquali (AN) und Bressa gegen den amtierenden Abgeordneten und Außenminister Franco Frattini (FI). Die Frage war: Würden die Italiener einen deutschsprachigen Vertreter der SVP wählen, wie würde man in den roten und mehrheitlich schwarzen italienischen Stadtvierteln in Bozen reagieren? 138 Wie konnte sich Oskar Peterlini mit seinem Programm, sei es bei den traditionellen deutschen Wählern in Bozen, Überetsch und Unterland, und bei den Italienern präsentieren, ohne sich in Widersprüche zu verstricken? Peterlini setzte aufs Zusammenleben und auf die Notwendigkeit, die Nationale Rechte zu verhindern. Ein Gebiet mit verschiedenen Sprachgruppen stehe vor folgenden Alternativen: „Sich gegenseitig zu bekämpfen, wie in meinen Kindheitsjahren am Brenner, als sich die Kinder Steine warfen, die einen die Walschen, die anderen uns die Crucchi nannten, bis die Bomben die Lage dramatisch aufheizten. Wie das enden kann, sieht man in Palästina und in vielen Nachbarländern, wo ausgerechnet Volksgruppenprobleme schwere Kriege auslösten. Die zweite Alternative besteht darin, aus der Verschiedenheit der Kulturen und Sprachen einen Reichtum zu gestalten, voneinander zu lernen ohne die eigene Kultur aufzugeben, stolz zu sein, verschiedene Sprachen und Kulturen kennenzulernen, über den eigenen Horizont hinaus zu sehen, mit mehr Sprachen und Erfahrungen die eigene Persönlichkeit zu entwickeln, Europa im Kleinen zu üben, und damit auch ein besseres Rüstzeug für sein Leben und seine Arbeit zu entwickeln.“3 3 Erinnerungen von Oskar Peterlini im Gespräch mit dem Verfasser dieses Beitrages, im März 2018 139 Peterlini mit Bressa und dem heutige Staatspräsidenten Bressa und Peterlini kämpften gemeinsam Seite an Seite, wie auf einer „bicicletta“ (also einem Doppelfahrrad) nannten es die Italiener symbolisch, in jedem Stadtwinkel von Bozen und auf dem Lande. Mit ihnen auch - was viele nicht wissen - der damalige Abgeordnete Sergio Mattarella, der heutige Staatspräsident, der für die Margherita im Bündnis mit Ulivo-SVP im regionalen Wahlkreis kandidierte. Der Wahlkampf war hart. Peterlini erinnert sich an seinen ersten Wahlauftritt im Circolo Masetti in der Reschenstraße in Bozen: „Schon auf der engen, von Mauern abgegrenzten Gasse, die zum Saal führte, standen Fernsehkameras und Beobachter auf den Mauern. Der Saal war zum Bersten überfüllt. Einige Hunderte Personen warteten gespannt auf diesen für sie außerordentlichen Auftritt. Ein Deutscher, ein SVP-ler, in ihrem traditionell italienischen, roten Milieu. Ich solle auch zu den heißen Themen Schule, Proporz und Toponomastik Stellung nehmen, sagte man mir bei der Vorstellung. Als ich das Wort bekam, wurde es mäuschenstill. Man hätte eine Nadel auf den Boden fallen hören. Ich sprach alle heißen Themen an, die man im Einvernehmen und nicht gegeneinander lösen müsse. Ich blieb konsequent bei meiner Haltung. Ich sprach über die Alternativen für Südtirols Zukunft, aus der Vielfalt ein Problem und ein Gegeneinander zu machen, oder einen Reichtum der Sprachen und Kulturen für jeden, einen neuen Horizont… Nach langen, für mich ewigen, spannungsgeladenen Minuten brach endlich ein tosender Applaus los… Ich wusste, jetzt hab ich‘s geschaft“.4 4 140 Erinnerungen von Oskar Peterlini, ebenda Ein großer Sieg der Autonomie Die Botschaft schlug ein, Peterlini wurde mit ofenen Armen auch von den Italienern auf den Straßen und Plätzen aufgenommen, erstmals wurde ein deutscher Vertreter der SVP mit großem Konsens auch von den Italienern unterstützt. Ebenso setzte sich Gian Claudio Bressa auch bei den deutschsprachigen Boznern und Leiferern glänzend durch. Beide wurden gewählt, Peterlini mit 53.439 Stimmen und rund 55%, Bressa mit 37.574 und 49% aller Wählerstimmen.5 Auch im Trentino setzten sich zwei Senatoren des Bündnisses Ulivo-SVP durch, die Senatoren Mauro Betta und Renzo Michelini, sowie im regionalen Kammerwahlkreis der damalige Abgeordnete Sergio Mattarella. In der Kammer siegten die SVP Abgeordneten Siegfried Brugger, Hans Widmann und Karl Zeller. Im Tentino wurden die Abgeordneten Giovanni Kessler, Marco Boato, Luigi Olivieri, Giuseppe Detomas, alle im Zeichen Ulivo-SVP gewählt. Das war ein großer Sieg der Autonomie und des Zusammenlebens.6 In der Vergangenheit hatten sich die Südtiroler SVP-Parlamentarier traditionsgemäß der „Gemischten Gruppe“ in Kammer und Senat angeschlossen, für eine eigene Fraktion reichten die notwendigen Zahlen (20 Abgeordnete für die Kammer und zehn Senatoren im Senat) nicht aus. Das sollte ab 2001 im Senat anders werden. Die Südtiroler SVP-Senatoren waren erstmals wieder drei, Helga Thaler 5 Adami Gallo, Margit, Manuale dell’Alto Adige, Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Presseamt, Bozen, (S. 170-174), (2012) 6 Ministero dell’Interno, Archivio storico delle elezioni 141 Außerhofer, Luis Koler und Oskar Peterlini. Im Trentino waren über dasselbe Abkommen ebenfalls zwei Senatoren im Zeichen UlivoSVP, gewählt worden, Renzo Michelini und Mauro Betta. Zusammen waren sie schon fünf. Ihnen schloss sich der Vertreter der Autonomen Region Aosta, Augusto Rollandin der Union Valdôtaine an, womit nur mehr vier auf die Mindestzahl fehlten. Erstmals eine Autonomiefraktion in Rom Der entscheidende Schachzug zur Gründung einer eigenen Fraktion im Senat gelang der Senatorin Helga Thaler Außerhofer mit Unterstützung des langjährigen Ministerpräsidenten und Senators auf Lebenszeit Giulio Andreotti. Helga Thaler wörtlich: „Und da sitze ich auch schon in Andreottis Büro und schwärme von einer kleinen, überschaubaren Fraktion, die uns den nötigen Freiraum für unsere politische Arbeit bietet. (…) Dazu gehören vor allem die Verteidigung der Interessen der autonomen Provinzen, der Einsatz für den Föderalismus sowie die Förderung des europäischen Gedankens. Andreotti sieht mich interessiert an und sagt: Eine schöne Idee, das könnte funktionieren.