Laura Tonke: „Meine Mutter sagte: Du musst unhöflicher werden!“ VG Wort
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Interview

Laura Tonke: „Meine Mutter sagte: Du musst unhöflicher werden!“

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Die B.Z. sprach mit Laura Tonke über ihren neuen Film „Caveman“ und die unterschiedliche Erziehung von Jungs und Mädchen.

Frauen sind anders, Männer auch. So lässt sich wohl das Stand-up-Programm „Caveman“, das seit 1991 durch die Welt tourt, zusammenfassen.

Nun kommt das Stück über den Höhlenmenschen am Donnerstag ins Kino. Neben Moritz Bleibtreu ist die Berliner Schauspielerin Laura Tonke (48, „Hedi Schneider steckt fest“) zu erleben. Aufgewachsen in Schöneberg, ist sie ihrer Heimatstadt treu geblieben. Mit ihrem Mann Joaquim, einem chilenischer Künstler, und dem gemeinsamen Sohn lebt sie in Berlin. Die B.Z. traf Laura Tonke zum Interview im Hotel Waldorf Astoria.

B.Z.: Frau Tonke, „Caveman“ wurde aufgrund der Pandemie immer wieder verschoben. Was hat das mit Ihnen gemacht?

Laura Tonke: „Um diesen Film habe ich sehr gebangt, es war zwischenzeitlich nicht klar, ob er noch ins Kino kommt. Jetzt bin ich sehr froh, dass es klappt und ich ihn mit Publikum im Kino sehen kann. Für mich ist das eine besondere Premiere, weil es der erste kommerzielle Film ist, in dem ich mitgespielt habe.“  

Was heißt für Sie kommerziell?

Tonke: „Die Möglichkeit auf viele Zuschauer. Allein schon wegen Moritz Bleibtreu. Das ist auch etwas, was ich mal machen wollte. Mit Regisseurin Laura Lackmann bin ich befreundet und mit Moritz habe ich mich auch sehr gut verstanden.“

Haben Sie zuvor kommerzielle Filme abgelehnt?

Tonke: „Ich mache diesen Beruf seit über 30 Jahren und sah mich bisher immer eher als Schauspielerin für Autorenfilme. Ich mag das schon sehr gern, dann dachte ich wieder, ich würde auch gern mal was machen, was mehr Leute sehen. Ich habe mir das manchmal selbst verboten. Aber jetzt wollte ich das einfach mal ausprobieren.“

Gehört das erfolgreiche Theaterstück auf die große Leinwand?

Tonke: „Laura Lackmann hat daraus ein sehr gutes Drehbuch und einen noch besseren Film gemacht. Was gar nicht so einfach war, weil das Theaterstück zwar eine tolle Vorlage ist, aber eher aus Anekdoten besteht. Ich habe den Film das erste und letzte Mal vor zwei Jahren gesehen. Inzwischen ist wahnsinnig viel passiert und ich bin gespannt, wie er jetzt angenommen wird.“

Steht die Figur, die Sie spielen, eher für ein klassisches Rollenmodell?

Tonke: „Die Claudia bastelt und dekoriert beispielsweise gern. Das ist etwas, was mir fremd ist. Es gibt ja Leute, die dekorieren ihre Wohnung nach den Jahreszeiten. Ich würde mir nie für viel Geld Deko-Stücke kaufen, die man zum Einstauben hinstellt.“

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Claudia (Laura Tonke) ist mit dem erfolglosen Autoverkäufer Rob (Moritz Bleibtreu) verheiratet…

Was stellen Sie sich lieber hin?

Tonke: „Tatsächlich habe ich mir einen riesigen Fernseher von 65 Zoll gekauft. 20 Jahre lang hatte ich keinen, weil ich nie wollte, dass man mit der Familie vor dem Fernseher hockt. Während der Lockdowns hatte ich irgendwann keine Lust mehr, mich vor einem Computer zu drängeln. Jetzt konnte mir der Fernseher gar nicht groß genug sein. Ich finde es gerade richtig toll, Freunde einzuladen und Naturfilme zu gucken.“

Es hieß lange: Mädchen spielen lieber mit Puppen und Jungs mit Autos. Ist das nun überholt?

