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Gastbeitrag von Gunther Schnabl: Der „König der Planwirtschaft“ muss einsehen: Wohlstand ist keine Verteilungsmasse
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Gunther Schnabl: Man sollte sich bewusst werden, dass Wohlstand keine Verteilungsmasse ist
imago/Universität Leipzig Gunther Schnabl: "Man sollte sich bewusst werden, dass Wohlstand keine Verteilungsmasse ist"
  • FOCUS-online-Gastautor

Deutschland bewegt sich unter der Ampel in Richtung Planwirtschaft. Allerdings begann der Zerfall der Wohlstandsillusion bereits während der Ära Angela Merkels. Die Folgen sind schwaches Wachstum über Jahre hinweg und sogar Deindustrialisierung. Und leider fällt auch das grüne Wirtschaftswunder aus.

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Neulich wurde ich gefragt, ob ich damit einverstanden bin, dass Robert Habeck von der „Wirtschaftswoche“ zum „König Planwirtschaft“ gekürt worden ist.

Ja, lautete meine Antwort. Sie wissen, Planwirtschaft ist das Modell, das die DDR ruiniert hat. Und Habeck steht an der Spitze einer Bewegung, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland planen und lenken will.

Es wuchern die Vorgaben des Staates für das Handeln von Unternehmen und Privatleuten. Man soll seine Heizung tauschen, keine Verbrenner-Autos mehr fahren, kein Fleisch mehr essen und „die richtige“ Sprache nutzen.

Schon in der Ära Merkel begann der Zerfall des Wohlstands

Der Trend ist nicht neu, sondern reicht bis in die Ära von Angela Merkel zurück. In ihrer Regierungszeit begann eine Politik, die die Grundlage unseres Wohlstands immer mehr unterwandert hat. Im Kern dieser Entwicklung steht der Euro, der sich zu einer Weichwährung gewandelt hat.

In meinem neuen Buch erkläre ich, wie es dazu kam und was die Folgen sind: eine Etappe jahrelangen schwachen Wachstums und sogar Deindustrialisierung. Sein Titel bringt es auf den Punkt: „Deutschlands fette Jahre sind vorbei“.

Es legt die Ursachen für das Dilemma offen. Denn es ist wie beim Arzt. Nur wenn der die Ursachen eines Problems richtig diagnostiziert, kann er die bestmögliche Therapie verschreiben.

Auf Deutschland übertragen heißt das: Schluss mit Herumdoktern an den Symptomen. Wir müssen die Soziale Marktwirtschaft nicht neu erfinden, sondern erneuern. Dann schaffen wir ein Wirtschaftswunder.

Über Gunther Schnabl

Gunther Schnabl ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Leipzig. Ausgebildet wurde der Experte für Geld und Währung in Tübingen, Tokio und Stanford.

 

Deutschland ist nicht mehr so reich, wie wir denken

Noch ist Deutschland ein reiches Land. Aber nicht so reich, wie wir denken. Denn Wohlstand fällt nicht vom Himmel. Die westdeutsche Wirtschafts- und Währungsreform unter Ludwig Erhard sowie das Grundgesetz schufen nach dem Zweiten Weltkrieg ein freiheitliches Wirtschafts- und Rechtssystem.

Auf der Grundlage von Privateigentum, einer stabilen Währung und freiem Wettbewerb konnte sich ein Wirtschaftswunder entfalten, das allen Menschen in Westdeutschland Aufstiegschancen gab. Es entstand eine breite Mittelschicht und eine Wachstumslokomotive für Westeuropa.

Wirtschaftlicher Abstieg ist für viele längst spürbar

Zuletzt war die deutsche Wirtschaft immer noch so robust, dass ihr die Eurokrise, Flüchtlingswellen, die Coronakrise und der starke Anstieg der Energiepreise als Folge des russischen Kriegs gegen die Ukraine scheinbar nichts anhaben konnten. Inzwischen ist jedoch der wirtschaftliche Abstieg für alle sicht- und leider für viele Menschen auch spürbar.

Seit Einführung des Euro im Januar 1999 ging die Währungsstabilität verloren, da sich die Europäische Zentralbank (EZB) Stück für Stück von ihrem vertraglich verankerten Ziel entfernte, die Preise stabil zu halten. Die EZB druckte Geld und schwächte die Gemeinschaftswährung. Der Euro wurde zum Teuro. 

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Deutschlands fette Jahre sind vorbei: Wie es dazu kam und wie wir ein neues Wirtschaftswunder schaffen können

Trotzdem wird weiterhin über Verzicht geredet

Geredet wird trotzdem über einen Verzicht oder zumindest eine Lockerung der Schuldenbremse. Kurzfristig könnte das die Wirtschaft befeuern. Aber es wäre ein Strohfeuer. Doch abgesehen von den Schulden, die dadurch entstehen und die Staatskasse belasten, würden die Probleme nur noch wachsen. Gerade im Osten ist das Wohlstandspolster klein, weil die Menschen in der Planwirtschaft kein Vermögen bilden konnten.

Zudem haben die nach 2010 stark gestiegenen Staatsausgaben vor allem viele zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse im Westen und in Berlin geschaffen. Der Osten scheint vergessen worden zu sein. Das ist nun schwer nachzuholen.