“7 Neben einem Senator der Autonomen Region Sizilien (Giuseppe Ruvolo, der Christdemokratischen UDC) und einem aus Kampanien (Francesco Salzano, ebenfalls UDC) gewann Helga Thaler Senator 7 Daum, E./ Deluca, F./ Riccio, G., Gemeinsam für die Autonomie, (S. 116), 2018 142 Andreotti selbst, und mit ihm weitere Senatoren auf Lebenszeit, den FIAT-Unternehmer Giovanni Agnelli, und nach dessen Tod im Jahre 2003 den ehemaligen Staatspräsidenten Francesco Cossiga. Erstmals gab es seitdem eine eigene Autonomiegruppe im Senat mit neuem politischen Gewicht mit dem Status einer Fraktion: Sitz im wichtigen Kollegium der Fraktionssprecher, erweiterte Möglichkeiten zur Mitbestimmung, sowie erweiterte Rede - und Vertretungsrechte in den Kommissionen und im Plenum.8 Helga Thaler leitete die Autonomiegruppe von 2001 bis 2006. Zwischen Kammer und Senat wurde eine interparlamentarische Gruppe aller 14 Abgeordneten und Senatoren des Ulivo und der SVP aus der Region gegründet. Zu dessen Vorsitzenden wurde Oskar Peterlini gewählt. Die Gruppe traf sich regelmäßig zum Mittagessen im „Angoletto“. Im Parlament selbst war es allerdings keine leichte Zeit, nämlich in Opposition unter einer Berlusconi-Regierung. Trotzdem gelangen aufgrund der kompakten Gruppe viele Erfolge. Das Wahlgesetz macht es 2006 schwieriger Für einen Regierungswechsel in Rom entscheidend wurde das Wahljahr 2006, sei es für Südtirol als für Italien. Die Regierungsmehrheit Berlusconi hatte kurz zuvor, im Dezember 2005, das Wahlrecht geändert und das s.g. „Porcellum“ eingeführt. Damit sollte dem sich abzeichnenden Wahlsieg des Mitte-Links Bündnisses 8 Senato della Repubblica - Schede dei Gruppi storici 143 ein Prügel in den Weg gelegt werden, was tatsächlich gelang. Die Mehrheit im Senat konnte nur mehr äußerst knapp ausfallen, da die Mehrheitsprämie dem jeweiligen Gewinner in jeder Region zugeteilt wurde, was eine Mehrheitsbildung auf Staatsebene verhinderte. Was Südtirol betrift, wurde der Wahlkreis der Kammer Bozen Leifers abgeschaft. Bald wäre auch der Senats-Wahlkreis Bozen Unterland der Reform zum Opfer gefallen, wenn ihn nicht Oskar Peterlini mit Hilfe von Lega-Minister Roberto Calderoli und dem Hinweis auf die Maßnahme 111 des Paketes gerettet hätte. Da die Abgeordnetenkammer 2006 nach einem neuen Proporzsystem gewählt wurde, gab es keine Kammer-Wahlkreise mehr. Das wirkte sich indirekt auf die Senatswahlen in Südtirol aus, da es nicht mehr möglich war, eine gegenseitige Unterstützung zu vereinbaren, wie sie Mitte-Links und SVP 2001 erfolgreich angewandt hatten. Die SVP kandidierte 2006 für die Kammer in der ganzen Region alleine, ebenso wie in den zwei mehrheitlich deutschsprachigen Senatswahlkreisen Brixen/Pustertal und Meran/Vinschgau. Für den Senatswahlkreis Bozen Unterland schloss sie erneut ein Wahlbündnis ab, das sich aber wegen der mangelnden Möglichkeit eines Tausches schwieriger gestaltete. Das Mitte-Links-Bündnis führte diesmal Romano Prodi an, ein ofener Bekenner der Autonomie. Mit ihm schloss die SVP ein umfassendes Wahlbündnis ab, mit dem für Südtirol wesentliche autonome Zugeständnisse gesichert wurden. Dabei ging es auch um die vom „Porcellum“ vorgesehene Mehrheitsprämie. Das Wahlgesetz sicherte jener Wahlkoalition, die mehr Stimmen auf Staatsebene erhielt 54% der Sitze in der Abgeordnetenkammer zu. 144 Das Abkommen mit Prodi - ein umfassendes Paket Schon am 18. Jänner 2006 war die SVP-Spitze mit Romano Prodi zusammengetrofen und hatte ihm einen umfangreichen Forderungskatalog übergeben. Das Wahlabkommen gliederte sich in fünf Teile und sah eine Verankerung des Prinzips des Einvernehmens für Änderungen des Autonomiestatutes vor, den Übergang der Energie, zahlreiche Gesetzesänderungen und Durchführungsbestimmungen für eine erweiterte Autonomie, sowie mehr deutsches und ladinisches Fernsehen.9 Im Detail: Verfassungsreformen Anpassung des Autonomiestatutes an die Verfassungs-Reform von 2001 und an jene von 2005 (für den Fall, dass die s.g. „Devolution“ Reform das Referendum besteht). Dabei müsse jede Änderung Österreich mitgeteilt und mit Österreich abgesprochen werden, zusätzlich zum Einvernehmen mit den Provinzen Bozen und Trient. Für den Fall, dass die Reform von 2005 beim Referendum nicht bestätigt würde, müsse die darin vorgesehene Klausel wieder eingeführt werden, welche vorsieht, dass das Autonomiestatut nur im Einvernehmen zwischen Staat, Region und Provinzen abgeändert werden könne. Für die Berufung eines Landesrates von außen sollte die notwendige Mehrheit im Landtag, von zwei Dritteln auf die absolute Mehrheit reduziert werden. 9 Peterlini, Oskar, Minderheitenschutz und Wahlsysteme, (S. 205-206), 2012 145 Energie Die Verfallsfristen der Konzessionäre der Elektroenergie sollten in den Provinzen Bozen und Trient so reduziert werden, wie es im Legislativdekret 463/1999 vorgesehen war. Die Vorzugsrechte für die Lokalkörperschaften und für die alten Konzessionäre sollten abgeschaft, die anhängenden Verfahren beim Verfassungsgericht zurückgezogen werden. Ebenso sollte der Ministerpräsident ein Abkommen mit der ENEL für die Zentralen begünstigen, deren Konzession 2010 verfällt. Gesetzesänderungen Neben Änderungen des Finanzgesetzes 2006, verlangte die SVP einen Steuerföderalismus, der der Finanzautonomie des Landes Rechnung trägt, im Europa-Wahlgesetz einen eigenen Wahlkreis für Südtirol, für das nationale Wahlsystem die Einführung von Vorzugsstimmen und, im Falle einer Rückkehr zum alten Wahlgesetz, die Aufhebung der 4%-Sperr-Klausel für Minderheiten im Proporzwahlsystem, die Ratiizierung der Zusatzprotokolle zur Alpenkonvention und zum