Rödermark: kein Handlanger des Pfarrers
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Rödermark: kein Handlanger des Pfarrers

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Markus Günther spielt sonntags die Orgel in der St. Gallus-Gemeinde. Als Diakon mit „Zivilberuf“ kann er nach der Ausbildung auch Gottesdienste zelebrieren.
Markus Günther spielt sonntags die Orgel in der St. Gallus-Gemeinde. Als Diakon mit „Zivilberuf“ kann er nach der Ausbildung auch Gottesdienste zelebrieren. © Ziesecke

Markus Günther aus Rödermark-Urberach wird „Diakon mit Zivilberuf“. Das ist ein anspruchsvolles Kirchenamt für den 54-Jährigen, der bei der Lufthansa arbeitet.

In der evangelischen Kirche sind es die Prädikantinnen und Prädikanten, die aus dem „normalen“ Leben kommen und irgendwann spüren, dass sie mehr rund um Gottesdienste wissen und weiter vermitteln wollen. In der katholischen Kirche gibt es ein ähnliches Amt, auch wenn es derzeit so selten ist wie die berühmte Nadel im Heuhaufen: „Diakon mit Zivilberuf“ nennt sich eine Ausbildung, die es Laien im Arbeitsleben ermöglicht, immer mehr Aufgaben zu übernehmen und damit den Priestermangel etwas zu mildern. Allerdings: In diesem Ausbildungsjahrgang gibt"s gerade mal zwei Anwärter im Bistum Mainz.

Einer davon ist Markus Günther, der 2004 nach Urberach zog. Der heute 54-Jährige ist verheiratet, arbeitet im administrativen Bereich der Lufthansa und hat drei Kinder von 9 bis 16 Jahren. Er besitzt eine Fluglizenz und machte erst das Segelfliegen und später den Motorflug zum Hobby.

Sein intensives Interesse an Glaubensfragen hat er im Elternhaus in die Wiege gelegt bekommen: „Kirche und Gottesdienste waren bei uns völlig selbstverständlich, es wurde gar nicht darüber diskutiert.“ Sein jüngerer Bruder studierte zunächst katholische Theologie und ist mittlerweile evangelischer Pfarrer in Walluf.

Auch die Musik war für Markus Günther immer selbstverständlich. Nach dem Klavier fing er mit 16 Jahren mit dem Orgelspielen an; mit 18 hatte er eine abgeschlossene kirchenmusikalische Ausbildung. „Das ist eine große Konstante, die mitgeholfen hat, dabei zu bleiben. Die Freude an der Musik, am Gottesdienst und an der Liturgie sind gleichzeitig gewachsen.“

Der Wunsch, tiefer in die Theologie einzudringen, ließ ihn erst in der Taufkatechese und im Pfarrgemeinderat mitarbeiten. Nach vielen Gesprächen reifte 2021 während der Pandemie der Entschluss, sich zum „Diakon mit Zivilberuf“ ausbilden zu lassen – was weit über Wortgottesdienste hinausgeht. Als Diakon übernimmt er klassische liturgische Aufgaben wie Taufen, Eheschließungen und Beerdigungen.

Zunächst steht da aber ein abgespecktes Theologiestudium für Quereinsteiger. Das hat Markus Günther im November 2022 beendet und damit die Voraussetzung für den Beginn des Diakonates geschaffen. Nach der Theorie folgt nun die Praxis: Pastoralliturgie, Katechese und Kirchenrecht werden stets an Samstagen vermittelt. Bei nur zwei Anwärtern geschieht das quasi im Privatunterricht. Dem schließt sich ein sozialpastorales Praktikum hier in der Gegend an. Ganz zuletzt wird ein Gespräch mit dem Mainzer Bischof über die Zulassung zur Weihe entscheiden; dies könnte 2025 klappen.

„Es ist aber alles nicht so einfach, wie es aussieht. Es erinnert mich an die Entwicklung meiner Kinder: einzeln kann man alles gut, aber wenn man dann vorn am Altar mehrere Dinge gleichzeitig machen sollte, ist es plötzlich alles weg“, erzählt Markus Günther. Nach Ostern hat er die erste Predigt gehalten – bei seinem Ausbildungsprofessor in Bingen. „Aber da ist man ja vorbereitet, alles ist geübt, der Gottesdienst ist nicht reaktiv, man bekommt keinen Widerspruch oder so, das klappt dann schon“, erinnert er sich gerne.

Ob daraus einmal ein Vollzeitjob – über das Orgeln in St. Gallus hinaus – werden kann? „Ich kann so viel an Arbeit übernehmen, wie ich will oder wie ich schaffe. Ich bin nicht der Handlanger des Pfarrers; Diakone sind dem Bischof direkt zugeordnet.“ Es funktioniert nur, wenn alles zusammenpasst – Familie, Büro und der Einklang mit sich selbst. Markus Günther: „Ich mache diese Ausbildung, weil ich für mich etwas machen möchte. Alles Weitere wird sich finden! Und gebraucht wird man in diesem Bereich wohl immer.“ (Christine Ziesecke)

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