Minusstundenbelastung Arbeitszeitkonto durch Arbeitgeber Skip to content

Minusstundenbelastung Arbeitszeitkonto durch Arbeitgeber

Das Arbeitsgericht Gera hat entschieden, dass die Anordnung von Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto eines Arbeitnehmers ohne eine schriftliche Betriebsvereinbarung und unter Missachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats unzulässig ist. Dies bedeutet, dass Arbeitgeber nicht einseitig die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter reduzieren dürfen, sondern dafür eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat treffen müssen.

→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 Ca 89/23

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Anordnung von Minusstunden durch den Arbeitgeber auf dem Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers ist nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist, weil er die Arbeitszeit vorschussweise vergütet erhalten hat.
  • Eine einseitige Verkürzung der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber ist nicht zulässig. Dafür bedarf es einer schriftlichen Betriebsvereinbarung unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.
  • Eine mündliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Anordnung von Minusstunden genügt nicht. Es ist zwingend eine schriftliche Betriebsvereinbarung erforderlich.
  • Die Anordnung von Minusstunden ist in der Sache mit der Einführung von Kurzarbeit gleichzusetzen. Nach dem Firmentarifvertrag bedarf auch diese einer schriftlichen Betriebsvereinbarung.
  • Der Arbeitgeber hat den Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos zu beachten und die zu Unrecht abgezogenen Minusstunden dem Arbeitnehmer wieder gutzuschreiben.
  • Der Arbeitgeber hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er zu Unrecht Minusstunden angeordnet und das Arbeitszeitkonto belastet hat.

Minusstunden auf Arbeitszeitkonto: Gericht entscheidet gegen einseitige Belastung

Minusstungen
(Symbolfoto: Andrey_Popov /Shutterstock.com)

Die Gestaltung der Arbeitszeit ist ein zentrales Thema im Arbeitsrecht. Arbeitgeber müssen bei der Verteilung der Arbeitszeit die Bedürfnisse und Interessen ihrer Mitarbeiter berücksichtigen. Gleichzeitig haben sie auch betriebliche Erfordernisse im Blick zu halten, etwa wenn Auftragsschwankungen eine Anpassung der Arbeitszeit notwendig machen. Das Arbeitszeitkonto ist ein wichtiges Instrument, um hier einen Ausgleich zu schaffen.

Allerdings gibt es klare rechtliche Vorgaben dafür, wie Arbeitgeber das Arbeitszeitkonto handhaben dürfen. Eine einseitige Belastung mit Minusstunden etwa ist nur in eng begrenzten Fällen zulässig. Oftmals bedarf es der Mitbestimmung des Betriebsrats und einer schriftlichen Betriebsvereinbarung.

Im Folgenden soll ein konkreter Gerichtsfall beleuchtet werden, in dem ein Arbeitgeber Minusstunden auf das Arbeitszeitkonto eines Mitarbeiters gebucht hat. Das Urteil gibt Aufschluss darüber, unter welchen Voraussetzungen eine solche Maßnahme rechtmäßig ist.

Der Fall vor dem Arbeitsgericht Gera im Detail

Minusstunden auf Arbeitszeitkonto unzulässig: Gericht gibt Arbeitnehmer Recht

In einem aktuellen Fall vor dem Arbeitsgericht Gera (Az.: 1 Ca 89/23) ging es um die Frage, ob ein Arbeitgeber berechtigt ist, das Arbeitszeitkonto eines Arbeitnehmers mit Minusstunden zu belasten. Der Kläger, ein Mitarbeiter in der Metallverarbeitung, war seit Juni 2021 bei der Beklagten beschäftigt. Im Betrieb der Beklagten bestand eine Betriebsvereinbarung, die Regelungen zum Arbeitszeitkonto enthielt. Infolge des Ukraine-Krieges kam es zu Produktionsrückgängen und einem geringeren Arbeitsbedarf. Anstatt Kurzarbeit anzuordnen, entschied sich die Geschäftsführung, Minusstunden auf den Arbeitszeitkonten der Mitarbeiter zu verbuchen. Der Kläger wurde angewiesen, an mehreren Tagen nicht zur Arbeit zu erscheinen, und erhielt dafür Minusstunden auf seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben.

