Metro-Goldwyn-Mayer: Das Hollywood-Filmstudio mit dem berühmten Löwen wird 100 Jahre alt

Der Löwe ist ein Tiger: 100 Jahre Metro-Goldwyn-Mayer

Während der goldenen Ära Hollywoods in den 30er- und 40er-Jahren war Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) das größte und profitabelste Filmstudio der Welt. Gegründet am 17. April 1924 gehört die Legende seit 2022 Amazon.

Bitte brüllen Sie jetzt! Die Aufnahme des MGM-Löwen aus dem Jahr 1925.
Bitte brüllen Sie jetzt! Die Aufnahme des MGM-Löwen aus dem Jahr 1925.Bridgeman Images/imago

Die 1920er-Jahre markieren den Beginn des klassischen Studiosystems in den Vereinigten Staaten, in dem große Filmproduktionsgesellschaften den Markt dominieren.

Zu den „Big Five“ zählen Paramount Pictures, Warner Bros., Metro-Goldwyn-Mayer, RKO-Pictures und 20th Century Fox. Hinzu kommen die „Little Three“ Columbia und Universal Pictures sowie United Artists. Die „Big Five“ kontrollierten den Markt, sie besaßen die größten und schönsten Filmpaläste.

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Obwohl nur rund 15 Prozent aller Kinos in ihrem Besitz waren, erzielten sie dennoch etwa 70 Prozent der gesamten Einnahmen an den Kinokassen der USA. Marcus Loew besaß nach dem Ersten Weltkrieg rund 150 erstklassige Varieté- und Lichtspieltheater an der Ostküste. Um die stetige Versorgung seiner Spielstätten mit Filmen sicherzustellen, kaufte er 1919 die Metro Pictures Corporation.

Da aber immer noch zu wenig neue Streifen produziert wurden, strebte Loew den Zusammenschluss mit weiteren Filmunternehmen an. So erwarb er noch Goldwyn Pictures mit ihren bedeutenden Studioanlagen (inklusive dem berühmten Löwen-Logo) und Mayer Pictures. Mit diesem Schachzug wollte er vor allem deren umtriebigen Geschäftsführer Louis B. Mayer mit ins Boot holen, der im neuen Unternehmen als Studioboss die Hollywood-Aktivitäten koordinieren sollte.

Mit Top-Talenten umgeben

Die neu gegründete Firma nannte sich Metro-Goldwyn-Mayer und ließ sich in Culver City zwischen Los Angeles und Santa Monica nieder, wo auch die Studioanlagen beheimatet waren. MGM blieb ein Tochterunternehmen der Loew’s, Inc. mit Sitz in New York City.

An der Ostküste zog Loews langjähriger Mitarbeiter Nicholas Schenck als Chef der Muttergesellschaft die Strippen und war für die endgültige Genehmigung von Budgets und Verträgen zuständig, während Produktionsentscheidungen bei der MGM-Zentrale in Kalifornien lagen. Zur Einweihung des neuen Studios wurde am 26. April 1924 ein rauschendes Fest gefeiert.

Der gebürtige Weißrusse Mayer hatte ein Händchen dafür, sich mit Top-Talenten zu umgeben. Dennoch war er auch für seine cholerischen Wutausbrüche bekannt. Und eine seiner Ideen hat bis heute überlebt: Um der damals noch verrufenen Schauspielkunst mehr Ansehen zu verschaffen, regte er die Schaffung eines Filmpreises an, der ab 1929 unter dem inoffiziellen Namen „Oscar“ von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences vergeben wurde.

In den 1930er-Jahren dominierte MGM die Branche mit Erfolgsfilmen wie „Grand Hotel“ (1932), „David Copperfield“ (1935) sowie „Der Zauberer von Oz“ und „Vom Winde verweht“ (beide 1939). Das Südstaatenepos war zwar von Selznick International Pictures produziert worden, der Vertrieb und eine finanzielle Unterstützung zur Fertigstellung wurden von MGM übernommen.

Frank Lawton, W.C. Fields und Roland Young 1935 in der Charles-Dickens-Verfilmung von „David Copperfield“. 
Frank Lawton, W.C. Fields und Roland Young 1935 in der Charles-Dickens-Verfilmung von „David Copperfield“. Everett Collection /imago

MGM war eines der ersten Studios, das mit Technicolor-Filmen experimentierte. Die Vorherrschaft in der Filmindustrie in den 1930er-Jahren war eklatant, angetrieben sowohl durch die gleichbleibende Qualität der Filme als auch durch die Schwierigkeiten der Konkurrenten in der Weltwirtschaftskrise. Fox, Paramount und RKO mussten zwischenzeitlich Insolvenz anmelden, hingegen arbeiteten in Culver City mehr als 4000 festangestellte Filmschaffende.