Tonke: „Ich befürchte, dass Mädchen heute immer noch beigebracht bekommen, sich um andere zu kümmern, und dafür auch gelobt werden. Jungs gucken sich dagegen ab, dass Herumschreien auch mal erlaubt ist. Das hat sich über die Jahrhunderte übertragen und sitzt in uns fest.“

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…der träumt davon, Comedian zu werden

Wie sind Sie als Mutter damit umgegangen?

Tonke: „Als mein Kind klein war, stellte ich fest, ,Huch, das steckt ja auch in mir und ich gebe das auch so weiter.‘ Und fing dann an, das immer wieder zu überprüfen, um gegensteuern zu können. Das ist nur ein kleines Beispiel, aber ich habe mal gelesen, dass Jungs zum Beispiel beim Topfschlagen immer zuerst drangenommen werden, weil sie so drängeln, während die Mädchen brav warten. Und daraufhin habe ich natürlich erst mal die Mädchen drangenommen. Das lässt sich auch auf uns Erwachsene übertragen. Männer können gut rumschreien, um gehört zu werden. Das können wir denen entweder abgucken oder wir nehmen sie das nächste Mal einfach als Letztes dran.“

Wie schwierig ist es, Ihren Sohn entgegen aller Klischees zu erziehen?

Tonke: „Es ist insofern nicht einfach, als dass die Erziehungs-Klischees erst mal erkannt werden müssen, um sie nicht zu bedienen. Allerdings hat unser Sohn sich von Anfang an in kein Schema pressen lassen und sich Röcke genauso angezogen wie Hosen, hat sich schon immer geschminkt und gleichzeitig mit diesen riesigen Spielzeugwaffen hantiert. Also wir mussten ihn einfach nur machen lassen. Er war da, ohne sich darüber bewusst zu sein, schon immer einen Schritt weiter.“

Hat ihm das geschadet?

Tonke: „Nein. Wenn ich ihn so beobachte, bin ich beeindruckt, wie wenig es ihn kümmert, was andere zu seinem Kleidungsstil sagen. Er macht einfach sein Ding. Da bin ich sehr stolz drauf.“

Wie angepasst und brav waren Sie als Mädchen?

Tonke: „Ich war viel angepasster. Ich habe mir immer sehr viel Gedanken darüber gemacht, was andere von mir denken. Ich weiß noch, als ich mit etwa 20 auf einer Party war, wo mich ein älterer Typ zugetextet hat, und ich bin aus Höflichkeit den ganzen Abend dort sitzen geblieben. Dann habe ich das meiner Mutter erzählt, die sagte: „Du musst unhöflicher werden.“

Wie wurden Sie von Ihren Eltern erzogen?

Tonke:: „Mein Vater hat nie ins Klischee gepasst und auch meine Mutter hat zu Studentenzeiten viel gekämpft für die Gleichstellung der Frau. Ich komme also aus einer sehr liberalen und künstlerischen Familie. Ich habe keine konservative Seite kennengelernt.“

Gegen die man hätte rebellieren können?

Tonke: „Man kann nur schwer bei solchen Eltern anecken und sich vielleicht dann auch nur mit dem Gegenteil abgrenzen. Als Kind habe ich das teilweise sogar gemacht. Da hatte ich mich eher nach etwas Spießigerem gesehnt.“

Wie sah das aus?

Tonke: „Mein Traum war es damals, ein Hemd mit Polokragen und ein Sweatshirt von Benetton zu tragen. Das habe ich aber so nie hinbekommen. Eine andere Geschichte, über die sich meine Mutter noch heute amüsiert, ist die, dass ich in Sofakissen mittig einen Knick geschlagen habe.“

Was nehmen Sie aus „Caveman“ mit? Muss man um eine Beziehung täglich kämpfen?

Tonke:: „Mir ist das so heilig und ein Raum, der geschützt werden muss, dass ich darüber gar nicht mit jedem reden will. Aber ich sehe das auf jeden Fall so.“

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