Märtyrerin oder Mörderin? - wissenschaft.de
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Märtyrerin oder Mörderin?

Maria Stuart Königin von Schottland

Märtyrerin oder Mörderin?
Maria Stuart war schon zu Lebzeiten eine umstrittene und zugleich faszinierende Herrscherfigur – und sie ist es bis heute geblieben. Dabei schwankte das Urteil nicht zuletzt vor dem Hintergrund der konfessionellen Blickrichtung.

Für ihre meist katholischen Anhänger wurde Maria Stuart nach ihrer Hinrichtung in England zu einer Märtyrerin, die für ihren Glauben und das unanfechtbare göttliche Recht des Königtums als Opfer eines skrupellosen Königsmordes starb. Für ihre protestantischen Gegner hingegen war sie im besten Fall eine willensschwache Frau, die sich allzu oft nur von ihren Gefühlen leiten ließ, Männer geheiratet hatte, die ihrer unwürdig waren, und sich überdies in den Mord an ihrem zweiten Gemahl und in zahlreiche Verschwörungen gegen das Leben Elisabeths von England hatte verwickeln lassen. Im schlimmsten Fall war sie eine Ehebrecherin, Mörderin und erbitterte Feindin des wahren Glaubens.

Für das 19. Jahrhundert wurde sie zu einer romantischen Gestalt, die gerade wegen ihrer Widersprüchlichkeit, ihrer Fehler und ihrer Tragik die Phantasie der Dichter beschäftigte, an deren Spitze Friedrich Schiller mit seinem gleichnamigen Drama (1800) und Walter Scott mit seinem Roman „The Abbot“ (1820) standen. Heute scheint ihre alte Rivalin Elisabeth I. von England, deren rationalere Lebenshaltung und kühle Beherrschtheit mehr dem modernen Frauenbild entspricht, sie aus dem Feld geschlagen zu haben, doch fehlt es nicht an Biographien, die sie durchaus mit Erfolg in einem günsti?geren Licht darstellen. Maria Stuart (oder Stewart, eine in Schottland populärere Schreibweise) wurde am 8. Dezember 1542 als Tochter Jakobs V. von Schottland und seiner Gemahlin Marie de Guise in Linlithgow Palace, einer der Residenzen der schottischen Könige, geboren. Ihr Vater, der kurz zuvor von den Engländern vernichtend in der Schlacht von Solway Moss geschlagen worden war, starb schon acht Tage nach der Geburt seines einzigen legitimen Kindes. Er war überzeugt, daß seine Dynastie mit ihr enden würde. Eine Frau, so glaubte er, würde sich gegen den schottischen Adel und mögliche dynastische Rivalen nicht durchsetzen können.

Nur wenige Monate nach ihrer Geburt wurde Maria zur schottischen Königin gekrönt, doch im Sommer 1543 wurde Schottland bereits genötigt, einen Vertrag mit Heinrich VIII. von England zu unterschreiben, der Marias Verlobung mit dem Erben der englischen Krone, Prinz Eduard, und ihre Erziehung in England vorsah. Marias Mutter, die aus einem der vornehmsten französischen Adelsgeschlechter stammte, sorgte jedoch dafür, daß dieser Vertrag nicht eingehalten wurde. Statt dessen entschied sie sich, ihre Tochter mit dem ältesten Sohn Heinrichs II. von Frankreich, der als Franz II. später den Thron besteigen sollte, zu verbinden. Da Marie de Guise selbst Französin war und durch diese vereinbarte Heirat der ohnehin schon große Einfluß ihrer Familie am französischen Hof gestärkt wurde, war dies eine naheliegende Entscheidung. Überdies sicherte sie sich so die Unterstützung Frankreichs im Kampf gegen England und die schottischen Protestanten.

Maria Stuart siedelte 1548 nach Frankreich über und wuchs dort mit den Kindern Heinrichs II. auf. Ihre eigentliche Muttersprache wurde Französisch, sie beherrschte jedoch auch das Lateinische recht gut, während sie in Englisch respektive Schottisch offenbar nur mit Mühe Briefe schreiben konnte. Ihre Mutter blieb in Schottland, wo es ihr im Jahr 1554 nach langen Kämpfen gelang, sich endgültig als Regentin durchzusetzen, gestützt auf französische Truppen. Eine Rückkehr Maria Stuarts nach Schottland war nicht vorgesehen. Ihre Position in der Politik aller drei Länder – Schottland, Frankreich und England – gewann jedoch erheblich an Bedeutung, als 1558 Maria die Katholische von England starb.

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Als Urenkelin Heinrichs VII. von England, dessen Tochter Margarete Jakob IV. von Schottland geheiratet hatte, besaß Maria Stuart einen klaren Anspruch auf die englische Krone, zumal die rivalisierende Thronan?wärterin Elisabeth Tudor aus katholischer Sicht illegitim war. Maria Stuart, die am 24. April 1558 den französischen Thronfolger heiratete, nahm noch im selben Jahr das Wappen Englands in ihr eigenes auf. Elisabeth I. von England sah in ihr fortan eine gefährliche Rivalin. Maria selbst freilich erreichte in diesen Jahren den Höhepunkt ihres Ruhms, sie wurde an der Seite ihres Mannes, der im Juli 1559 nach dem Tod seines Vaters den französischen Thron be-stieg, Königin von Frankreich. In Schottland regte sich freilich mittlerweile Widerstand gegen den französischen Einfluß und die Vorherrschaft des Katholizismus. 1560 wurden die französischen Truppen zum Abzug gezwungen, und das Parlament erklärte Schottland unter englischem Einfluß zu einem protestantischen Land. Marie de Guise war während der Unruhen gestorben.

Der völlig überraschende Tod ihres Mannes Franz II. Ende 1560 nötigte Maria, sich wieder ihrer Heimat zuzuwenden, denn in Frankreich war für sie kein Platz mehr. Die Regentin Katharina von Medici, die Witwe Heinrichs II., wollte den Einfluß der Guise begrenzen und sah die Schottin ungern am Hof. Maria kehrte daher im August 1561 nach Schottland zurück. Sie hatte ein Abkommen mit ihrem illegitimen Halbbruder James Stuart (später Earl of Moray) und einigen protestantischen Adligen getroffen, das den Protestantismus als offizielles Bekenntnis Schottlands anerkannte, aber Maria die Möglichkeit gab, selbst an ihrem Katholizismus festzuhalten und in ihren Residenzen katholische Gottesdienste abhalten zu lassen. Die Möglichkeit einer Allianz mit katholischen Adligen, etwa den mächtigen Gordons im Nordosten des Landes um Aberdeen, hatte sie verworfen, um einen Bürgerkrieg zu vermeiden…

Schillers

Prof. Dr. Ronald G. Asch

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