Der Kläger sah dies als unzulässig an und klagte auf Gutschrift der Minusstunden. Er argumentierte, dass die Betriebsvereinbarung die Anordnung von Minusstunden nicht rechtfertige und dass eine Verringerung der Arbeitszeit nur unter Wahrung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats erfolgen könne.

Fehlende Rechtsgrundlage für Minusstundenbelastung

Das Arbeitsgericht Gera gab dem Kläger Recht und verurteilte die Beklagte, die Minusstunden wieder gutzuschreiben. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte das Arbeitszeitkonto des Klägers nicht mit Minusstunden belasten durfte. Es verwies auf ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine solche Belastung voraussetzt, dass der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist, weil er die Arbeitszeit vorschussweise vergütet erhalten hat. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, da der Kläger nicht frei über seine Arbeitszeit entscheiden konnte und die Beklagte sich im Annahmeverzug befunden habe.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht beachtet

Das Gericht betonte zudem, dass eine einseitige Verkürzung der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber nicht zulässig sei. Eine solche Berechtigung ergebe sich weder aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers noch aus der Betriebsvereinbarung. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG habe der Betriebsrat mitzubestimmen bei der vorübergehenden Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Zentrales Mittel zur Ausübung der Mitbestimmung sei die Betriebsvereinbarung, die schriftlich erfolgen müsse.

Im vorliegenden Fall habe die Beklagte zwar den Betriebsrat über die geplante Anordnung von Minusstunden informiert und dieser habe auch zugestimmt, jedoch sei keine schriftliche Vereinbarung getroffen worden. Dies genüge nicht, um die Anordnung von Minusstunden für die betroffenen Arbeitnehmer verbindlich zu machen.

Anordnung von Minusstunden = Kurzarbeit

Auch auf den Firmentarifvertrag konnte sich die Beklagte nicht berufen. Dieser sehe ausdrücklich vor, dass die Einführung von Kurzarbeit einer Betriebsvereinbarung bedürfe. Die Anordnung von Minusstunden sei in der Sache nichts anderes als eine vorübergehende Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit. Der Arbeitgeber habe hier lediglich auf eine Finanzierung der Kurzarbeit über die Bundesagentur für Arbeit verzichtet und stattdessen die Verringerung der Arbeitszeit über die Arbeitszeitkonten der Mitarbeiter finanziert. Auch hierfür sei jedoch eine schriftliche Betriebsvereinbarung erforderlich.

✔ FAQ zum Thema: Arbeitszeitgestaltung und Minusstunden


Was sind die rechtlichen Grundlagen für die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden?

Die rechtliche Grundlage für die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden ist eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Nur wenn im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung die Führung eines Arbeitszeitkontos festgelegt ist, dürfen darauf auch Minusstunden verbucht werden.

Entscheidend ist, dass für den Arbeitnehmer die Pflicht besteht, die Minusstunden nachzuarbeiten. Dies trifft zu, wenn die Arbeitszeit unregelmäßig verteilt ist und der Arbeitnehmer selbst entscheiden kann, ob er weniger arbeitet als vertraglich vereinbart. In diesem Fall erhält er mit seinem Lohn quasi einen Vorschuss für die noch zu leistende Arbeitszeit.

Minusstunden, die dagegen durch zu geringe Auslastung seitens des Arbeitgebers entstehen, dürfen nicht auf dem Arbeitszeitkonto erfasst werden. Laut § 615 BGB trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko und muss die Vergütung auch dann zahlen, wenn er die Arbeitsleistung nicht abrufen kann. Eine Verrechnung solcher Minusstunden ist nur zulässig, wenn dies explizit arbeits- oder tarifvertraglich geregelt ist.

Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass der Arbeitgeber ein Arbeitszeitkonto nur dann mit Minusstunden belasten darf, wenn ihm dies nach der zugrunde liegenden Vereinbarung ausdrücklich gestattet ist. Andernfalls kann er nicht einseitig korrigierend eingreifen und Stunden vom Zeitguthaben abziehen.

Wie ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anordnung von Minusstunden definiert?

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anordnung von Minusstunden ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG. Demnach hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht sowohl bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage (Nr. 2) als auch bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit (Nr. 3).

