Maren Eggert: Spröde vielleicht, kühl niemals - WELT
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WELT am SONNTAG Maren Eggert

Spröde vielleicht, kühl niemals

Maren Eggert spielt am Theater überwiegend schwierige Frauen. Nun will sie auch die Filmbranche erobern

Wenn sie flirten, knistert es auf ganz besondere Weise: Die spröde-verheißungsvolle Frieda Jung, Polizei-Psychologin, und der bräsig-knurrige Klaus Borowski, von Axel Milberg gespielter Kommissar in der TV-Krimiserie "Tatort". Im richtigen Leben, beteuern beide Schauspieler, seien sie natürlich anders. Obwohl: "Ich mag sie schon, die Frieda", sagt Maren Eggert und wird ein bißchen rot. "Wenn ich ehrlich bin, dann bin auch ich manchmal sperrig."

Ein abschätzender Blick aus großen braun-grünen Augen, die halblangen gekräuselten Haare sind lässig-nachlässig hinters Ohr gesteckt: Maren Eggert, 31, ist eine Frau für den zweiten Blick. Modisch zwar an diesem Tag in brauner Tweedhose mit Umschlag, weißer Bluse und passendem Pullunder, doch für Hochglanz und schnellen Schein ist sie nicht zu haben. "Ich putze mich auch mal gern heraus", sagt sie, "ich liebe Röcke und Kleider. Aber im Alltag habe ich es am liebsten praktisch und bequem. Schon weil ich viel mit dem Fahrrad fahre."

Alltag, das heißt seit fast fünf Jahren ein festes Engagement am Thalia Theater. Dort gehört Eggert zu jener jungen Garde von Schauspielern, die beeindruckende Akzente auf deutschen Bühnen setzen. Derzeit spielt sie die Warwara in Gorkis "Sommergäste", die ihren verklemmten Ehemann verachtet und Gesellschaftskritik übt. "Keiner versteht den anderen. Jeder will den anderen übervorteilen, weniger geben und mehr nehmen", ist ihr trauriges Urteil über das menschliche Miteinander.

Das könnte auch die private Maren Eggert sagen. Die Frau, die die brüchigen, ernsten und zurückhaltenden Rollen spielt, deren durchaus vorhandenes Temperament oftmals erst spät und am Rand sichtbar wird, ist auch im richtigen Leben eher nachdenklich. "Ich bin wohl das, was man einen Eigenbrötler nennt", sagt sie, lächelt fast entschuldigend und schickt dieses Schweigen hinterher, das zu ihr gehört wie der intensive Blick, mit dem sie Gesprächspartner einfängt.

Schon in der Schule gehörte sie nicht zu denen, die auf jeder Geburtstagsparty-Liste ein Muß waren. Laut und beliebt waren andere. "Ich war eine Außenseiterin, eine gute Schülerin", lautet die Eggersche Selbsteinschätzung. Sie war eine, die viel lieber las oder Klavier spielte, die sich zu Hause auch mal selbst genug war. Das ist noch heute so. Bücher seien für sie innere Nahrung, sagt sie.

Doch in dem unauffälligen zurückhaltenden Mädchen gab es schon damals eine kämpferische Ader. Die sportliche Schülerin spielte in einer Basketball-Mannschaft, war mit ihren langen Beinen eine talentierte Hochspringerin und ging gern schwimmen. Einem Wettkampf, einem Leistungsvergleich ging sie nicht aus dem Weg. "Um es im Sport weit zu bringen", sagt sie, "dazu war ich allerdings zu faul."

Und dann war da noch die Liebe zum Theaterspielen. Die nur vordergründig Verschwiegene entdeckte schnell, daß ihr die Bühne mit ihren Rollenspielen den Raum gab für Darstellungen, für Stellungnahmen, für Emotionen, die sie sich außerhalb nur selten zu zeigen getraute. Das dafür notwendige Selbstbewußtsein baute sie auf, weil schon zu Zeiten von Schulaufführungen und Gastauftritten an der Universität viel Zuspruch kam.

Die Zuschauer mochten, wie das Mädchen mit dem ausdrucksvollen Gesicht Charaktere interpretierte. Die Konsequenz teilte sie nach dem Abitur den Eltern lapidar, wie es ihre Art ist, mit: "Ich will Schauspielerin werden." Seither habe sie nie mehr tiefere Zweifel gehabt, erzählt Maren Eggert, daß diese Entscheidung die richtige war, auch wenn "mir die Unbekümmertheit ein wenig abhanden gekommen ist. Heute hinterfrage ich die Dinge viel mehr als früher", sagt sie.

Da paßt es gut, daß sie auch das Filmemachen als Reiz für sich entdeckt hat. Mit zunehmendem Erfolg. "Etwas fertig zu machen und dann vergessen zu können", sagt sie, "das hat auch seine Qualität. Aber das muß ich erst noch lernen." Anders als bei den Theaterabenden mit ihren Wiederholungen und Wiederaufnahmen ist beim Film-Dreh irgendwann Schluß. "Dann muß man loslassen", sagt Eggert.

