Werders Jiri Pavlenka im Interview: „Wichtigste Saison meiner Laufbahn!“
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„Die vielleicht wichtigste Saison in meiner Karriere“: Werder-Keeper Jiri Pavlenka im DeichStube-Interview über seine großen Ziele

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Jiri Pavlenka (li.) spricht im DeichStube-Interview mit Reporter Björn Knips über den Saisonstart mit Werder Bremen und seinen Traum von der EM 2024.
Jiri Pavlenka (li.) spricht im DeichStube-Interview mit Reporter Björn Knips über den Saisonstart mit Werder Bremen und seinen Traum von der EM 2024. © gumzmedia

Vor dem Spiel beim SV Darmstadt 98 spricht Jiri Pavlenka im DeichStube-Interview unter anderem über den Saisonstart mit Werder Bremen, seine Entwicklung als Torwart und eine mögliche Teilnahme mit Tschechien an der EM 2024 in Deutschland.

Jiri Pavlenka, was fällt Ihnen zu den Namen Naldo und Wynton Rufer ein?

Das sind zwei sehr bekannte Werder-Spieler.

Genau! Mit Ihrem 173. Bundesligaspiel für Werder gegen Köln haben Sie gerade Naldo eingeholt und könnten am Sonntag in Darmstadt mit Wynton Rufer gleichziehen. Dann hätten nur noch 40 Profis mehr Bundesligaspiele für Werder absolviert als Sie. Was bedeutet Ihnen das?

Erstmal schade, dass wir eine Saison in der 2. Liga gespielt haben. Ich bin wirklich stolz, dass ich schon so viele Spiele für diesen Verein machen durfte. Hoffentlich kommen noch viele dazu.

Werder Bremens Jiri Pavlenka im DeichStube-Interview: „Natürlich wäre ich auch stolz, Kapitän zu sein“

Aus dem aktuellen Kader kann da nur noch Milos Veljkovic mit 161 Einsätzen mithalten – warum sind Sie eigentlich nicht Kapitän?

Ich brauche das für mich nicht Kapitän zu sein. Ich möchte einfach meinen Job machen. Und der ist es vor allem, die Bälle zu halten und der Mannschaft auf und neben dem Platz zu helfen. Aber natürlich wäre ich auch stolz, Kapitän zu sein.

Sie sind nicht mal mehr wie früher im Mannschaftsrat, warum?

Als Markus Anfang 2021 Trainer wurde, war ich im Sommer verletzt und wurde dann nicht in den Mannschaftsrat berufen. Der Trainer hat sich damals für andere Spieler entschieden. Dabei ist es bis heute geblieben. Ich respektiere das, für mich ist das kein Problem.

Es wird gerade im Umfeld von Werder viel darüber diskutiert, wer das Team führen kann und soll. Gibt es solche Gespräche auch intern?

Natürlich. Vor gut einem Jahr hat die Mannschaft entschieden, dass Marco Friedl unser Kapitän ist – und ich finde, damit ist alles okay. Marco ist ein guter Spieler und ein guter Junge. Er hat schon Erfahrung und wird noch weitere Erfahrung sammeln. Niclas Füllkrug war unser Vize-Kapitän. Jetzt ist er weg. Ich kann mir vorstellen, dass Niklas Stark nun diese Position einnehmen wird. Aber für mich ist gar nicht so entscheidend, wer auf dem Platz der Kapitän ist, wir müssen als Mannschaft zusammenhalten und gemeinsam für den Verein kämpfen.

Muss ein Kapitän immer spielen oder hat sich das inzwischen überholt?

Ich finde schon, dass der Kapitän möglichst immer dabei sein und einer der wichtigsten Spieler der Mannschaft sein sollte.

Werder Bremens Jiri Pavlenka im DeichStube-Interview: „Die beiden Heimsiege in der Bundesliga waren sehr wichtig“

Wie bewerten Sie Werders Start in die Saison?

Das Pokalaus war wirklich sehr bitter. Auch das Heidenheim-Spiel hat mir natürlich nicht gefallen. Dafür waren die beiden Heimsiege in der Bundesliga sehr wichtig, denn letzte Saison hatten wir zu Hause einige Probleme. Das war nicht schön für unsere unglaublichen Fans. Deswegen freut mich das umso mehr, denn für uns ist es einfach geil in unserem Stadion zu spielen.

Es gibt mehr Neuzugänge als im Vorjahr, viele kamen auch sehr spät - was macht das mit einer Mannschaft?

Man braucht vor allem Zeit. Jeder Verein hat seine Besonderheiten und seine eigene Art, Fußball zu spielen. Das musst du als neuer Spieler erstmal verinnerlichen.

Die Neuzugänge kommen alle aus dem Ausland – wie Sie damals. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihren ersten Tag bei Werder vor sechs Jahren? 