Madrider Abkommen sowie die Bestätigung der Delegierungen im Bereich des Außenhandels. Durchführungsbestimmungen Die SVP verlangte eine Reihe von neuen Durchführungs-Bestimmungen zum Übergang von ANAS-Häusern, des Musik-Konservatoriums von Trient und Bozen, fürs Verwaltungsgericht, zur Einführung von Prüfungen in zwei Sprachen bei Wettbewerben, für eine ladinische Identitätskarte, für eine unabhängige Verwaltung der Abfertigung der Angestellten der lokalen Körperschaften, für 146 die Gesundheitsbetreuung in den Haftanstalten, für die Gesundheitskontrollen bei den Lebensmitteleinfuhren, für die Ergänzungsvorsorge der Staatsangestellten und für die Teilnahme des Landeshauptmannes bei den Ministerratssitzungen. Deutsches und ladinisches Fernsehen Erhöhung der ladinischen Fernsehzeiten und Verstärkung des RAI-Senders Bozen in deutscher und ladinischer Sprache. Das Wahlabkommen auf lokaler Ebene Zusätzlich zum Abkommen mit Prodi, wurde auf lokaler Ebene - in Ermangelung eines direkten Abkommens zugunsten gegenseitiger Unterstützung in den Wahlkreisen (da es den Kammerwahlkreis nicht mehr gab) - am 21. Februar 2006 eine Vereinbarung zwischen den Parteien der Unione, der SVP und des Partito Autonomista Trentino Tirolese (PATT) getrofen. Man einigte sich nach langen Verhandlungen auf eine gemeinsame Plattform für die Entwicklung der Autonomie. Auch beschloss man, die politischen Wahlen gemeinsam anzugehen, um eine stärkere Vertretung der Autonomie im Parlament zu erzielen.10 Man verplichtete sich im Dokument, nach der Parlamentswahl vom 9. und 10. April 2006 einen politischen Gesprächstisch einzurichten, der einen Vorschlag für die Aktualisierung des Autonomiestatutes Trentino-Südtirols vorbereiten sollte. Das Statut sollte an die verschiedenen Verfassungs-Reformen, an die 10 Peterlini, Oskar, Minderheitenschutz und Wahlsysteme, (S. 208-209), 2012 147 kulturelle Entwicklung und an die veränderte, wirtschaftliche, soziale Lage angepasst werden. Für den Fall, dass das Referendum die Verfassungs-Reform von Mitte-Rechts zu Fall bringen würde (was dann tatsächlich geschah), vereinbarten die Parteien, den Grundsatz des Einvernehmens zwischen Staat, Regionen und Ländern für die Änderungen des Autonomiestatutes verfassungsrechtlich zu verankern. Die Verfassungs-Reform von 2001 mache eine Überarbeitung der Beziehungen zwischen Staat, Regionen und den autonomen Provinzen erforderlich. Dabei sollten auch die Regierungsregeln und die Garantieverfahren für die Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden. Die Aktualisierung der Autonomie sollte im Besonderen den folgenden Grundsätzen Rechnung tragen: Der in der Verfassung neu verankerte Grundsatz der Subsidiarität müsse auch auf die Autonomie Anwendung inden, um die Beteiligung der Bürger und der Bürgervereinigungen zu ermöglichen. Den Gemeinden falle eine besondere Rolle zu, die durch eine entsprechende Finanzierung und durch Garantien ausgebaut werden sollte. Für die Region sollte - in Abstimmung zwischen den beiden autonomen Provinzen und bei Wahrung ihrer Zuständigkeiten eine Rolle in überprovinziellen Fragen gefunden werden. Die im Autonomiestatut vorgesehenen Garantien sollten bestätigt werden, allerdings sollten in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der EU folgende Aspekte in Angrif genommen werden: Die Zweisprachigkeit und ihr Nachweis, die Rolle der Schule und die Verstärkung der Schulautonomie, die Bestätigung des Proporzgrundsatzes mit dem Ziel, die Präsenz aller Sprachgruppen 148 auf allen Ebenen zu gewährleisten und auch die Frage der Eignung zu berücksichtigen, sowie das Wahlrecht der Neuansässigen zu überprüfen. Die Finanzierung Alpenkonvention der ratiiziert Autonomie und die sollte gesichert, Madrider die Konvention umgesetzt werden. Es sollten Durchführungsbestimmungen im Bereich der Energie, sowie die Berücksichtigung der Minderheiten in den Wahlgesetzen erlassen werden. Für das nationale Wahlrecht sollten, neben den sprachlichen Minderheiten, die Frauenquote und die Vorzugsstimmen gewährleistet werden. Fürs EuropaWahlgesetz zielte man auf einen eigenen Wahlkreis oder zumindest auf eine Vorzugsklausel ab. Die neue Autonomiegruppe im Senat 2006 Die Unione von Prodi umfasste 2006 alle Mitte-Linksparteien und war viel breiter angelegt als noch 2001 der Ulivo. Auch die Grünen und die Linksparteien waren mit dabei. Entsprechend groß war auch der Erfolg der Koalition bei den Wahlen im Senat. Oskar Peterlini erhielt im Zeichen Unione-SVP rund 57.000 Stimmen, 58% aller Stimmen im schwierigen Wahlkreis BozenUnterland, und das, obwohl auch eine deutsche Oppositionspartei in Konkurrenz zur SVP kandidierte, nämlich die Freiheitlichen, die 2,73% der Stimmen erzielten. Peterlini eroberte damit zum zweiten Mal diesen Wahlkreis und ließ die Rechte (Casa delle Libertà) weit hinter sich, die sich mit 34% der Stimmen begnügen musste. Von den 58% der Stimmen des Bündnisses SVP-Unione 149 im Senatswahlkreis Bozen Unterland, können rund 30% den SVP Wählern zugeteilt werden und die restlichen 28% den Mitte-LinksParteien. Im gleichen Wahlbündnis wurden zwei Unione-SVP Senatoren, Giorgio Tonini und Claudio Molinari, im Trentino gewählt. Siegreich gingen auch die Südtiroler Kammerabgeordneten der SVP hervor, Siegfried Brugger, Hans Widmann und Karl Zeller, sowie die Senatoren Helga Thaler und Manfred Pinzger.11 Im Senat bemühten sich die SVP-Senatoren um eine Neuaulage der Autonomiegruppe, wie sie erstmals unter Senatorin Helga Thaler im Jahre 2001 entstanden war. Zu den aus Südtirol gewählten Senatoren Peterlini, Thaler und Pinzger, gesellten sich die SVP-Unione Senatoren Giorgio Tonini und Claudio Molinari aus dem Trentino, sowie der Aostaner Claudio Perrin (Autonomie Liberté