Die MGM-Studios waren für ihren gleichmäßig hohen handwerklichen Standard bekannt. Für einen einheitlichen Look sorgten neben Art-Direktoren und Kostümdesignern, Hairstylisten und Make-up-Abteilungen ebenso Kameraleute und Beleuchter. Sie hatten die strikte Anweisung, jede Szene möglichst hell auszuleuchten. MGMs wichtigster Trumpf war aber die Vielzahl von herausragenden Filmpersönlichkeiten, die sie unter Vertrag hatte: Greta Garbo, Hedy Lamarr, John Gilbert, Joan Crawford, Clark Gable, Jean Harlow, Fred Astaire, Myrna Loy, Katharine Hepburn, Spencer Tracy, Judy Garland, Mickey Rooney, Elizabeth Taylor, Gene Kelly, James Stewart und, und, und …

Mayer betrachtete das Studio mit Filmen für ein Familienpublikum selbst als eine große Familie, mit ihm als wohltätigem Patriarchen. Von 1939 bis 1944 produzierte MGM auch die populäre Kurzfilmserie „Die kleinen Strolche“, William Hanna und Joseph Barbera inszenierten mit „Tom & Jerry“ erfolgreiche Zeichentrickfilme. Ab 1946 entwickelte sich MGM Records zu einem der bedeutendsten Schallplattenproduzenten des Landes.

Majestätischer Schrei des Tigers

Doch in der Nachkriegszeit wurden die Geschäfte schwieriger, die Konkurrenz durch das Fernsehen nahm zu. Mayer, von dem der Ausspruch stammte „MGM hat nur einen Star: Leo, den Löwen“, musste im August 1951 am eigenen Leib erfahren, wie richtig die Feststellung war – er wurde gefeuert. 1957 fuhr MGM erstmals Verluste ein. 1959 folgte mit „Ben Hur“, der elf Oscars erhielt, einer der letzten großen Kinofilme des Unternehmens. In den 1960er-Jahren stieg MGM verstärkt in die Produktion von TV-Serien wie „Flipper“ (1964–1968), „Solo für O.N.C.E.L.“ (1964–1968), oder „Daktari“ (1966–1969) ein, was aber nur vorübergehend Erfolge brachte.

Cheryl Miller und Löwe Clarence in der Erfolgsserie „Daktari“ von 1966. 
Cheryl Miller und Löwe Clarence in der Erfolgsserie „Daktari“ von 1966. Mary Evans AF Archive/imago

Während der branchenweiten Rezession Ende der 1960er-Jahre wurde das Studio von Tracinda, der Investmentfirma des Immobilienmoguls Kirk Kerkorian, übernommen. Er nutzte die MGM-Bibliothek und den Markennamen, interessierte sich jedoch kaum für neue Filmproduktionen und eröffnete lieber Hotels wie 1973 in Las Vegas das „MGM Grand Hotel and Casino“, die damals größte Herberge der Welt. Nach diversen An- und Verkäufen, an denen auch Medienunternehmer Ted Turner beteiligt war, verkaufte Kerkorian Metro-Goldwyn-Mayer sowie dessen Tochterunternehmen United Artists und Orion Pictures Corp. 2005 an ein von Sony geführtes Konsortium. 2010 musste MGM Insolvenz anmelden. Unter dem Schutz des amerikanischen Insolvenzrechts wollte sich das Unternehmen entschulden und dann mit der Produktionsfirma Spyglass Entertainment fusionieren.

Es sollte mehr als zehn weitere Jahre dauern, bis MGM im März 2022 von Amazon zu einem Preis von 8,45 Milliarden Dollar (etwa 7,9 Milliarden Euro) übernommen wurde. MGM verfügt über Hollywoods größte Filmsammlung mit mehr als 4000 Titeln, neben den Bond-Filmen befinden sich darunter auch Klassiker wie „Doktor Schiwago“, „Manche mögen’s heiß“ oder „Rocky“. Damit will Amazon den eigenen Streamingdienst Prime Video stärken.

Legendär wie einige Hollywood-Stars ist auch der brüllende Löwe aus dem Vorspann der MGM-Filme. Seit 2021 wacht ein computergenerierter „Leo the Lion“ über das MGM-Logo. Wer allerdings tatsächlich brüllt, verriet bereits Anfang der 1980er-Jahre der MGM-Tontechniker Mark Mangini: „Tiger-Schreie hören sich einfach größer und majestätischer an.“