Gericht: BGH lässt folgenschweren Einbruch in Freising neu aufrollen - jetzt gibt es einen dritten Angeklagten
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BGH lässt folgenschweren Einbruch in Freising neu aufrollen - jetzt gibt es einen dritten Angeklagten

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Eine Justitia-Figur neben einem Stapel Gerichtsakten.
Zwei Brüder müssen sich wegen eines schwerwiegenden Verbrechens im Kreis Freising erneut vor Gericht verantworten. © dpa

Der folgenschwere Einbruch auf einem landwirtschaftlichen Anwesen im Landkreis wird neu aufgerollt: Der BGH moniert Verfahrensfehler. Nun sitzt ein dritter Mann mit auf der Anklagebank.

Landkreis – Es war ein Marathon-Prozess: Ein Jahr lang hat sich die Jugendkammer des Landgerichts mit dem Einbruch in ein landwirtschaftliches Anwesen im westlichen Landkreis Freising auseinandergesetzt, den der Besitzer schwer verletzt überlebt hatte. Im März 2022 wurden die beiden angeklagten Brüder letztlich zu Bewährungsstrafen wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls beziehungsweise Beihilfe verurteilt.

Zufrieden mit dem Ergebnis war jedoch keiner der Verfahrensbeteiligten. Der Bundesgerichtshof hat den Revisionsantrag nun überprüft und entschieden: Der Prozess muss neu aufgerollt werden.

Auf Hausbesitzer eingeschlagen

Die Anklage hatte den Brüdern versuchten Mord, gefährliche Körperverletzung, schweren Raub sowie Wohnungseinbruchsdiebstahl zur Last gelegt. Einer von beiden soll in der Nacht zum 10. Februar 2020 mit einem schweren Gegenstand zugeschlagen haben, als der damals 51-jährige Hausbesitzer bei der Durchsuchung seines Schlafzimmers erwachte. Der Mann erlitt unter anderem ein offenes Schädelhirntrauma mit Schädelbruch.

Der 21-Jährige hatte im ersten Prozess eingeräumt, dass er mit einem Landsmann in das Anwesen eingedrungen sei, und dieser dann zugeschlagen habe. Die Kripo hatte zu Beginn auch gegen diesen Rumänen ermittelt. Da es damals aber keine objektiven Beweise gab, wurde keine Anklage erhoben. Nun aber sitzt dieser Freund (24) mit auf der Anklagebank und muss sich wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Wohnungseinbruchsdiebstahl verantworten.

Der neuerliche Prozess fußt auf einer Entscheidung des BGH: Wie der Richter in der Urteilsbegründung im März 2022 eingeräumt hatte, konnten die beiden entscheidenden Fragen nicht „mit der erforderlichen Sicherheit“ beantwortet werden: Wer trägt Schuld an den schweren Kopfverletzungen des Hausherrn? Und gab es einen Tatplan? Dem Bundesgerichtshof zufolge hat die Kammer nicht alles Erforderliche getan, um „eine widerspruchsfreie Entscheidung zu treffen“, wie Vorsitzender Richter Ralph Reiter aus dessen Entscheidung, das Urteil der Jugendkammer aufzuheben, zitierte. Seit Dienstag ist es an Reiters erster Strafkammer, den Fall neu aufzurollen.

BGH kritisiert fehlende „freie Reden“

Kritik übt der BGH etwa an der Würdigung der Einlassungen der Angeklagten durch die Jugendkammer. Diesen sei „zu hoher Beweiswert“ eingeräumt worden. Etwa sei nicht berücksichtigt worden, dass es „keine freien Reden“ des heute 21-Jährigen und seines Bruders (26) gegeben habe, sondern „nur“ Verteidigererklärungen. So hatte Verteidiger Nicolas Frühsorger den Einbruch des damals 17-Jährigen bei seinem ehemaligen Arbeitgeber eingeräumt, einen Schlag jedoch bestritten. Ihr Mandant hab nur Chauffeurdienste verrichtet, so das Anwaltsduo Silvia Wunderle und Michael Weiss.

Die von Staatsanwalt Clemens Albert vertretene Anklage gegen den dritten Mann folgt der Einlassung des 21-Jährigen, wonach dieser mit dem 24-Jährigen in das Anwesen eingedrungen ist. Wer von beiden vermutlich mit einer Taschenlampe zugeschlagen hatte, als sich der Hausherr in seinem Bett aufrichtete, lässt die Anklage offen. „Schlug einer der beiden, nicht ausschließbar der 21-Jährige zu, um die Tat zu vertuschen und die Tatausführung ungestört vollenden zu können“, heißt es in der Anklage. Und: „Dem lag jedoch nicht ausschließbar kein entsprechender Tatplan zugrunde.“

Brüder müssen sich erneut wegen versuchten Mordes verantworten

Die beiden Brüder hingegen müssen sich diesbezüglich erneut wegen versuchten Mordes verantworten. Als der Geschädigte aufwachte, schlugen sie „einem gemeinsamen Tatentschluss folgend“ zu, heißt es in der jeweiligen Anklageschrift. Der BGH hat zu dem neuen Mann auf der Anklagebank mitgeteilt, dass eine Schuldzuweisung durch die Jugendkammer 2022 lückenhaft gewesen sei. Eine Tatbeteiligung des 24-Jährigen sei nur durch die Brüder belegt; objektive Beweise habe es nicht gegeben. Indizien seien diese nicht in ihrer Gesamtschau gewürdigt worden. Das Fazit des BGH: „Das Urteil der Jugendkammer hält einer sachlich-rechtlichen Würdigung nicht stand.“

Weder zu den Ausführungen des BGH noch zum angeklagten Sachverhalt gab es Erklärungen. Die jungen Männer schwiegen. Der Prozess wird an diesem Donnerstag fortgesetzt.

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