40 Jahre Friedrichstadt-Palast: SIE machen die Show, seitdem das Haus steht

1984 wurde er neu eröffnet

40 Jahre Friedrichstadt-Palast: SIE machen die Show, seitdem das Haus steht

Es sind die Frauen und Männer hinter den Kulissen, die für den Glanz auf der größten Theaterbühne der Welt sorgen. Der KURIER stellt drei von ihnen vor, die seit vier Jahrzehnten dabei sind.

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Seit 40 Jahren im neuen Friedrichstadt-Palast: Christina Tarelkin mit den Kindern des jungen Ensembles in den 90er-Jahren im Ballettsaal. Heute ist sie die Direktorin der Nachwuchs-Truppe.
Seit 40 Jahren im neuen Friedrichstadt-Palast: Christina Tarelkin mit den Kindern des jungen Ensembles in den 90er-Jahren im Ballettsaal. Heute ist sie die Direktorin der Nachwuchs-Truppe.Friedrichstadt-Palast, Repro: Markus Wächter/Berliner KURIER

Happy Birthday, Friedrichstadt-Palast! 40 Jahre wird der Neubau des legendären Berliner Revue-Theaters alt! Seit der prunkvollen Eröffnung am 27. April 1984 hat das Haus fantastische Aufführungen mit großartigen Künstlern erlebt, aber auch stürmische Zeiten durchgemacht. Doch was wäre der Friedrichstadt-Palast ohne die Arbeit der vielen Frauen und Männern vor und hinter der Bühne? Der KURIER hat drei von ihnen getroffen, die seit vier Jahrzehnten dabei sind und dafür sorgen, dass an der Friedrichstraße 107 die große Show immer wieder weitergeht.

Die Girlreihe – sie fällt jedem ein, wenn man vom Friedrichstadt-Palast spricht. Ohne Ballett wäre keine Revue denkbar. Und diese großen Tänzer haben auch einmal ganz klein angefangen. Zum Beispiel im jungen Ensemble des Friedrichstadt-Palastes, dessen Direktorin Christina Tarelkin (61) ist.

Die Berlinerin sorgt dafür, dass dem Haus nie der Show-Nachwuchs ausgeht. Etwa 240 Kinder und Jugendliche lernen bei ihr und ihrem Team dreimal in der Woche nach der Schule Gesang, Schauspiel und natürlich Tanz, werden für den Bühnenauftritt bei den „Young Shows“ fit gemacht. Die nächste Kinder-Revue „Frida & Frida“ feiert im Herbst Premiere.

Der Friedrichstadt-Palast glänzt im Herzen von Berlin. Vor 40 Jahren wurde das neue Haus eröffnet, steht heute unter Denkmalschutz.
Der Friedrichstadt-Palast glänzt im Herzen von Berlin. Vor 40 Jahren wurde das neue Haus eröffnet, steht heute unter Denkmalschutz.Sabine Gudath

So manche Stars gingen aus der Truppe hervor – wie Filmpreis- und „Silberner Bär“-Gewinnerin Paula Beer („Undine“), „Kudamm“-Darstellerin Sonja Gerhardt oder Julia Richter („Tatort“). „Das macht uns richtig stolz“, sagt Ensemble-Chefin Tarelkin.

Seit 2010 leitet sie das größte Kinder- und Jugendensemble Europas. Doch im neuen Haus ist sie schon, seitdem es steht. Und am Palast ist sie eigentlich noch viel länger. Denn Tarelkin, die seit ihrer Kindheit tanzt, kommt 1979 als Jugendliche in so ein Nachwuchs-Ensemble namens „Jugendclub“ – damals noch im alten Friedrichstadt-Palast.