Démocratie, ALD). Nach einigen Tagen in der gemischten Gruppe gelang es Peterlini weitere vier Senatoren zu gewinnen, die für die Mindestzahl einer Gruppe notwendig waren. Am 18. Mai 2006 konnte Peterlini die Gruppe gründen und dem Präsidium melden. Peterlini wurde zum Fraktionsvorsitzenden gewählt. Die Gruppe setzte sich demnach folgendermaßen zusammen: Vorsitzender: Oskar Peterlini Mitglieder Bosone Daniele; Fazio Bartolo (tritt Am 29. Mai 2007 der Gruppe bei und ersetzt Accursio Montalbano); Molinari Claudio; 11 Adami Gallo, Margit, Manuale dell’Alto Adige, (S. 175-177), Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Presseamt, Bozen, 2012 150 Negri Magda; Perrin Carlo; Pinzger Manfred; Rubinato Simonetta; Thaler Außerhofer Helga; Tonini Giorgio. Die meisten kamen aus Autonomen Regionen. Aber alle Mitglieder verfolgten, unabhängig von ihrer Herkunft, gemeinsam das Ziel die Autonomien zu stärken und für eine Föderalisierung des Staates einzutreten. Der Fraktionsvorsitzende Oskar Peterlini führte bei der Vertrauensabstimmung zur Regierung Prodi im Senat, am 19. Mai 2006, neben den Themen Umwelt, Wirtschaft und Soziales, die ihm am Herzen lagen, in seiner Erklärung zur Stimmabgabe Folgendes aus: „Die Autonomiegruppe steht für ein erfolgreiches Modell der Selbstverwaltung, für eine Politik, welche die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Gemeinden ernst nimmt, für die Verteidigung der sprachlichen Minderheiten, der Sonderautonomien, für einen echten Föderalismus und mehr Finanzautonomie für alle Regionen und lokalen Körperschaften.“12 Senatorin Helga Thaler Außerhofer, nahm in der Generaldebatte zur Regierungserklärung von Romano Prodi Stellung. Sie betonte vor allem die Notwendigkeit der Familienförderung, der Steuerentlastung, der Gleichberechtigung der Geschlechter, der Berufsausbildung, der Unterstützung der Klein und Mittelbetreibe und kam auch auf die Autonomie zu sprechen: „In der Regierung, der Sie 1996 vorstanden, haben wir förm- 12 Senato della Repubblica, Wortprotokoll der Sitzung vom 19.Mai 2006, (S. 49), Übersetzung aus der Pressemitteilung der Autonomiegruppe in Bonell Beatrix e Salvo Carmelo: Pressemitteilungen-Comunicati stampa XV Legislaturperiode, 2006-08, 2008 151 lich mit der Hand Ihren Einsatz für die sprachlichen Minderheiten und die dynamische Entwicklung unserer Autonomie berührt. Leider hat die Regierung, die Ihnen vorausgegangen ist (Berlusconi, Anmerkung des Verfassers), im Gegenteil, nicht entsprechende Sensibilität gezeigt und die paritätische Kommission hat in fünf Jahren keine nennenswerten Dokumente in diesem Sinne erbracht. Wir erwarten uns und vertrauen darauf, dass der Prozess der Entwicklung und dynamischen Fortschreibung der Autonomie wieder in Gang gesetzt wird, indem mehr Kompetenzen und Verantwortung den Regionen, Provinzen und örtlichen Körperschaften übertragen werden.13 In seiner Replik betonte Ministerpräsident Romano Prodi ausdrücklich die sprachlichen Minderheiten und hob die Sonderautonomien hervor: „Ich möchte mich auch - ich habe es am Anfang nicht getan, weil ich es in ausdrücklicher Weise jetzt tun will - für die Stellungnahme derjenigen bedanken, die die sprachlichen Minderheiten des Landes vertreten, deren Schutz wir eine extreme Bedeutung beimessen. Wir haben immer für eine dynamische Entwicklung der Sonderautonomien gearbeitet, gerade weil das Teil unserer politischen Kultur ist, unseres Verständnisses von Pluralismus in unserer Demokratie.“14 13 Senato della Repubblica - Übersetzung des Verfassers, Wortprotokoll der Sitzung vom 19. Mai 2006 (S. 16-17) 14 Senato della Repubblica - Übersetzung des Verfassers, Wortprotokoll der Sitzung vom 19. Mai 2006 (S. 41) 152 Prodi hatte die Wahl gewonnen, aber… Das erwähnte, neue Wahlgesetz, führte zur absurden Situation, dass Italien fast unregierbar wurde. Der Vater dieses Gesetzesentwurfes, der damalige Regionen - und Reformen-Minister Roberto Calderoli von der Lega Nord, bezeichnete sein eigenes Werk in aller Öfentlichkeit als „porcata“, zu Deutsch als „Schweinerei“. Die Absicht war allzu deutlich: Entweder noch knapp die Wahlen zu gewinnen oder eine Situation der Unregierbarkeit für den Nachfolger zu hinterlassen, frei nach dem Motto „nach mir die Sintlut“. Und genau das ist eingetreten: Romani Prodi gewann im April 2006, wenn auch knapp, die Parlamentswahlen und wurde Ministerpräsident. Tatsächlich konnte er in der Abgeordnetenkammer auf eine satte Mehrheit von 340 von 630 Abgeordneten zählen. Dazu kommen noch die meisten (acht) der zwölf Abgeordneten der Auslandswahlkreise und ein Abgeordneter aus dem Aostatal, während der Opposition per Gesetz 277 Sitze zugeteilt wurden. Das damalige Wahlsystem sah nämlich vor, dass der gewinnenden Koalition, auch wenn sie weniger Sitze erreichen würde, auf jeden Fall 55%, also 340 Sitze in der Kammer vorbehalten werden müssen. Anders ist es im Senat.15 15 Ministero dell’Interno, Archivio storico delle elezioni 153 Der Mehrheits-Bonus nach unterschiedlichen Kriterien Der Mehrheitsbonus, der in der Abgeordnetenkammer auf gesamtstaatlicher Ebene vergeben wird, um die Stabilität der Abgeordnetenkammer und die Regierungsfähigkeit zu gewährleisten, wurde für den Senat auf regionaler Ebene verteilt. Abgesehen von den autonomen Regionen Trentino-Südtirol und Aosta, in denen - aufgrund der Autonomie - das vorherige Mehrheitswahlrecht mit Wahlkreisen erhalten werden konnte, wurde der Senat 2006 in Italien nach dem Proporzsystem gewählt. In jeder Region wurde der jeweils dort gewinnenden Mehrheit (und nicht jener, die auf staatlicher Ebene gewonnen hat) der Mehrheitsbonus zugeteilt, nämlich jeweils 55% der der Region zugeteilten Sitze. Somit ist das eingetreten, was vor den Wahlen beabsichtig bzw. befürchtet