Rhythmus(-gefühl) und Psychologie – PSYLEX

Rhythmus(-gefühl) und Psychologie

Rhythmus (Psychologie)

Musikpsychologie

‚Rhythmus im Blut‘ hängt von kultureller Vertrautheit mit jeweiligen Rhythmen ab

01.10.2018 Eine im Fachmagazin Music Perception: An Interdisciplinary Journal veröffentlichte psychologische Studie verglich kulturvergleichend, ob es eine universelle Wahrnehmung von Musik in Bezug auf den Rhythmus gäbe.

Rainer Polak vom Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik und Kollegen untersuchten die Rhythmuswahrnehmung von professionellen Musikern aus verschiedenen Ländern bzw. Kulturen: Deutschland, Bulgarien und Mali.

Rhythmen
Bild: Gerd Altmann

Die Teilnehmer hörten in den Experimenten unterschiedliche Rhythmen und sollten diese synchron mitklopfen. Die Probanden waren klassisch ausgebildete Musiker bzw. professionelle Volksmusiktänzer.

Kulturelle Unterschiede bei der Rhythmuswahrnehmung

Die Psychologie der Rhythmuswahrnehmung nimmt universelle, biologisch verwurzelte Strukturen der Wahrnehmung an, schreiben die Wissenschaftler. In der aktuellen Studie untersuchten die Forscher kulturelle Unterschiede bei der Rhythmuswahrnehmung.

Die Teilnehmer verhielten sich nicht alle gleich. Es zeigte sich, dass die Probanden Probleme bei der „Wahrnehmung solcher Rhythmen [hatten], die in ihrer eigenen Musikkultur keine große Rolle spielen“.

Besseres Rhythmusgefühl?

So zeigten sich klassische Perkussionistinnen und Perkussionisten deutlich „desorientiert“, wenn sie einen simplen „Swing“-Rhythmus mitklopfen sollten, der in Mali weit verbreitet ist. Die malischen Probanden hatten deshalb auch keine Probleme bei diesen Rhythmus.

Die malischen Teilnehmer schnitten aber bei anderen Rhythmen schlechter ab; sie verfügten also im Allgemeinen nicht über mehr ‚Rhythmus im Blut‘, wie weit verbreitete Klischees gerne behaupten.

„Die Wahrnehmung musikalischer Rhythmen hängt demnach nicht nur von ihrer Komplexität und der musikalischen Expertise der Hörerinnen und Hörer ab, sondern auch von deren kultureller Vertrautheit mit den jeweiligen Rhythmen“, sagt Polak. Die Studie zeige, dass „Menschen nicht unbedingt dieselbe Wahrnehmung haben, wenn sie demselben Reiz ausgesetzt sind. Solche Unterschiede treten nicht nur zwischen Individuen auf, sondern auch zwischen kulturell verschiedenen sozialen Gruppen.“

Die Wissenschaftler schließen, dass Wahrnehmungsstrukturen eher informell und in der sozialen Umgebung erlernt werden. Die kulturspezifischen Strukturen der Rhythmuswahrnehmung sind also nicht einfach von Geburt an vorhanden.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Music Perception: An Interdisciplinary Journal, Vol. 36 No. 1, September 2018; (pp. 1-23) DOI: 10.1525/mp.2018.36.1.1

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