Der Friedrichstadt-Palast-Ausweis für Christina Tarelkin (damals Rausche), als sie im Nachwuchs-Ensemble „Jugendclub“ tanzte.
Der Friedrichstadt-Palast-Ausweis für Christina Tarelkin (damals Rausche), als sie im Nachwuchs-Ensemble „Jugendclub“ tanzte.privat

Friedrichstadt-Palast: Bei Christina Tarelkin lernen die Stars von morgen

Im Ballettsaal: Christina Tarelkin, Direktorin junges Ensemble im Friedrichstadt-Palast
Im Ballettsaal: Christina Tarelkin, Direktorin junges Ensemble im Friedrichstadt-PalastMarkus Wächter/Berliner KURIER

Als die baufällige Spielstätte schließt (1985 folgt der Abriss), darf Tarelkin als Praktikantin bis zur Eröffnung des neuen Hauses mit den großen Künstlern im Metropol-Theater, im Palast der Republik und in Leningrad auftreten. „Auf der Bühne musste ich mich unter anderem von ‚Zauberpeter‘ Peter Kersten ‚zersägen‘ lassen.“

Die Eröffnungsgala des neuen Palastes erlebt Tarelkin 1984 als eine von 1900 Zuschauern. Sie ist begeistert. Die supermoderne Technik, eine Bühne mit versenkbarem Wasserbecken und einer Eisfläche: „Es hat alle unsere Erwartungen übertroffen. Dabei war das neue Haus noch gar nicht fertig. In den oberen Etagen wurde noch gebaut.“

Am 27. April 1984 wurde der neue Friedrichstadt-Palast eröffnet. Der damalige Intendant Wolfgang E. Struck empfängt den symbolischen Schlüssel.
Am 27. April 1984 wurde der neue Friedrichstadt-Palast eröffnet. Der damalige Intendant Wolfgang E. Struck empfängt den symbolischen Schlüssel.Marie Henning/Archiv Berliner Verlag

Nach dem Studium an der Theaterhochschule „Hans Otto“ in Leipzig fängt Tarelkin 1989 als Tanzmeisterin und Choreografin in dem Nachwuchs-Ensemble an, wird 2000 Künstlerische Direktorin. „Wer am Friedrichstadt-Palast ist, muss für ihn mit voller Leidenschaft brennen“, sagt sie.

40 Jahre Friedrichstadt-Palast: „Die 90er-Jahre waren die härtesten für uns“

Manchmal ist das gar nicht so leicht. „Die 90er-Jahre waren die härtesten für uns“, sagt Tarelkin. Das Haus, das zu DDR-Zeiten von staatlichen Subventionen lebt, muss nun selbst das Geld für seine Existenz verdienen. Der Senat streicht Förderungen. Von den 800 Mitarbeitern werden über 300 entlassen. Heute sind etwa 400 Mitarbeiter aus fast 40 Nationen im Haus tätig.

Die Girlreihe zu DDR-Zeiten – sie fällt jedem ein, wenn vom Friedrichstadt-Palast gesprochen wird.
Die Girlreihe zu DDR-Zeiten – sie fällt jedem ein, wenn vom Friedrichstadt-Palast gesprochen wird.Gueffroy/imago

Das Schlimmste: Waren in der DDR Karten für die Shows Gold wert, die man sogar gegen Trabi-Ersatzteile eintauschte, kommen nun nur noch wenige Zuschauer. Intendanten wechseln, Revuen floppen. 1993 übernimmt Alexander Iljinskij die Leitung, holt mit seinen Shows die Besucher zurück. Nachfolger Berndt Schmidt (seit 2007 Intendant) schafft es mit seinen modernen Produktionen, dass Shows wieder ausverkauft sind und der Friedrichstadt-Palast satte Gewinne macht.

40 Jahre Friedrichstadt-Palast: Licht-Chef Olaf Eichler sorgt für den richtigen Show-Glanz

Beleuchtungschef Olaf Eichler sorgt mit seinen Spots im Friedrichstadt-Palast für den richtigen Show-Glanz auf der Bühne.
Beleuchtungschef Olaf Eichler sorgt mit seinen Spots im Friedrichstadt-Palast für den richtigen Show-Glanz auf der Bühne.Markus Wächter/Berliner KURIER

Dazu trägt auch Olaf Eichler (62) bei. Der Beleuchtungschef sorgt mit seinen Leuten stets für den glanzvollen Auftritt der Künstler. Stars wie Shirley Bassey, Gilbert Bécaud, Joe Cocker, Udo Jürgens, Dagmar Frederic oder die unvergessene Helga Hahnemann setzte er in den vergangenen 40 Jahren im Palast-Neubau ins richtige Licht. Und die „Ein Kessel Buntes“-Abende oder „Holiday on Ice“-Gastspiele, die zu DDR-Zeiten im Friedrichstadt-Palast liefen. „Die große Show konnten wir schon immer – nicht nur heute“, sagt Eichler.