worden war: Die Regierung Prodi verfügte über eine Mehrheit von zwei gewählten Senatoren, von denen einer schon am Anfang absprang (Sergio De Gregorio) und erst später mit einem Neuzugang (Ex-Sekretär der Christ-Demokratischen UDC Marco Follini) wettgemacht werden konnte. Dazu kamen – mit entsprechender Kritik seitens der Opposition – vier von den damaligen sieben Senatoren auf Lebenszeit, die allerdings aufgrund des hohen Alters nur zu den wichtigsten Abstimmungen kommen können: Der Jüngste, der ehemaligen Staatspräsidenten Francesco Cossiga war 78, die Nobelpreisträgerin Rita Levi Montalcini, die Älteste 98. Das Durchschnittsalter lag bei 87 Jahren.16 16 154 Senato della Repubblica - Schede dei Gruppi storici Die Stolpersteine im Senat Was die knappe Mehrheit im Senat bedeutet, kann man sich kaum vorstellen. Sie verlangte in erster Linie eine absolute Anwesenheitsplicht während der Sitzungen. Um die Beschlussfähigkeit in Frage zu stellen, genügen zwölf Senatoren bzw. 15 Senatoren, um eine namentliche Abstimmung auf elektronischem Wege zu verlangen. Peterlini erinnert sich: „Die Anwesenheit zu gewährleisten klingt zwar selbstverständlich, ist aber nicht so einfach. Bei über 300 Personen können natürlicherweise manche krank sein. Außerdem nimmt Italien mit eigenen Parlamentarier-Delegationen am Europarat, an der NATO, an der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und anderen internationalen Gremien teil. Diese Abwesenheiten sind zwar entschuldigt, stellen aber jedes Mal die Mehrheit infrage, wenn sie nicht durch entsprechende Abwesenheiten der Opposition ausgeglichen werden. Die knappe Mehrheit bedeutet, dass man auch nicht kurzweilig wegen physischer Bedürfnisse austreten darf, ohne dass man riskiert, die Regierung zu stürzen. Aus dieser Sicht ist es einem Wunder und einer stählernen Disziplin der MitteLinks-Mehrheit von Prodi zuzuschreiben, dass die Regierung trotz täglicher Stolpersteine neun Monate durchstehen konnte“.17 Erst nach neun Monaten brach die erste Regierungskrise aus, als zwei Senatoren der Mehrheit den Afghanistaneinsatz 17 Peterlini, Oskar, Föderalistische Entwicklung und Verfassungsreform in Italien, (S. 4), 2007 155 der italienischen Friedenstruppen nicht mittrugen. Peterlini kommentierte das in lebendiger Form folgendermaßen: „Aus dieser dramatischen Situation ergaben sich der Vorteil und der Nachteil, dass jeder Senator ein entsprechend großes Gewicht hat, und dass auch wir drei Senatoren aus Südtirol eine Vorzugsposition einnehmen, wie vorher niemals in der Geschichte. Tatsächlich konnten wir von der Regierung Prodi, die uns schon vor den Wahlen positiv gesinnt war, wichtige Zuständigkeiten für unser Land erzielen. Allerdings bedeutet diese Position auch, dass man oft Gefangener der knappen Mehrheit ist, weil man ja nicht bei jeder Diferenz die Regierung infrage stellen kann. Umgekehrt führt die knappe Situation auch dazu, dass kleine Gruppen innerhalb der Mehrheit ihre Position ausnützen und die Regierung unter Druck setzen.“18 Die Regierung stürzte im Senat (am Aschermittwoch den 21.2.2007) über ihre Resolution zur Außenpolitik mit folgendem Stimmenergebnis: 158 Ja (also für die Resolution der Regierung), 136 Nein und 24 Enthaltungen. In jedem anderen demokratischen System wäre das eine klare Unterstützung für die Regierung gewesen, nicht so im italienischen Senat. Dort zählten de facto die Enthaltungen zu den Nein-Stimmen, weil jeweils die absolute Mehrheit (also in diesem Falle 160 Ja-Stimmen) notwendig war. Die Regierung rettete sich dann bei der daraufolgenden Vertrauensabstimmung am 28. Februar 2007, bei der sie 162 JaStimmen gegen 157 Nein-Stimmen erhielt. 18 156 Peterlini, Oskar, Minderheitenschutz und Wahlsysteme, (S. 4), 2007 Der Fall der Regierung Prodi Die Arbeit in der Regierungszeit von Minister-Präsident Romano Prodi, war von seinem Bemühen geprägt, einen (für seine Regierung lebensnotwendigen) Kompromiss mit allen kleinen Parteien der Koalition zu inden. Aber in der Zwischenzeit änderte sich die Lage. Am 14. Oktober 2007 entstand als Zusammenschluss der Parteien Democratici di Sinistra (DS) und der Margherita (einer Nachfolgepartei der DC), der Partito Democratico (PD), der nur einen Teil der Unione-Parteien umfasste. Im November 2007 stellte der neu gewählte Sekretär des PD, Walter Veltroni, die Grundsätze eines kombinierten Wahlsystems vor, das sich an das deutsche und das spanische Modell anlehnte. Es schien fast so, als hätte Veltroni über die Grundsätze eines neuen Wahlgesetzes ein Einvernehmen mit dem damaligen Oppositionsführer Silvio Berlusconi getrofen. Der Präsident des Verfassungs-Ausschusses im Senat, Enzo Bianco, legte einen entsprechenden Basistext vor. Die kleinen Parteien allerdings sahen sich in ihrer Existenz bedroht und rebellierten dagegen. Die SVP-Parteileitung verlangte eine Sonderregelung für Südtirol. Als Präsidiumsmitglied im Verfassungs-Ausschusses im Senat, wo das Gesetz anstand, setzte der Vorsitzende der Autonomiegruppe, Peterlini, die SVP-Abänderungen durch. Statt einzelner Sonderbestimmungen und Ausnahmen, wurde für Trentino-Südtirol das kombinierte System von 1993, das Mattarellum, vorgesehen, das sich bei den Parlamentswahlen 2001 bewährt hatte: Für den Senat, die Bestätigung der sechs Wahlkreise, drei in Südtirol und drei im Trentino, im Majorz-System und einen regionalen Proporzsitz. 