Eine einseitige Anordnung von Minusstunden durch den Arbeitgeber ohne Beteiligung des Betriebsrats ist daher in der Regel unzulässig. Der Betriebsrat muss der Maßnahme zustimmen, damit sie wirksam wird. Verweigert er die Zustimmung, kann der Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen, um eine Entscheidung herbeizuführen (§ 87 Abs. 2 BetrVG).

Eine Ausnahme besteht nur, wenn eine entsprechende Regelung im Tarifvertrag getroffen wurde. Tarifvertragliche Bestimmungen gehen den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats vor (§ 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG). Erlaubt der Tarifvertrag dem Arbeitgeber, Minusstunden einseitig anzuordnen, ist eine Beteiligung des Betriebsrats entbehrlich.

Unabhängig davon muss aber immer eine wirksame arbeitsvertragliche Grundlage für die Führung eines Arbeitszeitkontos bestehen. Nur wenn der Arbeitnehmer einem Arbeitszeitkonto im Arbeitsvertrag zugestimmt hat, darf dieses mit Minusstunden belastet werden. Fehlt eine solche Vereinbarung, kann der Arbeitgeber keine Minusstunden anordnen, auch nicht mit Zustimmung des Betriebsrats.

Der Betriebsrat hat zudem nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze zu überwachen. Dazu zählt auch, dass Minusstunden nicht einseitig angeordnet werden dürfen, wenn der Arbeitgeber nicht genügend Arbeit zuweisen kann. Dieses Betriebsrisiko darf nicht auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden.

Welche Folgen hat es, wenn keine schriftliche Betriebsvereinbarung zu Minusstunden existiert?

Wenn keine schriftliche Betriebsvereinbarung zu Minusstunden existiert, hat dies mehrere rechtliche Konsequenzen:

Ohne eine vertragliche Grundlage in Form einer Betriebsvereinbarung, eines Tarifvertrags oder einer Regelung im Arbeitsvertrag sind Minusstunden grundsätzlich nicht zulässig. Der Arbeitgeber darf dann keine Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto verbuchen. Tut er es dennoch, verstößt er gegen geltendes Arbeitsrecht.

Fehlt eine schriftliche Vereinbarung, kann der Arbeitgeber Minusstunden auch nicht einseitig anordnen. Er benötigt in jedem Einzelfall die Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers. Verweigert dieser die Zustimmung, darf der Arbeitgeber keine Minusstunden anrechnen.

Ohne eine Betriebsvereinbarung besteht zudem keine Pflicht für den Arbeitnehmer, angefallene Minusstunden nachzuarbeiten. Der Arbeitgeber hat dann keine rechtliche Handhabe, um die Nacharbeit der Stunden durchzusetzen. Er muss die Minusstunden hinnehmen, ohne einen Ausgleich verlangen zu können.

Auch die Verrechnung von Minusstunden mit dem Gehalt ist ohne eine entsprechende schriftliche Regelung unzulässig. Der Arbeitgeber darf in diesem Fall keine Abzüge vornehmen, um die Minusstunden auszugleichen. Er muss das volle vertraglich vereinbarte Gehalt zahlen.

Bucht der Arbeitgeber trotz fehlender Rechtsgrundlage Minusstunden, kann der Arbeitnehmer die Streichung der Stunden von seinem Arbeitszeitkonto verlangen. Weigert sich der Arbeitgeber, kann der Arbeitnehmer Klage vor dem Arbeitsgericht erheben und die Korrektur des Arbeitszeitkontos durchsetzen.

Insgesamt zeigt sich, dass ohne eine schriftlich fixierte Betriebsvereinbarung jegliche Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden rechtlich unzulässig ist. Arbeitgeber sollten daher unbedingt auf eine entsprechende vertragliche Absicherung achten, wenn sie Minusstunden anordnen und verrechnen wollen.

In welchen Situationen kann ein Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen und welche Unterschiede gibt es zu Minusstunden?

Kurzarbeit kann ein Arbeitgeber anordnen, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht. Der Arbeitsausfall muss unvermeidbar sein und der Betrieb muss alles getan haben, um ihn zu vermindern oder zu beheben. Weitere Voraussetzung ist, dass mindestens ein Drittel der Beschäftigten von einem Entgeltausfall von über 10% betroffen ist.