Weicher Euro hat Wettbewerbsfähigkeit geschwächt

Der weiche Euro hat obendrein die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen geschwächt. Er nahm den Druck, Effizienzgewinne und innovative Produkte voranzubringen. Die deutsche Wirtschaft wurde träge, weil sie sich auf niedrige Zinsen und eine Abwertung des Euros zu verlassen begann. Billiges Geld erzeugte einen Wachstumsschub, der die Regierungen zu riskanten Entscheidungen im Energiesektor ermutigte, wie den Atom- und den vorgezogenen Kohleausstieg bei gleichzeitigem Setzen auf von Wind und Sonne abhängigen Strom. Vergessen wurde, dass unsere Industrie möglichst preiswerte Energie braucht, wenn sie nicht abwandern soll. 

Keine nachhaltige Wirtschaftspolitik

Die Politik verschleierte – ohne große Kritik aus der Wirtschaft – über Jahre den Verfall des Wohlstands. Erstens ermöglichte es die EZB dem deutschen Staat, die Ausgaben stark auszuweiten. So entstanden viele Jobs im öffentlichen Dienst, der Verwaltung und in regulierungsnahen Wirtschaftsbereichen, aber eben nicht in den Teilen der Wirtschaft, die für Wachstum sorgen.

Zweitens hatte die Öffnung der Gaspipeline Nord Stream 1 die Senkung der Energiepreise zur Folge, was die deutsche Industrie zusätzlich beflügelte. Drittens floss aufgrund der niedrigen Zinsen in den Industrieländern viel billiges Kapital nach China, was den Export deutscher Güter in die Volksrepublik anheizte. Das Problem: nichts davon war nachhaltig, wie wir jetzt erleben müssen.

Die Inflation begann schon vor dem Überfall Russlands auf Ukraine

Die Wohlstandsillusion begann endgültig zu bröckeln, als ab Mitte 2021 die Inflation zu steigen begann, wobei ich sagen muss: Die Entwicklung hatte deutlich vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine begonnen. Die EZB war gezwungen, die Zinsen zu erhöhen. Plötzlich war die Finanzierung der ambitionierten Sozial- und Klimapolitik der Ampelkoalition nicht mehr gesichert.

Der Krieg in der Ukraine stoppte die Zufuhr billiger Energie. In China ist eine immense Immobilienblase geplatzt, so dass das Land als Wachstumsmotor für Deutschland auf Dauer ausfallen wird. Der geplante Umbau der Sozialen Marktwirtschaft in eine sozial-ökologische Marktwirtschaft stockt. Stattdessen stellt sich die Frage nach der Lösung des Problems.

Keine Rettung durch die Vergrünung der Marktwirtschaft zu erwarten

Klar ist – und auch das decke ich in meinem Buch auf –, dass von der Vergrünung der Marktwirtschaft keine Rettung zu erwarten ist. Das von Kanzler Olaf Scholz versprochene grüne Wirtschaftswunder wird ausbleiben, weil die Transformation immer mehr Sand ins Getriebe der Wirtschaft wirft. Doch der wirtschaftliche Abstieg Deutschlands ist nicht alternativlos!

Statt Planwirtschaft und fehlgeleiteten Veränderungen braucht es marktwirtschaftliche Reformen. Die Währung muss stabilisiert werden, der Staat muss schlanker werden und die wuchernden Regulierungen müssen weichen. Letzteres gilt insbesondere für EU-Bürokratiemonster wie die Taxonomie – das angedachte Klassifizierungssystem für nachhaltige Finanzprodukte und Investitionen – sowie das Lieferkettengesetz.

Eine Rückkehr zur Marktwirtschaft hätte viele Vorteile

Leistung muss sich wieder lohnen, was ohne eine niedrigere Steuer- und Abgabenlasten nicht möglich ist. Das setzt voraus, dass die Sozialausgaben auf diejenigen begrenzt werden, die sie wirklich brauchen. Umwelt- und Klimaschutz sind wichtig, aber es bedarf der Wahl marktwirtschaftlicher Instrumente, weil sonst die Akzeptanz der Ziele schwindet.

Die Rückkehr zur Marktwirtschaft hätte viele Vorteile. Mit dem Wohlstand würde das Sozialsystem gesichert. Das in Schieflage geratene Rentensystem könnte leichter stabilisiert werden. Jungen Menschen würde wieder eine bessere Perspektive gegeben.

Deshalb sollte man sich bewusst zu werden, dass Wohlstand keine Verteilungsmasse ist. Er muss immer wieder neu geschaffen und verteidigt werden. Allein: Ich glaube nicht, dass Olaf Scholz und Robert Habeck zu dieser Erkenntnis gelangen werden.

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Als Kind floh Umeswaran Arunagirinathan aus dem damaligen Bürgerkriegsland Sri Lanka. Ganz allein. Er kam nach Deutschland, wuchs im sozialen Brennpunkt auf, machte Abi, studierte. Heute ist er Herzchirurg. Was denkt ein „Aufsteiger“ wie „Dr. Umes“ (46) über die derzeitige Stimmung im Land?

Deutschland spart, wo es nur geht, und immer noch debattiert die Politik darüber, wo noch weiter gegeizt werden kann. Nachbar Frankreich müsste das im Grunde auch. Dort herrschte aber zu lange eine „Kultur des Defizits“ – was Auswirkungen auf die ganze EU hat.


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