157 Für die Kammerwahl acht Wahlkreise, vier in Südtirol und vier im Trentino nach dem Majorz-System und die restlichen zwei Sitze im Proporz. Ebenso war vorgesehen worden, die Listen von sprachlichen Minderheiten von der Prozenthürde auszunehmen.19 Aber das große Ziel der Reform war es, die Parteien-Landschaft in Italien zu vereinfachen. Auch sollte die Wahlhürde hinaufgesetzt werden. Damit wurde es für die kleinen Parteien eng. Es war zu erwarten, dass diese nicht freiwillig von der Bildläche weggelöscht werden wollten. Wie explosiv die Wahlmaterie ist und wie sehr sie imstande ist, Regierungen zu sprengen, daran erinnerte Romano Prodi Jahre später: „An dem Tag, an dem Veltroni verkündete ‘an den Wahlen treten wir alleine an’, kam Mastella zum Chigi-Palast und sagte schreiend zu mir: Wenn ihr mich beseitigen wollt, werde ich euch beseitigen!”20 Minister Clemente Mastella (UDEUR) trat (mit zwei seiner drei Senatoren) aus der Regierungsmehrheit aus und kündigte an, der Regierung Prodi wegen mangelnder Solidarität das Vertrauen zu entziehen. Die Regierung Prodi stürzte bei der daraufhin anberaumten Vertrauensfrage am 24. Jänner 2008 im Senat, diesmal endgültig. Das Parlament wurde daraufhin schon nach zwei Jahren nach seiner Wahl aufgelöst. 19 Peterlini, Oskar, Minderheitenschutz und Wahlsysteme, (S. 244-245), 2012 20 158 La Stampa, 6.10.2010 Erfolge der Autonomiegruppe trotz knapper Zeit Trotz der kurzen Zeit der Legislaturperiode konnten die Südtiroler Vertreter und die Autonomiegruppe im Senat die wesentlichen Vorhaben durchsetzen, so z.B. • eine Reihe von Durchführungsbestimmungen und Gesetzen zur Verbesserung der Autonomie, • Fortschritte für den Brennerbasistunnel, • die endgültige Verlegung der Zulaufstrecke Süd im Unterland in den Tunnel, • eine Steuerbefreiung für Eigentumsübertragungen zwischen Geschwistern und bei Erbschaften von Familienbetrieben, • die Südtirol-Marke und deren einsprachige Verwendung, • die Sozial-Versicherung für Tagesmütter, • Erleichterungen bei Steuern für Unternehmen (wie Betriebskennzahlen, Steuerkontrollen, Betriebsschließungen) und für die Plege von Alten und Behinderten, • Maßnahmen für den FC-Südtirol, für den Qualitätsschutz des Weines, • Anerkennung der Berufsschule für die Schulplicht, • Unterstützung der Minderheiten Zeitungen und Radios, • Sonderinanzierung für das Finanz- und Justizzentrum in Bozen. • Der größte Erfolg für Südtirol, der SVP und der Mitte-LinksKoalitionspartnern, war die Heimführung der Energie. 159 Die erzielten Durchführungsbestimmungen 2006-2007 • Nr. 178, 04.04.2006 - Schutz der ladinischen Bevölkerung in der Provinz Trient • Nr. 177, 04.04.2006 - Übergabe von Gütern der Straßendomäne • Nr. 176, 04.04.2006 - Gütern der Straßendomäne • Nr. 168, 12.04.2006 Hygiene- und Gesundheitskontrollen von Importwaren und auf dem Sachgebiet der Gesundheitsfürsorge in den Strafanstalten • Nr. 196, 18.04.2006 - Grund- und Gebäudekataster • Nr. 250, 25.07.2006 - Akademie der schönen Künste, der Konservatorien und der gleichgestellten Musikschulen in der Provinz Trient • Nr. 245, 25.07.2006 - Akademie der schönen Künste, der Konservatorien und der gleichgestellten Musikschulen in der Provinz Bozen • Nr. 289, 07.11.2006 - Konzessionen von Großableitungen zur Erzeugung von Elektroenergie • Nr. 83, 21.05.2007 - Grund - und Gebäudekataster Einsatz für Frieden, Umwelt und Soziales In seiner parlamentarischen Arbeit in Rom, von 2001 bis 2013, spannte Peterlini den Bogen etwas weiter als für Südtiroler Vertreter üblich, und setzte sich auch für den Frieden in der Welt, soziale Anliegen und die Umwelt ein, neben den Autonomiefragen, die es immer wieder abzusichern galt. Er stimmte mit Überzeugung ge- 160 gen alle Kriegseinsätze, die - wie sich herausstellt - nur Unheil und Elend für die Menschen brachten, und eine Kluft zwischen der arabischen Welt und dem Western aufrissen. Diese haben - so beklagt er - zu Hass, Terror und weiteren Kriegen, und zur Flüchtlingswelle geführt. Besonderes Augenmerk schenkte er dem Finanzsystem, das wegen der Spekulationen der Weltinanz die jüngsten Wirtschaftskrisen auslöste, die die Bürger auslöfeln müssen. Seine Vorschläge für eine neue „Bretton woods“, eine Konferenz zur Neuordnung der Finanzmärkte und der Trennung der Geschäftsbanken von den spekulativen Finanzinstituten, nach dem Muster des US-Glass– Steagall Acts, fanden große Beachtung über die Grenzen Italiens hinaus. Große Solidarität quer durch die Parteien fanden auch seine Bemühungen, die direkte Demokratie zu stärken und im Speziellen das Quorum für die Gültigkeit von Referenden zu streichen. Helga Thaler Quästorin des Senates Der Senatorin Helga Thaler wurde das hohe Amt einer Quästorin des Senates anvertraut, das erste und einzige Mal für einen Südtiroler. Damit wirkte sie an der Organisation des Senates mit und konnte eine Reihe von Einsparungen durchsetzen. Ihr Einsatz galt neben der Autonomie, der Familie, den Frauen, den Klein- und Mittelbetrieben. Steuerentlastungen setze sie ebenfalls mit Erfolg durch wie Begünstigungen für die Musikgruppen. Als Mitglied der Finanzkommission gestaltete sie an den Schwerpunkten der Haushaltspolitik mit. 161 Manfred Pinzger in der Wirtschaftskommission Senator Manfred Pinzger sammelte seine erste parlamentarische Erfahrung. Er iel schon bald für seinen Einsatz, mit bester Präsenz in der Aula, und sein Wirken für die Wirtschaft, für die Klein- und Mittelbetriebe auf. Besonders im Bereich des Tourismus brachte er wertvolle Erfahrungen ein. Er wurde Mitglied der GesetzgebungsKommission für Industrie, Handel und Tourismus, an der er an allen Gesetzen dieser Bereiche mitwirken konnte. Sei es in der Kommission als auch in der Aula machte er Vorschläge und Anträge, um den Fremdenverkehr in Schwung zu bringen und die Betriebe zu unterstützen. In der daraufolgenden Legislaturperiode wurde Pinzger stellvertretender Vorsitzender der Autonomiegruppe zusammen mit der Christlich Demokratischen Union des UDC. Berufs-Matura, Universität und Alpenkonvention Südtirol verdankt Peterlini die gesetzliche Verankerung der „Berufs-Matura“. Jahrelang