Im Gegensatz dazu entstehen Minusstunden, wenn ein einzelner Arbeitnehmer weniger als die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit leistet, ohne dass die fehlenden Stunden durch Überstunden oder Urlaub ausgeglichen werden. Minusstunden werden auf dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters verzeichnet und müssen in der Regel später durch Mehrarbeit ausgeglichen werden.

Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass Kurzarbeit eine kollektive Maßnahme aufgrund einer Notlage des Betriebs ist, während Minusstunden individuelle Abweichungen von der Normalarbeitszeit darstellen. Für Kurzarbeit gelten besondere gesetzliche Voraussetzungen und sie muss gegenüber der Arbeitsagentur angezeigt werden. Minusstunden dagegen werden im Rahmen des normalen Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gehandhabt.

Ein weiterer Unterschied liegt in der Vergütung: Während der Kurzarbeit erhalten Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld als Lohnersatzleistung. Minusstunden führen dagegen zunächst nur zu einer Verringerung des Guthabens auf dem Arbeitszeitkonto und werden erst beim Ausgleich durch Mehrarbeit vergütet.

Kurzarbeit kann der Arbeitgeber zudem nicht einseitig anordnen, sondern es bedarf der Zustimmung des Arbeitnehmers und gegebenenfalls des Betriebsrats. Minusstunden können je nach vertraglicher Gestaltung einseitig durch den Arbeitgeber veranlasst werden, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht in vollem Umfang erbringt.

Welche Rechte haben Arbeitnehmer, wenn unzulässige Minusstunden verbucht werden?

Wenn der Arbeitgeber unzulässigerweise Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto verbucht, hat der Arbeitnehmer verschiedene Möglichkeiten, dagegen vorzugehen:

Zunächst sollte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber darauf hinweisen, dass die Verbuchung der Minusstunden nicht rechtens ist und um Korrektur des Arbeitszeitkontos bitten. Dabei ist es ratsam, sich auf die vertraglichen Vereinbarungen oder gesetzlichen Bestimmungen zu berufen, die der Verbuchung entgegenstehen.

Kommt der Arbeitgeber der Aufforderung nicht nach, kann der Arbeitnehmer die Streichung der Minusstunden von seinem Arbeitszeitkonto verlangen. Weigert sich der Arbeitgeber weiterhin, kann der Arbeitnehmer Klage vor dem Arbeitsgericht erheben und die Korrektur des Arbeitszeitkontos gerichtlich durchsetzen.

Zudem kann sich der Arbeitnehmer gegen unrechtmäßige Gehaltskürzungen aufgrund von Minusstunden zur Wehr setzen. Zieht der Arbeitgeber eigenmächtig Minusstunden vom Lohn ab, ohne dass dies arbeitsvertraglich gestattet ist, muss er die einbehaltenen Beträge nachzahlen. Auch hier kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch notfalls gerichtlich geltend machen.

Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer prüfen lassen, ob die unzulässige Verbuchung von Minusstunden ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz darstellt. Ist dies der Fall, kann er eine Beschwerde bei der zuständigen Aufsichtsbehörde einreichen. Diese kann ein Bußgeld gegen den Arbeitgeber verhängen und ihn zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben verpflichten.

Schließlich hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich von seinem Betriebsrat unterstützen zu lassen. Der Betriebsrat hat nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die Aufgabe, die Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze zu überwachen. Er kann den Arbeitgeber auf die Unzulässigkeit der Minusstundenverbuchung hinweisen und auf eine Korrektur drängen.

Insgesamt zeigt sich, dass Arbeitnehmer einer unrechtmäßigen Belastung ihres Arbeitszeitkontos mit Minusstunden nicht schutzlos ausgeliefert sind. Durch konsequentes Einfordern ihrer Rechte, notfalls auch auf gerichtlichem Wege, können sie eine Korrektur erreichen und finanzielle Nachteile abwenden.

Was sind die Konsequenzen für Arbeitgeber, die unrechtmäßig Minusstunden anordnen?

Ordnet ein Arbeitgeber unrechtmäßig Minusstunden an, verstößt er gegen geltendes Arbeitsrecht. Dies kann verschiedene rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen.