Puuuuhh – das ist lange her. Es war einfach super hier damals. Mir hat natürlich geholfen, dass meine Landsleute Theodor Gebre Selassie und Jaroslav Drobny schon hier waren. Das Niveau im Training war ganz anders. Da brauchte ich einfach ein bisschen Zeit, alles zu lernen. In Deutschland ist es ein Vorteil, dass die meisten Leute im Verein oder in der Stadt Englisch sprechen können. Das macht es für Neuzugänge einfacher. In Frankreich oder Italien ist das anders.

Sie haben sehr schnell Deutsch gelernt – vor allem auch, weil Sie die Kinderärzte verstehen wollten?

Das war mir sehr wichtig und hat uns auch sehr geholfen. Aber natürlich nicht nur dort. Mein Sohn ist jetzt in den Kindergarten gekommen und spricht auch schon sehr gut Deutsch. Ihm fällt das natürlich viel leichter. Zuhause macht er das auch, aber wir wollen schon, dass er auch weiter Tschechisch sprechen kann. Als Kinder ist es doch super, wenn du später mehrere Sprachen beherrscht.

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Werder Bremens Jiri Pavlenka: Bei der EM in Deutschland dabei zu sein, „wäre etwas ganz Besonderes für mich“

Sie sind nun 31 Jahre alt, Stammkeeper bei Werder und in der tschechischen Nationalmannschaft - an was für einen Punkt Ihrer Karriere sind Sie angekommen?

Das ist vielleicht die wichtigste Saison in meiner Karriere. Wenn ich weiter gute Leistungen bei Werder bringe, spiele ich wahrscheinlich auch weiter für Tschechien und kann dann bei der EM in Deutschland dabei sein. Das wäre etwas ganz Besonderes für mich. Ich kenne hier alle Stadien. Leider wird nicht in Bremen gespielt.

In der Nationalmannschaft war es ein langer Weg für Sie bis zur Nummer eins. Sie wurden dort auch durch Verletzungen kurzfristig zurückgeworfen. Fühlen Sie sich schon als Stammkeeper?

Im Moment sieht es so aus, weil ich alle Qualifikationsspiele gemacht habe. Ich hoffe, es bleibt dabei. Der Weg dahin war wirklich nicht so einfach. Aber so ist das im Leben. Ich wünsche mir, dass ich gesund bleibe (klopft schnell auf den Tisch).

Wie sehr geht es in Ihrem Alter noch um Weiterentwicklung als Torwart?

Wichtig ist erstmal, dieses Niveau zu halten. Aber natürlich versuche ich, mich zu verbessern.

In welchen Bereichen?

In allen! Natürlich mit dem Ball im Fuß, beim Verhalten im Raum, aber auch auf der Linie und beim Eins-gegen-eins. Wenn ich diese Ziele nicht hätte, könnte ich nicht weitermachen. Ich brauche das einfach. Da geht es auch nicht nur um mich.

Sondern?

Ich möchte unbedingt noch etwas Besonderes mit Werder erreichen. Das wird nicht einfach, aber es ist möglich. Mit Tschechien möchte ich die Quali zur EM schaffen und dann bei der EM auch spielen. Aber über allem steht immer eines: die Familie. Der muss es gutgehen. Und uns geht es in Bremen sehr gut. Man darf nicht vergessen, dass es nur Fußball ist.

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Werder Bremens Jiri Pavlenka im DeichStube-Interview über das Torwartspiel: „Wir sind vor allem dafür da, Bälle zu halten“

Noch einmal zurück zum Torwartspiel: Lange wurde gefordert, dass die Keeper auch viel mitspielen müssen. Aktuell wirkt es so, als wenn die ursprünglichen Aufgaben wieder mehr in den Vordergrund rücken. Wie sehen Sie es?

Alle wollen, dass der Torwart mitspielt. Ja, das ist wichtig! Aber wir sind vor allem dafür da, Bälle zu halten. Das ist das Ziel Nummer eins!

Mussten Sie Ihr Spiel bei Werder verändern, seit Niclas Füllkrug weg ist, der von Ihnen viele hohe Bälle bekam?

Vielleicht ein wenig anpassen. Wir können auch ohne Niclas spielen, wir haben eine gute Mannschaft mit guten Stürmern. Rafael Borré und Marvin Ducksch haben gezeigt, welche Qualität sie haben. Dawid Kownacki, Nick Woltemade und Justin Njinmah haben großes Potenzial, entwickeln sich immer weiter und werden ihren Weg gehen.

Mit 3,37 Paraden pro Spiel liegen Sie in der Bundesliga auf Rang zwei in dieser Wertung hinter Oliver Baumann von 1899 Hoffenheim. Welche Statistiken sind Ihnen wichtig?

Eigentlich keine. Ich kenne diese Zahl auch gar nicht. Mein Torwarttrainer Christian Vander macht die Video-Analyse und sagt mir, was ich gut und was ich weniger gut gemacht habe. Das ist für mich entscheidend. Ich brauche diese Daten nicht, ich vertraue da auch mehr meinem Gefühl.

Aber so ein Spiel wie gegen Mainz neulich, dem ersten ohne Gegentor . . .