war das Thema von der Südtiroler Landesregierung verfolgt, aber nie durchgesetzt worden. Diese öfnet den Berufsschulabsolventen den Weg nach oben. Auch setzte er durch, dass die Berufsschule für die Erfüllung der Schulplicht anerkannt wird. Dafür wurde er vom Südtiroler Handwerkerverband bei dessen Landesversammlung öfentlich ausgezeichnet. Wichtig waren ihm auch die Verbesserungen für die Universität Bozen und deren Internationalisierung und die Erweiterungen der Möglichkeiten für die Zusatzrenten, die er in 162 den Kommissionen durchsetzen konnte. Jahrzehntelang war es im Parlament nicht gelungen das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention zu ratiizieren, das Südtirol und die Alpen vor weiteren Transitstrecken schützen soll. Das gelang Peterlini mit Unterstützung des Präsidenten des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Lamberto Dini, den er dafür gewinnen konnte. Alpenverein und Umweltverbände dankten ihm öfentlich dafür. Energie für Südtirol, Brennerbahn im Berg Energie für Südtirol war das wichtigste Anliegen wirtschaftlicher Art. Entscheidend dafür war, die alten staatlichen Konzessionen zu verkürzen. Das Vorhaben scheiterte zunächst in der Kammer. Dank seiner guten Beziehungen zu Ministerpräsident Romano Prodi iel der entscheidende Schlag am 14. Februar 2007 im Senat, trotz äußerst knapper Mehrheiten und heftigen Polemiken, in einer Kampfabstimmung direkt in der Aula. Die Untertunnelung der neuen Brennerbahn im Unterland und die Umfahrung Bozen lagen ihm besonders am Herzen, um eine zukünftige schwere Lärmbelästigung für die Bevölkerung zu vermeiden. Im jahrelangen gemeinsamen Bemühen ist nun die Trassenführung im Berg abgesichert. 163 Unternehmensgericht und Südtirol-Marke, Steuererleichterungen Das Unternehmensgericht konnte Peterlini von Venedig nach Bozen verlegen, ein alter Wunsch der Handelskammer. Die Südtirol-Marke sollte laut dem Willen der Regierung nur in der zweisprachigen Form eingesetzt werden. Peterlini setzte die Verwendung derselben auch in Deutsch oder Italienisch, je nach Opportunität und Märkten, durch. Unter seiner Führung erlangte die Autonomiegruppe im Senat auch eine Steuerbefreiung für Eigentumsübertragungen zwischen Geschwistern und bei Vererbung von Familienbetrieben, die Versicherung für Tagesmütter, Erleichterungen bei Steuern für die Plege von Alten und Behinderten. Schutzklauseln für die Minderheiten und die Autonomie Auch galt es wichtige Ausnahmen für Südtirol in der Schulreform durchzusetzen, viele Schutzklauseln für die Autonomie in den Gesetzen und der geplanten Verfassungsreform, Sonderregeln in den Wahlgesetzen, weiters Maßnahmen für den FC-Südtirol, die Verlegung seines Sitzes nach Bozen, die Finanzierung des Vorprojektes, für das Stadium, das in Leifers errichtet werden sollte, eine kräftige Finanzspritze für die Errichtung der Gerichtsund Finanzpole in Bozen, Schutzmaßnahmen für die Qualität des heimischen Weines gegen unlauteren Wettbewerb. Vieles gelang den Mitgliedern der Autonomiegruppe vor allem in den Kommissionen. 164 Der erfolgreiche Kampf um die Energie „Alteri bella gerant, andere führen Kriege für die Energie“, sagte Senator Oskar Peterlini bei einer Tagung über die lokale Energieversorgung in Bozen, die im Dezember 2009 von der Fachgewerkschaft für Energie FLAEI veranstaltet wurde. „Wir haben die Energie friedlich errungen.“ Seit 2010 sind die alten Enel- und Edison Konzessionen verfallen. Der Weg für eine eigene Energiepolitik war frei. Der entscheidende Durchbruch gelang im Senat, betonte der Moderator Mirko Marchiodi. Die Veranstalter hatten deshalb Senator Peterlini gebeten, die dramatischen Ereignisse in Erinnerung zu rufen. Anhand der Gesetze und des Sitzungs-Protokolls beleuchtete er die spannendsten Momente. Bis zu Letzt war alles ofen. Nach dem Scheitern in der Abgeordnetenkammer gelang der entscheidende Durchbruch direkt in der Aula des Senates. Mit dem Antrag 6.44 von Senator Peterlini und seiner Autonomiegruppe im Februar 2007 wurde der Weg geebnet und der Verfallstermin der alten Konzessionen vorverlegt. Der Weg für eine autonome Energiepolitik Südtirols war lang und von vielen Rückschlägen gezeichnet. Wie kam es zum Durchbruch? Die Durchführungsbestimmungen zur Autonomie von 1977 (DPR 235/1977) sehen vor, dass die Funktionen im Bereich der Energie vom Staat an das Land delegiert werden. Im Jahre 2006 (Leg. Dekret 289/2006) wurde die Zuständigkeit weiter verstärkt und ausdrücklich auf die großen Wasserableitungen bezogen. Die alten Wasserkonzessionen von Enel und Edison aber dauerten bis zum Jahre 2030. Das bedeutete, dass man eine Generation lang 165 hätte warten müssen, um den Weg für Neuausschreibungen und damit für eine autonome Energiepolitik zu ermöglichen. Die erste Regierung Prodi kam deshalb dem Ersuchen des Landes nach und verkürzte (aufgrund des sogenannten Bersani- Dekretes mit Leg. Dekret 463/1999) den Termin auf 2010. Obwohl daraufhin die ersten Ausschreibungen erfolgten, hat die Regierung Berlusconi im Dezember 2005 mit einem Handstreich, im Finanzgesetz 2006 (Gesetz 266/2005) die alten Konzessionen um weitere zehn Jahre auf 2020 verlängert. Die autonome Energiepolitik rückte wiederum in weite Ferne. Dann gelang dem Südtiroler Senator Oskar Peterlini im Senat der entscheidende Durchbruch. Senator Peterlini, damals Fraktionschef der Autonomiegruppe, legte zum jährlichen Terminverschiebungsgesetz „Mille Proroghe“ (S.1293, Umwandlung des Gesetzes-Dekretes 300/2006) am 14. Februar 2007 in der Aula des Senates einen Abänderungsantrag vor (6.44 Peterlini u.a.), für den er neben den Südtiroler Senatoren Helga Thaler und Manfred Pinzger auch die Trentiner Senatoren Claudio Molinari, Giorgio Tonini und Sergio Divina gewinnen