Bild aus den Anfangszeiten: Olaf Eichler als Beleuchter in der Lichtregie des Friedrichstadt-Palastes – auch er ist seit 40 Jahren dabei.
Bild aus den Anfangszeiten: Olaf Eichler als Beleuchter in der Lichtregie des Friedrichstadt-Palastes – auch er ist seit 40 Jahren dabei.Markus Wächter/Berliner KURIER

Die hochmodernen Anlagen kamen damals fast alle aus dem Westen. „Aber die einzigartige Lasertechnik war ‚Made in GDR‘, produziert vom VEB Carl Zeiss Jena“, sagt Eichler. Auch heute ist die Beleuchtungstechnik stets auf dem neuesten Stand, wurde etwa in der Corona-Pandemie, als das Haus schließen musste, modernisiert.

So werden die Shows (aktuell „Falling in Love“) unter anderem mit Zigtausenden energiesparenden LED-Leuchten effektvoll ausgeleuchtet. Mit ihnen vollführe man eine einzigartige Lichtchoreografie, so Eichler. „Über 4000 computergesteuerte Lichtveränderungen während einer Show sind möglich“, sagt er. „Vor 40 Jahren waren es 80 – und der Farbwechsel an den Scheinwerfern wurde noch per Hand vorgenommen.“

Weltstars wie Caterina Valente treten gleich im Eröffnungsjahr des Friedrichstadt-Palastes auf.
Weltstars wie Caterina Valente treten gleich im Eröffnungsjahr des Friedrichstadt-Palastes auf.ADN-ZB/Archiv Berliner Verlag

Den neuen Friedrichstadt-Palast kennt Eichler aus dem Effeff. Schließlich hat er an ihm mitgebaut, als er 1983 an die weltberühmte Bühne kam. „Ich kam ja vom Bau, hatte an der Leipziger Straße und in Marzahn die Hochhäuser mit errichtet“, sagt Eichler. „Als ich zum Palast wechselte, weil man dort Leute brauchte, verlegte ich als Elektriker zunächst die Kabel im Haus mit, bevor ich zum Beleuchter ausgebildet wurde.“

In seinem neuen Job war Eichler schon bei der Eröffnungsgala am 27. April 1984 dabei. Er erlebte, wie der beliebte TV-Moderator O. F. Weidling auf der Bühne seine Witze über die DDR und die Staatsführung machte. „Und Erich Honecker und seine Margot saßen ganz vorn“, sagt Eichler. „Wir dachten schon, irgendwann wird Honecker aufstehen und gehen.“ Am Ende war es O. F. Weidling, der nach der Gala verschwand und keine Auftritte mehr bekam.

Erich Honecker, seine Frau Margot und Berlins SED-Chef Konrad Naumann sitzen bei der Eröffnung des neuen Friedrichstadt-Palastes in der ersten Reihe. Doch nicht alle Späße gefielen, die von der Bühne kamen. 
Erich Honecker, seine Frau Margot und Berlins SED-Chef Konrad Naumann sitzen bei der Eröffnung des neuen Friedrichstadt-Palastes in der ersten Reihe. Doch nicht alle Späße gefielen, die von der Bühne kamen. Marie Henning/Archiv Berliner Verlag

40 Jahre Friedrichstadt-Palast: Bühnen-Chef Peter Müller war sogar tierischen Stars ganz nah

Was alles vor, auf und hinter der Bühne passiert, das erlebt Peter Müller (57) seit fast 40 Jahren. 1985 kam der heutige Bühnenchef zum Friedrichstadt-Palast. Er ist seitdem einer derjenigen, der hinter den Kulissen buchstäblich die Seile zieht, damit die große Show laufen kann.