Zunächst kann der betroffene Arbeitnehmer die Streichung der unzulässig verbuchten Minusstunden von seinem Arbeitszeitkonto verlangen. Weigert sich der Arbeitgeber, kann der Arbeitnehmer Klage vor dem Arbeitsgericht erheben und die Korrektur des Arbeitszeitkontos gerichtlich durchsetzen.

Zudem macht sich der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig, wenn er eigenmächtig Minusstunden vom Lohn abzieht, ohne dass dies arbeitsvertraglich gestattet ist. Der Arbeitnehmer kann die zu Unrecht einbehaltene Vergütung einklagen. Je nach Ausmaß der unrechtmäßigen Praxis drohen dem Arbeitgeber hier erhebliche Nachzahlungen.

Darüber hinaus kann das unbefugte Anordnen von Minusstunden einen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz darstellen. Laut § 16 Abs. 1 ArbZG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig Minusstunden anordnet, die über die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit hinausgehen. Die zuständige Aufsichtsbehörde kann in solchen Fällen Bußgelder gegen den Arbeitgeber verhängen.

Schließlich gefährdet der Arbeitgeber durch rechtswidriges Handeln das Vertrauensverhältnis zu seinen Mitarbeitern. Fühlen diese sich ungerecht behandelt, kann es zu Motivationsverlust, inneren Kündigungen oder Arbeitsplatzwechseln kommen. Auch Konflikte mit dem Betriebsrat sind vorprogrammiert, da dieser über die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten wacht.

Um rechtliche Auseinandersetzungen und finanzielle Einbußen zu vermeiden, sollten Arbeitgeber Minusstunden nur dann anordnen, wenn eine wirksame individual- oder kollektivrechtliche Grundlage besteht. Andernfalls riskieren sie nicht nur juristische Niederlagen, sondern schaden langfristig auch dem Betriebsklima und ihrer Reputation als Arbeitgeber.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag: Regelung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Hier relevant, da die korrekte Führung des Arbeitszeitkontos eine grundlegende Pflicht aus dem Arbeitsvertrag darstellt. Im konkreten Fall war die Beklagte nicht berechtigt, das Konto mit Minusstunden zu belasten, was den Anspruch des Klägers auf Gutschrift begründet.
  • § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG: Betrifft das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei vorübergehender Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Die Beklagte hätte eine formelle Betriebsvereinbarung benötigt, um Minusstunden anzuordnen. Die Nichtbeachtung dieses Rechts führte zur Rechtswidrigkeit der Anordnung der Minusstunden.
  • § 615 Satz 1 und 3 BGB: Regelung zum Annahmeverzug und zur Lohnzahlungspflicht. Relevant, weil der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht abgerufen hat, jedoch eine Vergütung zahlen muss, da der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung angeboten hat. Im Fallbeispiel war der Arbeitgeber im Annahmeverzug, was die Unzulässigkeit der Minusstunden zusätzlich untermauert.
  • § 77 Abs. 4 BetrVG: Betont, dass durch eine Betriebsvereinbarung unmittelbare Rechte und Pflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgelöst werden. Im Fallbeispiel fehlte eine solche Vereinbarung, was die Anordnung von Minusstunden rechtlich unwirksam macht.
  • § 106 GewO: Regelung des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Erlaubt es dem Arbeitgeber, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen, schließt jedoch nicht die Befugnis ein, den Umfang der Arbeitszeit eigenmächtig zu verkürzen, wie im Fall der Minusstunden.
  • Firmentarifvertrag, speziell § 3 Ziffer 1: Schreibt vor, dass die Einführung von Kurzarbeit einer Betriebsvereinbarung bedarf. Dies unterstreicht, dass auch die Anordnung von Minusstunden, die einer Kurzarbeit ähnlich sind, einer formalen Betriebsvereinbarung bedarf. Im vorliegenden Fall war eine solche formale Vereinbarung nicht vorhanden, was die Maßnahme zusätzlich anfechtbar macht.


➜ Das vorliegende Urteil vom Arbeitsgericht Gera

ArbG Gera – Az.: 1 Ca 89/23 – Urteil vom 14.02.2024

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Arbeitszeitkonto des Klägers weitere 51,8 Stunden als Arbeitszeit gutzuschreiben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 739,19 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die korrekte Führung des Arbeitszeitkontos.

Der Kläger begehrt eine Gutschrift von 51,8 Stunden.

