Einer engagierten Streetworkerin kamen �ber die Jahre mehrere Schutzbefohlene abhanden. Ist da ein Serienm�rder unterwegs, der �ber das T�ten mit der Heldin kommuniziert? „Mord in den D�nen“ ist ein straight erz�hltes Krimi-Drama mit leisen Thriller-Momenten, das einmal mehr hinter einer attraktiven �sthetischen Fassade die immergleiche Geschichte erz�hlt – von einer bedrohten Frau, auf deren Leben die viel beschworenen „Schatten der Vergangenheit“ fallen. Gut gemacht, Markovics top – und doch mag man es bald nicht mehr sehen!
Foto: ZDF / Conny KleinZeichen, nichts als Zeichen! Ist da ein Serienm�rder unterwegs? Anna Loos
Lisa Hirth ist eine Berliner Streetworkerin aus Leidenschaft. Als eine ihrer Schutzbefohlenen vermisst und ihr Handy wenig sp�ter im Ostseebad Dar� geortet wird, steckt die Frau mit dem ausgepr�gten Helfersyndrom bald mittendrin in einem Serienm�rderfall. Lisa war schon einmal auf der Halbinsel, als wilder Teenager, kurz nach der Wende. „Tea Culpa“ steht eingeschnitzt in die Bank, auf der sie einst mit ihrem Urlaubsflirt Enno geknutscht hatte. Ein Meer voller Zeichen beunruhigt die Streetworkerin. Insgesamt sieben „Problemm�dchen“ sind ihr in den letzten Jahren abhanden gekommen. „Der Fall hat was mit Ihnen zu tun“, ist sich der Polizeipsychologe sicher, der das LKA und die Polizei vor Ort unterst�tzen soll. Die Zusammenarbeit klappt nur m��ig – bis jener Dominik Hofer Lisas Urlaubsliebe Enno als m�glichen T�ter ins Spiel bringt. Was ist geschehen vor 22 Jahren hier in einer Ostseenacht?
Foto: ZDF / Conny KleinAus Filmprache wird visuelle Rhetorik. Wenn die "Schatten der Vergangenheit" auf Gesichter fallen, dann gibt es f�r Anna Loos nichts mehr zu lachen! Wanja Mues
„Mord in den D�nen“ ist ein (etwas zu) straight erz�hltes Krimi-Drama mit leisen Thriller-Momenten. „Das ist ein gro�er Fall, etwas Au�ergew�hnliches. Sie stecken mittendrin, Frau Hirth“, prophezeit bereits in der ersten Szene der etwas skurrile Polizeipsychologe sehr
gewichtig, zielf�hrend und mit bedeutsamem Blick aufs Meer. Danach geht es zwei Wochen zur�ck. Eine einfallslose K�der-Exposition mit R�ckblende, wie sie das ZDF f�r sich gepachtet zu haben scheint. Schon in Berlin passierten merkw�rdige Dinge. Ein Dobermann bedroht die Heldin, jemand scheint in ihren Wagen eingebrochen zu sein – und eine verschl�sselte Nachricht vom Handy des verschwundenen M�dchens entpuppt sich als ein alter Jackson-5-Song: „I’ll be there“ – Ich werde da sein. In Dar� ist der Jugendfreund sofort hilfreich zur Stelle, der Psychologe orakelt im Serienm�rder-Sprech: „Das ist ein Spiel und wir werden die Spielregeln brechen – und nicht suchen...“ Und auch f�r die angespannte Frau aus Berlin hat er – am Rande der Unversch�mtheit – die richtige Diagnose parat: „Sie helfen anderen, weil es die Leerstellen in Ihrem eigenen Leben ausf�llt.“ Jeder wei� (deshalb bald auch der Zuschauer), wie jene Lisa tickt und was sie braucht. Auch die Freundin bei der Polizei: „Du brauchst Urlaub und du brauchst ’nen Kerl.“ Beides wird Lisa vorl�ufig (!) nicht bekommen. Ganz so plump macht das Johannes Betz („Der Tunnel“) dann doch nicht.
Foto: ZDF / Conny KleinSelbst Charakterkopf Karl Markovics muss zu gewichtigen Texte die entsprechende Miene aufsetzen. Ein Serienkiller an der Ostsee – das passt zum Serien-T�ter ZDF...
Dieser ZDF-Montagsfilm von Tim Trageser setzt auf Altbekanntes. Es sind die immergleichen Versatzst�cke dieser frauenbewegten Krimidramen im ZDF. Eine patente, bodenst�ndige Frau, die zwar nicht leicht zu ersch�ttern, aber psychisch angeschlagen ist, steht im Mittelpunkt. Immer h�ufiger wird daf�r Anna Loos genommen – insbesondere dann, wenn die viel beschworenen „Schatten der Vergangenheit“ auf die Geschichte fallen. So gut auch ihr Film „Die Lehrerin“ ist, in dem sie mit Axel Prahl und vor allem Meret Becker starke Gegenpole bekam, so sehr bedient sie doch dieses deutsche Krimidrama-Gesicht: ernst, nachdenklich, betroffen, dazu etwas Aggressivit�t, die sich in der Looschen Patzigkeit �u�ert. Das passt durchaus zum Rollenprofil, aber nach dem dritten Mal wird’s langweilig. Wie die Filme selbst.
Handwerklich und atmosph�risch ist „Mord in den D�nen“ alles andere als schlechtes Fernsehen. Vor allem Karl Markovics ist eine Klasse f�r sich. Wenn der Film vor vier Jahren im Programm gewesen w�re, h�tte er mindestens 4 Sterne bekommen. Aber so? Versuchen – zumindest unsere besten – Krimireihen von Fall zu Fall, von Film zu Film unterschiedliche Handschriften zu entwickeln, gibt es ein Krimi(drama)-Fernsehfilm im ZDF, das sich mehr als manche Reihe zu einer Art Format-Fernsehen entwickelt: dieselbe Dramaturgie, �hnliche Figurenkonstellationen und immer wiederkehrende Besetzungen. „Mord in den D�nen“ ist ein Paradebeispiel daf�r. Wer nur ab und zu am Montag reinschaut und diese Frauen-Krimi-Drama-Farbe mag – der wird sich gut unterhalten. Wer �fters ZDF schaut und vom Fernsehen auch mal mehr erwartet als solides Spannungs-TV – der d�rfte entt�uscht sein!
Foto: ZDF / Conny KleinDas Helfersyndrom der Heldin steht zur Disposition. Anna Loos als Streetworker
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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