Peter Müller ist der Herr der Friedrichstadt-Palast-Bühne.
Peter Müller ist der Herr der Friedrichstadt-Palast-Bühne.Markus Wächter/Berliner KURIER

Sein Reich ist fast 3000 Quadratmeter groß, vor dem die fast 2000 Zuschauer sitzen. Es geht 15 Meter in die Höhe, wo Müller schon mal abgesichert mit Seilen auf die Oberbühne muss, und etwa sechs Meter tief, wo das versenkbare Wasserbecken steht. „Das ist für mich Abenteuer pur“, sagt Müller. Spannender könnte kein anderer Job sein, erklärt der Mann, der in seinem Palast-Vorleben als Schlosser Ost-Berliner Straßenbahnen reparierte.

Nun sorgt Müller als Bühnenchef für den reibungslosen Ablauf der Vorstellungen. Wenn die Menschen im Saal abends in die glitzernde Show-Welt eintauchen, ist er mit etwa 60 Leuten auch für die Sicherheit der Zuschauer und der Darsteller im Palast verantwortlich. Jedes Teil der Dekoration, jedes Schräubchen an den Aufbauten und der Technik muss sicher sitzen und wird stets kontrolliert. Es wäre eine Katastrophe, wenn sich da mal was lösen würde.

Die unvergessene Helga Hahnemann bei ihrem Auftritt in der Friedrichstadt-Palast-Revue „Kiek mal an“ (1990)
Die unvergessene Helga Hahnemann bei ihrem Auftritt in der Friedrichstadt-Palast-Revue „Kiek mal an“ (1990)Klaus Franke/picture-alliance/dpa

Es kam ja auch schon in den 40 Jahren vor, dass etwa das Wasserbecken klemmte und nicht auf die Bühne kam. Stattdessen sahen die Zuschauer auf ein klaffendes Loch. Oder der als Brandschutz dienende Eiserne Vorhang wollte sich einmal nach einer Probe nicht heben. Doch Peter Müller und seine Leute bekamen alles wieder in den Griff.

Das einzigartige Wasserbecken gehört auch heute zu den technischen Bühnen-Attraktionen der Shows im Friedrichstadt-Palast. 
Das einzigartige Wasserbecken gehört auch heute zu den technischen Bühnen-Attraktionen der Shows im Friedrichstadt-Palast. Markus Wächter/Berliner KURIER

Selbst bei einem Auftritt der Palast-Legende Helga Hahnemann griff der Bühnenmann ein. „Henne war Perfektionistin“, sagt Müller. „Da musste alles klappen. Doch einmal klapperte es bei ihrer Show hinter der Bühne und ich musste ran.“ Was störte, weiß Müller heute nicht mehr.

Die Stars, die im Palast auftraten: Müller traf sie alle, von Henne bis Joe Cocker. Wer denkt, er hat eine große Autogrammsammlung, der irrt. „Danach habe ich nie gefragt, wenn ich einen Künstler traf“, sagt der Bühnenchef.

Ursula Böttcher und ihre Eisbären: Auch sie traten einst im neuen Friedrichstadt-Palast auf.
Ursula Böttcher und ihre Eisbären: Auch sie traten einst im neuen Friedrichstadt-Palast auf.Zuma Wire/imago

Dafür kam er großen Tieren nahe, als diese noch in den Anfangsjahren im neuen Palast auftraten. „Einmal war die legendäre Eisbären-Gruppe von Ursula Böttcher da“, sagt Müller. „Als die Tiere durch den Gitterlaufgang von der Seite auf die Bühne kamen, machte ich mir den Spaß, sie zu streicheln. Doch die Enttäuschung war groß. Denn so kuschelig ist das Fell der Eisbären gar nicht, wie ich dachte, sondern richtig borstig und klebrig.“

Für Peter Müller und allen anderen Beteiligten hinter den Kulissen und auf der Bühne geht das große Abenteuer Friedrichstadt-Palast weiter. Schon jetzt laufen die Vorbereitungen für die nächste große Show, die 2025 gezeigt werden soll.