Der am 00.00.0000 geborene, verheiratete Kläger ist aufgrund des Arbeitsvertrages vom 11.05.2021 seit dem 01.06.2021 als Mitarbeiter Fertigung/Schweißen mit einem Bruttostundenverdienst in Höhe von zuletzt 14,27 € bei der 37 Wochenstunden Beklagten beschäftigt. Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit beträgt 7,4 Stunden.

Die Beklagte ist ein Unternehmen in der Metallverarbeitung, bei welcher ca. 150 Mitarbeiter beschäftigt sind. Im Betrieb der Beklagten besteht ein 7-köpfoger Betriebsrat.

Der am 03.02.2005 mit der IG Metall vereinbarte Firmentarifvertrag ist mit Wirkung vom 01.03.2005 in Kraft getreten.

Mit Wirkung vom 01.01.2009 ist die Betriebsvereinbarung 04/08 “Arbeitszeit, Gleitzeit und Urlaubsinanspruchnahme“ in Kraft getreten. Der Zusatz zur Betriebsvereinbarung ist mit Wirkung vom 01.02.2012 in Kraft getreten.

Infolge der Corona-Pandemie war im Betrieb der Beklagten bis einschließlich 28.02.2022 Kurzarbeit angeordnet.

Nachdem diese Problematik einigermaßen überwunden war, kam es im März 2022 wegen des Ukraine-Krieges zur Unterbrechung von Lieferketten und zu Lieferengpässen. Hiervon stark betroffen war ein Hauptabnehmer der Beklagten, die Firma M.. Als Zulieferbetrieb für MAN erwirtschaftet die Beklagte ca. 45 % ihres Jahresumsatzes. Dies führte zu einem Produktionsrückgang bei der Beklagten und zu einem geringeren Bedarf an Arbeitsleistung.

In dieser Situation hat die Geschäftsführung entschieden, nicht noch einmal Kurzarbeit anzuordnen, sondern das in der Betriebsvereinbarung geregelte Arbeitszeitkonto zu nutzen und Minusstunden anzuordnen.

Unter dem 22.03.2022 hat sie dem Betriebsrat ihre Absicht vorgestellt und um Mitteilung gebeten, ob dieser einverstanden ist oder eine weitergehende Verhandlung/Beteiligung/Vereinbarung für notwendig erachtet.

Am 28.03.2022 hat der Betriebsrat erklärt, dass aus seiner Sicht die Betriebsvereinbarung die Anordnung von Minusstunden rechtfertigen würde und es keinen Bedarf zu einer schriftlichen Vereinbarung geben würde.

Mit dem Aushang vom 28.03.2022 informierte die Beklagte die Belegschaft über die bis vorerst 31.05.2022 geplanten Maßnahmen. Der Kläger wurde von seinem dienstlichen Vorgesetzten angewiesen, seinen Arbeitsplatz an folgenden Tagen nicht aufzusuchen:

Freitag 01.04.2022 7,4 Stunden

Montag 11.04.2022 7,4 Stunden

Dienstag 12.04.2022 7,4 Stunden

Mittwoch 13.04.2022 7,4 Stunden

Donnerstag 14.04.2022 7,4 Stunden

Montag 25.04.2022 7,4 Stunden

Dienstag 26.04.2022 7,4 Stunden

Gesamt 51,8 Stunden

Auf den Zeitkontoauszug (Bl. 15 d. Akte) wird Bezug genommen. Mit Schreiben der IG Metall vom 26.07.2022 hat der Kläger die Korrektur seines Arbeitszeitkontos und die Streichung der Minusstunden geltend gemacht.

Mit seiner Klage vom 12.01.2023, bei Gericht am 13.02.2023 eingegangen, begehrt der Kläger die Gutschrift von 51,8 Stunden als Arbeitszeit auf sein Stundenkonto für den Zeitraum vom 31.03.2022 bis 25.04.2022.

Der Kläger trägt vor, ein Direktionsrecht der Beklagten zur Anordnung von Minusstunden bestehe nicht. Auch die Betriebsvereinbarung berechtige die Beklagte nicht zur Anordnung von Minderarbeit. Eine Verringerung der Arbeitszeit könne nur unter Wahrung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG angeordnet werden.

Nur eine Betriebsvereinbarung über die Verringerung der Arbeitszeit könne eine ausreichende Rechtsgrundlage sein.

