Rz. 354

Das Plädoyer, das nur unzureichend mit dem Begriff des Schlussvortrages übersetzt werden kann, steht nicht nur der Staatsanwaltschaft sowie dem Verteidiger zu, sondern auch dem Neben- und dem Privatkläger, § 397 Abs. 1 bzw. § 385 Abs. 1 StPO.[182] Das Plädoyer dient der umfassenden und abschließenden Würdigung der rechtlichen und tatsächlichen Ergebnisse der Verhandlung. Insofern hat der Verteidiger in seinem Plädoyer den Vorwurf der Anklageschrift mit den Ergebnissen der Beweisaufnahme in Beziehung zu setzen und aus seiner Sicht zu erläutern.

 

Rz. 355

Das Plädoyer, das möglichst in freier Rede gehalten werden sollte, erfolgt zwingend erst nach dem Schluss der Beweisaufnahme, § 258 Abs. 1 StPO. Die Gelegenheit zum Schlussvortrag hat das Gericht dem Verteidiger von Amts wegen zu geben. Die Reihenfolge, wie sie der § 258 Abs. 1 StPO festlegt, ist nicht zwingend, aber üblich. Der Verteidigung ist zur Vorbereitung des Plädoyers ausreichend Zeit zu gewähren.

Gegen sachlich nicht gerechtfertigte Unterbrechungen durch das Gericht oder andere Verfahrensbeteiligte sollte sich der Verteidiger wehren, da sie die Wirkung des Schlussvortrages erheblich mindern. Hat die Staatsanwaltschaft auf das Verteidigerplädoyer förmlich repliziert, vgl. § 258 Abs. 2 StPO, darf auch der Verteidiger erneut Stellung beziehen. Das gebietet das Gebot der Waffengleichheit. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft ist der Verteidiger nicht verpflichtet zu plädieren. Die Weigerung zu plädieren wird in das Protokoll aufgenommen und die Verhandlung fortgesetzt.

 

Rz. 356

Beantragt die Staatsanwaltschaft Freispruch, sollte sich der Verteidiger dem nur in Ausnahmefällen kommentarlos anschließen. Besser ist es, kritische Punkte noch weiter zu entschärfen. Der Vortrag sollte in jedem Fall mit einem bestimmten Antrag beendet werden. Alles andere wirkt in der Regel orientierungs- und hilflos.

Selbstverständlich hat auch der Angeklagte das Recht, zu plädieren. Dies muss aber – wenn überhaupt – in Abstimmung mit dem Verteidiger erfolgen, denn regelmäßig dürfte davon eher abzuraten sein. In jedem Fall steht ihm das letzte Wort zu.

[182] Weiterführend Breyer/Endler-Ehret, AnwaltFormulare Strafrecht, Kap. 5 Rn 589 ff.; Peter, 1x1 der Hauptverhandlung, S. 322 ff.; Brüssow u.a./Gatzweiler/Mehle, Strafverteidigung in der Praxis, § 9 Rn 409 ff.

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