Markus Lanz spricht mit Sahra Wagenknecht: „Sind die Grünen gefährlicher als die AfD?“

Markus Lanz spricht mit Sahra Wagenknecht: „Sind die Grünen gefährlicher als die AfD?“

Am Dienstagabend war Sahra Wagenknecht bei Markus Lanz geladen. Es ging auch um eine mögliche neue Partei. Die Zusammenfassung aus der Nacht.

Sahra Wagenknecht bei Markus Lanz am 19. September 2023.
Sahra Wagenknecht bei Markus Lanz am 19. September 2023.ZDF/Screenshot

Am Dienstagabend war Sahra Wagenknecht in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ zu Gast. Der Moderator Lanz wollte von der Noch-Linken-Politikerin wissen, ob sie kurz davor sei, ihre eigene Partei zu gründen. Doch Wagenknecht wollte sich auch in dieser Sendung nicht genau festlegen. Sie betonte, dass „das Neue“ eine strukturelle Aussicht auf Erfolg haben müsse, bevor man „das Alte“ zerstören könne. Eine neue Partei brauche Strukturen. Diese müssten erst aufgebaut werden.

Moderator Lanz konfrontierte Wagenknecht damit, dass die Politikerin bereits auf der Suche nach Verbündeten sei. So wertete Lanz jedenfalls Bilder, die Wagenknecht mit Tübingens Bürgermeister Boris Palmer zeigten. Auch er habe mittlerweile ein gespaltenes Verhältnis zu den Grünen, so Lanz.

Wagenknecht: Die Grünen erschweren das Leben vieler Menschen

Lanz wollte wissen, ob Palmer eine entscheidende Rolle in einer zukünftigen Wagenknecht-Partei spielen könnte. Wagenknecht wich aus, sagte aber immerhin, dass sie offen sei für kluge Interessierte. „Sollte ich eine Partei gründen, würde ich mich freuen, wenn Leute mitmachen, die vernünftig sind.“ 

Sowohl Palmer als auch Wagenknecht haben in der Vergangenheit die Bundespolitik der Grünen kritisiert und grüne Gesetzesvorschläge als abgehoben bezeichnet. Wagenknecht erneuerte ihre Kritik und wies darauf hin, dass die Grünen den Menschen vorschreiben würden, wie sie zu leben hätten. Die Grünen-Partei sei gefährlich, so Wagenknecht, weil sie das Leben vieler Menschen erschweren würde.

Der übergriffige Staat

„Sind die Grünen schlimmer als die AfD?“, wollte Lanz wissen. Wagenknecht sagte nicht eindeutig „Ja“, wies aber deutlich darauf hin, dass die Grünen-Partei im Vergleich zur AfD in Regierungsverantwortung sei und daher Deutschland nicht in einer möglichen Zukunft, sondern im Hier und Jetzt real schade. „Wenn die AfD gestärkt wird, wird der Rechtsextremismus gestärkt“ – und das sei ebenso gefährlich, so Wagenknecht. Und trotzdem: „Die Grünen tun alles dafür, das Leben für die Menschen hier in Deutschland noch schwerer zu machen.“ Wagenknecht nannte als Beispiel Habecks Heizungsgesetz und die Außenpolitik von Annalena Baerbock.

Lanz zitierte einen Wagenknecht-Satz aus der Vergangenheit und verwies darauf, dass die Politikern Deutschland als „übergriffigen Staat“ bezeichnet hätte. Lanz machte deutlich, dass er mit der Formulierung nichts anfangen könne, er wollte Beispiele hören. Wagenknecht antwortete und sagte, dass Regierungskritiker ausgegrenzt würden, dass regierungsnahe Strukturen Druck ausüben würden wie etwa „die meisten Medien“. Jene, die nicht auf Regierungslinie seien, müssten mit dem Zorn des Staates rechnen. „Menschen werden ausgegrenzt. Zuwanderungskritiker werden als Rassisten bezeichnet,“ so Wagenknecht. „Das demokratische Meinungsspektrum wird immer enger.“ 

Kooperation mit Drittstaaten wie Syrien

Lanz stimmte nur punktuell zu. Er bestätigte, dass das Meinungsspektrum sich verengt habe. „Man kommt unter Druck, wenn die eigene Meinung nicht mehrheitsfähig ist.“ Das sei ein gesellschaftliches Problem. Aber einen übergriffigen Staat konnte er nirgendwo identifizieren. Wagenknecht konterte und verwies darauf, dass Intellektuelle, die sich etwa gegen Waffenlieferungen für die Ukraine aussprechen würden, es schwer hätten, in öffentlich-rechtliche Fernsehsendung eingeladen zu werden. Professoren würden öffentliche Fördergelder gekürzt bekommen. Lanz widersprach und wollte konkrete Fallbeispiele und Namen hören. Wagenknecht verwies zwar auf Fälle, konnte aber geschasste Professoren (mit Ausnahme von Ulrike Guérot) nicht beim Namen nennen. Sie blieb dennoch dabei: Regierungskritiker müssten sich um ihre Jobs fürchten. Lanz bezeichnete die Argumente als „albern“.

In einem ähnlichen Tonfall ging es weiter. Der Moderator wollte konkrete Antworten auf die Krisen unserer Zeit hören und von Wagenknecht wissen, wie sie als Bundeskanzlerin die Probleme Deutschlands lösen würde. Insbesondere bei der Frage um den Ukraine-Krieg und Deutschlands Asylpolitik kritisierte Lanz die Politikerin Wagenknecht und deren Vorschläge als utopisch und zu langwierig in der Umsetzung. Wagenknecht ging ganz konkret auf ihre Vision einer sinnvollen Asylpolitik ein und sagte, dass sie Drittstaaten wie etwa Syrien fördern wollen würde, um Fluchtursachen zu bekämpfen. Außerdem würde sie die Arbeit von Schleusers stärker bekämpfen wollen und auch hier mit Drittstaaten kooperieren. 

Waffenstillstand in der Ukraine

Beim Ukraine-Krieg blieb sie bei ihrer bekannten Position: dass ein Waffenstillstand wohl möglich sei, wenn man ihn international nur durchsetzen wolle. Dazu müsste die Ukraine ein Dekret zurücknehmen, das Verhandlungen mit Russland verbiete, um in ein Gespräch mit Wladimir Putin überhaupt erst kommen zu können.

Die ebenfalls geladene Politologin Florence Glaub kritisierte den Vorschlag als einseitig und zu russlandfreundlich. Der Vorschlag würde nicht berücksichtigen, was die Ukraine wolle. Wagenknecht wehrte die Kritik ab und betonte abermals ihre Forderung nach einem raschen Waffenstillstand. Sie sagte aber auch, dass sie ihren Stopp von Waffenlieferungen durch den Westen immer an die Forderung gekoppelt habe, dass ein Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland vorausgehen müsse.

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