Der Kläger beantragt: Die Beklagte wird verurteilt, dem Arbeitszeitkonto des Klägers weitere 51,8 Stunden als Arbeitszeit gutzuschreiben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Betriebsvereinbarung 04/08 erlaube bei Unterauslastung des Unternehmens im betrieblichen Interesse die Anordnung von Minusstunden. Dies stehe auch im Einklang mit dem Firmentarifvertrag. Der Betriebsrat habe der Verringerung der Arbeitszeit ausdrücklich zugestimmt und eine schriftliche Vereinbarung darüber nicht für nötig erachtet. Die Geschäftsführung habe sich für die Nutzung des Arbeitszeitkontos für eine Übergangszeit und die Anordnung von Minusstunden entschieden, um zu Gunsten der Belegschaft die erneute Einführung von Kurzarbeit und die damit verbundenen Gehaltseinbußen zu vermeiden. Der Großteil der Belegschaft habe diese Maßnahme mitgetragen. Lediglich 9 Arbeitnehmer hätten eine Klage eingereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien, auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolleerklärungen der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig.

Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist der Klageantrag auf Gutschrift bestimmt genug i.S.d. § 253 II Nr. 2 ZPO, da vorliegend unstreitig ein Zeitkonto geführt wird, der Antrag auf Rückgängigmachung der Streichung des Zeitguthabens gerichtet ist und auch ohne Nennung im Antrag ermittelbar ist, auf welchem Arbeitszeitkonto die jeweilige Zeitgutschrift erfolgen soll (vgl. BAG, Urteil vom 21.03.2012 – 5 AZR 676/11 Rn. 16ff.).

2. Die Klage ist begründet.

Der Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und der Betriebsvereinbarung 04/08, soweit sie Regelungen zum Zeitkonto enthält.

Die Beklagte war nicht berechtigt, das Arbeitszeitkonto des Klägers mit Minusstunden zu belasten. Daher hat der Kläger einen Anspruch auf Gutschrift der Arbeitszeit.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 17.11.2011 – 5 AZR 681/09; Urteil vom 26.01.2011 – 5 AZR 819/09) setzt die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden voraus, dass der Arbeitgeber diese Stunden im Rahmen einer verstetigten Vergütung entlohnt hat und der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist, weil er die in Minusstunden ausgedrückte Arbeitszeit vorschussweise vergütet erhalten hat. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitnehmer allein darüber entscheiden kann, ob eine Zeitschuld entsteht.

Dagegen kommt es zu keinem Vergütungsvorschuss, wenn sich der das Risiko der Einsatzmöglichkeit bzw. des Arbeitsausfalls tragende Arbeitgeber nach § 615 Satz 1 und 3 BGB im Annahmeverzug befunden hat.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn § 615 Satz 1 und 3 BGB wirksam abbedungen worden sind. Dies ist jedoch nur, wenn überhaupt, durch klare und deutliche Regelungen in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung möglich (Beismann NJW-Spezial 2022, 114 f.).

Bei Anwendung dieses Maßstabes durfte die Beklagte das Arbeitszeitkonto des Klägers nicht mit Minusstunden belasten.

Zwar hat sie dem Kläger unstreitig mit einer verstetigten Vergütung entlohnt. Der Kläger konnte jedoch nicht allein darüber entscheiden, ob eine Zeitschuld entsteht. Er konnte über die von ihm geleistete Arbeitszeit nicht frei entscheiden. Die Arbeitszeit wurde ihm von seinem dienstlichen Vorgesetzten zugewiesen.

Die Beklagte befand sich im streitgegenständlichen Zeitraum im Annahmeverzug.

Zu einer einseitigen Verkürzung der Arbeitszeit war die Beklagte nicht berechtigt.

Eine solche Berechtigung ergibt sich zunächst nicht aus dem Direktionsrecht.

Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Dieses Weisungsrecht enthält jedoch nur die Befugnis, die Lage der Arbeitszeit einseitig festzulegen. Dagegen gehört der Umfang der Arbeitszeit zum Kernbestand des arbeitsvertraglichen Austauschverhältnisses und wird vom Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht umfasst.

Für die Anordnung von Minusstunden kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg auf die Betriebsvereinbarung 04/08 berufen.

