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Was Vorstrafen für Politiker auslösen können

Politischer Korrespondent
Dieter Althaus wäre nicht der erste prominente Politiker mit einer Vorstrafe. Auch Bundesminister stolperten schon über juristische Verwicklungen. In der Regel war nach einer Vorstrafe zwar nicht die ganze Karriere dahin. Doch vom aktuell ausgeübten Amt mussten sich viele Politiker verabschieden.

Nach seiner Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung gilt Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland als vorbestraft – sobald das Urteil rechtskräftig ist. Laut Auskunft des Justizministeriums werden im Ausland verhängte Geldstrafen auch ins deutsche Bundeszentralregister eingetragen. In das Führungszeugnis, das etwa von Arbeitgebern bei der Einstellung angefordert werden kann, wird die Strafe aber nicht aufgenommen. Die von den österreichischen Richtern verhängten 180 Tagessätze entsprechen nach deutschem Recht 90 Tagessätzen – und liegen damit knapp unter dem für einen Eintrag ins Führungszeugnis nötigen Grenzwert.

Der Makel einer Vorstrafe bedeutete für deutsche Politiker in der Vergangenheit nicht immer das Ende der Karriere, war aber in der Regel mit dem Verlust ihres Amtes verbunden. Prominentestes Beispiel ist der ehemalige Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff. Der FDP-Politiker trat 1984 von seinem Staatsamt zurück, weil eine Anklage wegen Steuerhinterziehung gegen ihn erhoben worden war. 1987 wurde er zu einer Geldstrafe von 180.000 Mark verurteilt, doch schon ein Jahr später wählte ihn die FDP zu ihrem Bundesvorsitzenden.

Ein Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang führte 1983 erst zur Beurlaubung, später zum Rücktritt Otto Wiesheus vom Amt des CSU-Generalsekretärs. 1985 wurde Wiesheu wegen fahrlässiger Tötung und Trunkenheit am Steuer zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und 20.000 Mark Geldstrafe verurteilt. 1993 stieg er dennoch zum bayrischen Wirtschaftsminister auf, heute sitzt er im Vorstand der Bahn.

Für den ehemaligen Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD) bedeutete ein Strafbefehl des Amtsgerichts Trier über 27.000 Mark wegen Beihilfe zur Untreue das Ende seiner politischen Laufbahn. Nach wenigen Wochen im Amt musste er zurücktreten. Hintergrund war eine Finanzaffäre des Fußballvereins 1. FC Saarbrücken, dem Klimmt präsidierte.

Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der „Flowtex-Affäre“ in Baden-Württemberg mussten 2004 gleich zwei FDP-Minister zurücktreten: Wirtschaftsminister Walter Döring und Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck. Döring wurde später wegen uneidlicher Falschaussage vor einem Untersuchungsausschuss des Landtags zu neun Monaten Haft auf Bewährung und 20.000 Euro Geldstrafe verurteilt, Werwigk-Hertneck erhielt wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen ein Jahr Bewährungsstrafe.

Droht nun auch Althaus der Verlust seines Amtes? Bei der Beantwortung dieser Frage gilt es für die Beteiligten, die feinen Unterschiede des Falles zu anderen vorbestraften Politikern zu berücksichtigen. So hat Althaus die Straftat nicht vorsätzlich begangen, sondern fahrlässig. Anders als beispielsweise Wiesheu stand er dabei auch nicht unter Alkoholeinfluss.

Althaus ließ auf der Skipiste die Sorgfalt außer Acht, „zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist“, wie es im österreichischen Strafgesetz heißt. Deshalb kollidierte er mit einer Skifahrerin, die ihren Verletzungen erlag.

Allerdings ist die juristische Aufarbeitung mit dem Strafprozess, der Zahlung von 33.300 Euro Geldstrafe und 5000 Euro Schmerzensgeld noch nicht abgeschlossen. Die Hinterbliebenen haben noch die Möglichkeit, in einem Zivilprozess weiteren Schadenersatz gegen Althaus geltend zu machen. Dabei ist auch eine außergerichtliche Einigung denkbar: Althaus hatte jüngst betont, ihm sei es wichtig, dass sich „der materielle Ausgleich“ gegenüber der Familie nicht verzögere.

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