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Anfangs sei ihr häufig passiert, daß sie morgens aufwachte und noch einmal über ihre Filmrolle nachdachte. Was sie noch tun könne, um dies oder das herauszuarbeiten. Erst nach einer Weile Sinnierens im Bett sei ihr dann eingefallen: "Das hat ja keinen Zweck mehr. Der Dreh ist zu Ende."

Beim Theaterspielen falle ihr dieses Abschließen können mit einer Rolle immer noch schwer. "Ich denke manchmal so kompliziert", sagt sie, und daß sie schon wieder errötet, verwundert. Eine Schauspielerin, die ungern über sich selbst redet? Das paßt zu Beschreibungen, die die Frau als schüchtern bis kühl einordnen. "Das stimmt nicht", beteuert Eggert. "Spröde wie Frieda, ja, aber kühl? Niemals." Im Gegenteil. Eher habe sie zu viele Gefühle.

In ihrem Job verstellt ihr diese Emotionalität manchmal den Weg. Das Naheliegende zu zeigen, sei nicht ihr Ding, gibt sie zu. Statt dessen treibe sie sich beim Rollenstudium und den Proben manchmal so lange, bildlich gesprochen, an Hintertüren herum, daß es Regisseure gäbe, die es anstrengend finden, mit ihr zu arbeiten. "Mit meinen Umwegen behindere ich mich häufig selbst", sagt sie. "Ich weiß das. Aber ich kann schwer aus meiner Haut."

Häufiger zu filmen soll ihr auf diesem Weg weiterhelfen, hat sie sich vorgenommen. Und dann gibt es ja praktischerweise noch diesen Mann an ihrer Seite: Peter Jordan, 38, Schauspieler wie sie, Kollege am Thalia mit viel Sinn fürs Komödiantische und Lebensgefährte. "Er hat mir geholfen, besser im Leben zurechtzukommen", sagt Eggert. Kennen- und liebengelernt haben sie sich am Schauspielhaus Bochum, wo sie beide engagiert waren. Der gemeinsame Wechsel nach Hamburg brachte vor allem in ihr Leben Struktur - und eine gemeinsame Wohnung.

"Er ist ordentlich. Ich bin es nicht", antwortet sie nach längerem Nachdenken auf die Frage, ob es Gegensätze gibt beim Zusammenleben. Und nicht nur dort, verrät sie dann beim Weiterbohren. "Wir sind grundverschieden." Pause. Und dann kommt plötzlich eine Beschreibung, die einen Schlüssellochblick zuläßt, wie es zugeht im Alltag dieses Künstlerhaushaltes - normal nämlich.

Er mache Pläne zur Problemlösung, sie schöpfe Kraft aus dem Moment, sagt Eggert. Was nichts anderes heißt als: Mann redet, Frau tut. Also hat man sich auf Kompromisse geeinigt: "Ich darf die Ordnung auf seinem Schreibtisch nicht durcheinanderbringen und verrücke seine Regale nicht", sagt sie und lacht auf diese hinreißende Art, die auch Frieda im Film neuerdings zeigt, wenn sie sich mit Borowski verbal duelliert. Und was macht im Gegenzug der Herr Jordan? Pause, wieder ein Lachen: "Wenn ich es mir so richtig überlege, dann gibt es eigentlich mehr Auflagen für mich."

Das paßt zu einer Frau, die von sich selbst sagt, sie sei altmodisch, verrückt nach Hüten, die sie sich nicht aufzusetzen traue, die gern koche und es zu Hause am liebsten gemütlich hat. Statt teurem Schmuck trägt sie ein schmales Armband aus Asien, das der Vater mal der Mutter geschenkt hat: Good vibrations für die Tochter. Auch der schmale Ring am kleinen Finger stammt aus dieser Quelle. "Ich mag Dinge, die eine Vergangenheit haben", sagt Maren Eggert. Und Familie.

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Irgendwann, in nicht allzu ferner Zukunft, will auch sie ein Kind haben. Mit Peter Jordan. Aber vorher geht es noch einmal auf große Reise. Diesen Sommer will das Paar in den Theaterferien nach China reisen. Appetit darauf hat sie bekommen, als sie mit ihrer Schwester Sibirien per Zug bereiste und Zwischenstopp machte in Peking. Und danach soll es endlich nach New York gehen.

"Das steht auch auf unserer Liste", sagt Eggert, die noch nie in Amerika war, sich aber in den Kopf gesetzt hat, wenn, dann nur per Schiff. "Das ist ein Traum von mir", sagt sie. Bislang hat sie sich noch jeden Traum verwirklicht.

-Die Serie im Internet: www.wams.de/go/u40

-Nächste Folge: AGA-Chef Volker Tschirch

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