Allerdings ergibt sich bereits aus den Vorbemerkungen, dass eine Regelung zur Verteilung der Arbeitszeit notwendig ist, um bei ungleichmäßiger Verteilung der Auftragseingänge und zur termingerechten Bedarfseinordnung Auftragsspitzen bzw. einer Unterauslastung im Unternehmen durch Anpassung der Arbeitszeitverteilung wirkungsvoll begegnen zu können. Das Ziel der Anwendung von Gleitzeitkonten ist es, einen derartigen Ausgleich zu ermöglichen. Die Anwendung der flexiblen Arbeitszeit (Gleitzeit) dient dem betrieblichen Interesse und schafft individuelle Arbeitszeit-Gestaltungsmöglichkeiten für die Arbeitnehmer.

Die Betriebspartner haben jedoch in Ziffer 5 der Betriebsvereinbarung 04/08 geregelt, dass die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei der Einführung und Nutzung flexibler Arbeitszeit bzw. bei der Veränderung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit zu berücksichtigen sind.

An der Berücksichtigung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats fehlt es.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der vorübergehenden Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Zentrales Mittel zur Ausübung der Mitbestimmung nach § 87 BetrVG ist die Betriebsvereinbarung, da nur durch sie unmittelbare Rechte und Pflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgelöst werden (§ 77 Abs. 4 BetrVG). Für Betriebsvereinbarungen gilt nach § 77 Abs. 2 Satz 1 und 2 BetrVG ein Schriftformerfordernis. Eine formlose Regelungsabrede kann dagegen keine unmittelbar und zwingend geltenden Rechte und Pflichten für Arbeitnehmer begründen.

Die Beklagte kann sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie über die „zugunsten der Belegschaft“ geplante Anordnung von Minusstunden den Betriebsrat am 22.03.2022 informiert hat und dieser bei einem Gespräch am 28.03. der Maßnahme zugestimmt hat und keinen Bedarf für eine schriftliche Vereinbarung gesehen hat. Mangels schriftlicher Niederlegung und Unterzeichnung der mit dem Betriebsrat getroffenen Vereinbarung kann die Anordnung von Minusstunden nicht unmittelbar und zwingend für die betroffenen Arbeitnehmer gelten. Nach Auffassung der Kammer war die zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat vereinbarte Maßnahme zwar gut gedacht, aber schlechtgemacht. Eine schriftliche Vereinbarung war zwingend erforderlich.

Für die Anordnung von Minusstunden kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg auf den Firmentarifvertrag berufen.

Dieser regelt in § 3 Ziffer 1 ausdrücklich, dass die Einführung von Kurzarbeit einer Betriebsvereinbarung bedarf. Die Anordnung von Minusstunden ist in der Sache nichts anderes als eine vorübergehende Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit. Der Weg, den die Beklagte gewählt hat, bedeutet lediglich, dass auf eine Finanzierung der Kurzarbeit über die Bundesagentur für Arbeit verzichtet worden ist. Stattdessen hat die Beklagte die Verringerung der Arbeitszeit über die Arbeitszeitkonten ihrer Mitarbeiter finanziert. Der Beklagten ist zuzugeben, dass dies für die betroffenen Arbeitnehmer den Vorteil hat, dass sie keine Verdiensteinbußen erleiden. Für die Verringerung der Arbeitszeit ist jedoch auch nach dem Tarifvertrag eine schriftliche und vom Betriebsrat unterzeichnete Betriebsvereinbarung zwingend erforderlich.

Auch aus § 7 Abs. 2 des Firmentarifvertrages ergibt sich nichts Anderes. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind nicht gegeben. Die Arbeit musste nicht aus Gründen ruhen, die weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer zu vertreten haben. Es lag kein dort aufgezählter Beispielsfall vor. Ein Auftragseinbruch beim Hauptabnehmer MAN ist nicht gleichzusetzen mit Naturkatastrophen oder außerbetrieblichen Energiestörungen.

Nach alledem war der Klage stattzugeben.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Der Streitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 3, 5 ZPO im Urteil festzusetzen. Zugrunde gelegt wurde der Wert der eingeklagten Forderung. Der Streitwert ist entsprechend des Geldwertes der Minusstunden festzusetzen.

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