. . . seit 20 Jahren (lacht).
 
Gefühlt war es so!

Bei mir auch! Das ist natürlich nur Spaß. Dieses Mainz-Spiel war für uns alle sehr wichtig, der Sieg hat uns allen sehr gutgetan. Die Sache mit der Null ist da nebensächlich, auch wenn ich mich darüber natürlich gefreut habe.

Werder Bremens Jiri Pavlenka im DeichStube-Interview: „Ich werde irgendwann mit meiner Familie nach Tschechien zurückkehren“

Hat Sie eigentlich schon Theodor Gebre Selassie in seiner neuen Funktion angerufen?

Ja, ich habe mit ihm schon ein paar Mal gesprochen.

Und hat er als Sportdirektor von Slovan Liberec schon versucht, Ihnen eine Rückkehr in die Heimat schmackhaft zu machen?

Na ja, er ist noch ganz frisch in seinem Job. Deswegen war das kein Thema. Ich glaube auch, dass das keine leichte Aufgabe für ihn wird. Eigentlich kann Theo mit seiner großen Erfahrung aus Deutschland seinem Verein viel helfen. Aber die Frage ist: Wollen die Leute vor Ort das überhaupt?

Ist das so schwierig in Tschechien?

Das ist ein bisschen mein Gefühl. Ich meine damit nicht speziell Liberec. Aber allgemein sind die Leute in diesen Positionen von ihrer Arbeit überzeugt und lassen sich ungerne von außen reinreden. Daher wünsche ich Theo nur das Beste, dass er Erfolg hat. Ich bin mir sicher, dass er das kann.

Könnten Sie sich eine Rückkehr nach Tschechien vorstellen?

Wir werden irgendwann mit der Familie nach Tschechien zurückkehren, weil wir dort leben wollen. Ob ich dort spielen werde, das weiß ich nicht. Da bin ich skeptisch. Wenn du aus einer Topliga zurückkommst, dann sind die Erwartungen riesengroß. Die zu erfüllen, ist dann sehr schwierig.

Werder Bremens Jiri Pavlenka im DeichStube-Interview: „Ich will so lange wie möglich auf Top-Niveau spielen“

Würden Sie gerne als Fußballer noch ein anderes Land erleben?

Das ist ganz schwer zu sagen, weil es im Fußball so unglaublich schnell geht. Deswegen möchte ich da nichts ausschließen. Ich weiß nur eines: Ich will so lange wie möglich auf Top-Niveau spielen.

Dann machen Sie das doch in Bremen. Um in Werders Top-Ten mit den meisten Bundesligaspielen zu gelangen, brauchen Sie nur noch 144 Partien. Theoretisch könnten Sie das in der Saison 2027/28 schaffen. Das wäre doch ein Ziel, oder?

(lacht) Mal gucken, das wird nicht einfach. In dieser Top-Ten sind wirklich die größten Legenden von Werder. Erstmal will ich versuchen, mehr Spiele als Theo für Werder gemacht zu haben.

Der liegt mit 271 Spielen auf Rang 16.

Okay, das ist auch eine ganze Menge. Das wird also noch etwas dauern. Und wie gesagt: Im Fußball geht es einfach alles so schnell, den einen Tag ist alles pink und den nächsten wieder schwarz.

Wie gehen Sie damit um?

Ich habe in meiner Karriere viel gelernt. Ganz ehrlich: Ich arbeite viel mehr als früher. Im Moment ist es sehr gut, dass mein Kopf will und mein Körper kann. Deswegen fokussiere ich mich immer nur auf das nächste Spiel.

Werder Bremens Jiri Pavlenka im DeichStube-Interview: „Es ist nicht immer so einfach, den Job nicht mit nach Hause zu nehmen“

Lernt man im Alter auch, besser vom Fußball abzuschalten?

Das ist auch jetzt nicht immer so einfach, den Job nicht mit nach Hause zu nehmen. Meine Kinder helfen mir natürlich dabei. Denen ist es egal, wie es mir gerade beim Fußball ergangen ist, die freuen sich einfach, dass ich wieder da bin, die wollen mit Papa spielen. Für meinen Kopf ist das super.

Wie gut funktioniert denn der andere Weg, wenn es daheim Probleme gibt, ein Kind krank ist und Sie dann trotzdem vor 40.000 Zuschauern funktionieren müssen?

Diese Richtung ist viel schwieriger. Denn Familie und Gesundheit stehen über allem. Jeder kennt das: Wenn jemand aus der Familie krank ist oder sogar im Krankenhaus liegt, dann fällt es einem schwer, arbeiten zu gehen. Da müssen wir Fußballer genauso durch wie jeder andere auch.

Sie stehen dabei aber mehr unter Beobachtung als andere.

Das ist unser Job – und ich bin sehr glücklich, dass ich diesen Job machen darf. Es ist nun einmal Leistungssport, in dem immer die Leistung zählt, auch wenn das manchmal nicht ganz so einfach für die Sportler ist. (kni)

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