konnte, obwohl Letzterer bei der Opposition (Lega) war, sowie weitere Senatoren der Autonomiegruppe. Mit dem Abänderungsantrag der Autonomiegruppe sollte der Termin für den Verfall der alten Konzessionen wieder auf 2010 vorverlegt werden. Die gleichlautenden Versuche der Südtiroler Abgeordneten in der Kammer waren dort fehlgeschlagen und nicht zugelassen und auch im Verfassungsausschuss des Senates abgelehnt worden. Der Kampf spielte sich in der Aula des Senates ab, wo Peterlini den Antrag der Autonomiegruppe vorlegte. Es gab eine heftige Debatte, in der, Dutzende von Senatoren und alle Oppositionsparteien (FI, 166 AN, UDC und Lega) teils sehr heftig Stellung nahmen. Man warf Peterlini vor, die Norm sei von der Regierung erpresst worden. In Wirklichkeit stand die Zusage im Abkommen der SVP mit dem Ministerpräsidenten Prodi. Einige Redner befürchteten sogar den Zusammenbruch der Aktienwerte und Strafmaßnahmen der EU. Trotz der hauchdünnen Mehrheit der damaligen MittelinksKoalition gelang der Durchbruch in der Aula des Senates. Der anwesende Regierungsvertreter, der Staatssekretär für die Beziehungen zum Parlament, Giampaolo D’Andrea, bekräftigte kurz vor der Abstimmung (auf die zweifelnde Rückfrage des Präsidenten Franco Marini) das positive Gutachten der Regierung. So gelang der entscheidende Durchbruch für eine autonome Energiepolitik für Südtirol. Der FI-Senator Mario Ferrara verlangte die namentliche elektronische Abstimmung. Die Opposition beteiligte sich nicht an der Abstimmung, in der Hofnung, bei der hauchdünnen Mehrheit der Mitte-Linkskoalition den Antrag Peterlinis wegen mangelnder Beschlussfähigkeit zu Fall zu bringen. Das Unterfangen scheiterte. Der Antrag wurde genehmigt: Von den 173 Anwesenden stimmten nur 141 ab (Mitte-Links und Francesco Storace, La Destra). Von diesen stimmten 139 Senatoren dafür, einer (Sen. Storace, der nicht dem Boykott folgte) dagegen, Nello Formisano (IdV) enthielt sich der Stimme.21 Damit war der Durchbruch gelungen und der Weg für eine autonome Energiepolitik in Südtirol und im Trentino geöfnet. 21 Beltrami, Elena, Autonome Energiepolitik: Wie der Durchbruch gelang, Pressemitteilung der Cisl, 2009 167 Der Abänderungsantrag Nr. 6.44: Peterlini, Thaler Außerhofer, Pinzger, Perrin, Bosone, Molinari, Montalbano, Negri, Rubinato, Tonini, Divina Genehmigt Nach dem Absatz 7-bis, folgenden Absatz einfügen: «7-ter. In den Autonomen Provinzen Bozen und Trient wird die Verlängerung der Konzessionen nicht angewandt, welche mit Art. 1, Absatz 485, des Gesetzes vom 23. Dezember 2005, Nr. 266 verfügt wurde. Die Konzessionen gemäß Absatz 15 des Art. 1-bis des Dekretes des Präsidenten der Republik vom 26. März 1977, Nr. 235, verfallen am 31. Dezember 2010 und die Konzessionen die nicht unter den Art. 15 fallen, verfallen gemäß den darin vorgesehenen Terminen». Erster großer Sieg von Sen. Oskar Peterlini und Kammer-Abg. Gianclaudio Bressa im Zeichen Ulivo-SVP 168 Bibliograia Adami Gallo Margit Manuale dell’Alto Adige, Provincia Autonoma di Bolzano, Uicio Stampa, Bolzano, 2012 Beltrami Elena Autonome Energiepolitik: Wie der Durchbruch gelang, Pressemitteilung der Cisl - Federazione Lavoratori Aziende Elettriche Italiane (Flaei), Südtirol vom 5.12.2009 Daum Eberhard, Deluca Francesca, Riccio Giancarlo Gemeinsam für die Autonomie, Edition Raetia, Bozen, 2018 Peterlini Oskar Minderheitenschutz und Wahlsysteme Die Spielregeln von Wahlsystemen und ihre Auswirkungen auf Sprachminderheiten - Südtirol und europäische Minderheiten im Blickfeld Edition New Academic Press, Vienna, 2012 Peterlini Oskar Föderalistische Entwicklung und Verfassungsreform in Italien, Ein Streifzug von den gescheiterten Föderalismusdiskussionen in den 90er Jahren über die neue Verfassung von 2001, den Weg zu einem neuen Wahlgesetz und zum Steuerföderalismus, FÖDOK 25, Institut für Föderalismus Innsbruck, 2007 Peterlini Oskar Come riformare la costituzione e i diritti - considerazioni, disegni di legge e mozioni per una società più equa, Prokopp & Hechensteiner, St. Pauls/Eppan (Bolzano), 2012 Salvo Carmelo, Bonell Beatrice Hg, /a cura di Pressemitteilungen/Comunicati stampa Senatore Oskar Peterlini, XV Legislaturperiode XV Legislatura, 2006-2008, Uicio Stampa del Gruppo “Per le Autonomie”, Senato della Repubblica, Roma, 2008 170 Sitograia Ministero dell’Interno - Archivio storico delle elezioni http://elezionistorico.interno.gov.it/index.php?tpel=C, ultima consultazione il 19.3.2018 Senato della Repubblica – Schede dei Gruppi storici http://www.senato.it/leg/14/BGT/Schede/GruppiStorici/00000048.htm, ultima consultazione il 19.3.2018 http://www.senato.it/leg/15/BGT/Schede/Attsen/Sena.html, ultima consultazione il 19.3.2018 Senato della Repubblica - riferito alla XV legislatura http://www.senato.it/leg/15/BGT/Schede/Attsen/Sena.html, ultima consultazione il 2.12.2017 Provincia Autonoma di Bolzano – news http://www.provincia.bz.it/news/it/news.asp?art=337056, ultima consultazione il 2.12.2017 Sito di Romano Prodi - interventi – interviste http://www.romanoprodi.it/, ultima consultazione il 23.11.2017 Riforme del Governo Prodi www.teresabellanova.it/Governi.PDF, ultima consultazione il 23.11.2017 Wikipedia - Partito democratico https://it.wikipedia.org/wiki/Partito_Democratico_(Italia), ultima consultazione il 18.10.2017 Corriere della Sera http://www.corriere.it/Primo_Piano/Politica/2006/04_Aprile/25/cazzullo. shtml, ultima consultazione il 18.10.2017 Sito - Youtube - dichiarazioni post voto presidente del Senato, Franco Marini (TUTTOGGI.INFO) – pubblicato il 24 gennaio 2008 https://www.youtube.com/watch?v=pnMqgQ6IT3c, ultima consultazione il 5.1.2018 171 Finito di stampare nel maggio 2018 per conto di Edizioni Praxis Verlag Portici 51 - 39100 Bolzano