Den Ruf des Party-Bürgermeisters mochte er nie: Klaus Wowereit wird 70

„Arm, aber sexy“

Den Ruf des Party-Bürgermeisters mochte er nie: Klaus Wowereit wird 70

Unser Ex-Bürgermeister Klaus „Wowi“ Wowereit feiert am Wochenende seinen 70. Geburtstag! Hier kommen die Highlights seiner bewegten Karriere …

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Klaus Wowereit wird am Sonntag 70 Jahre alt.
Klaus Wowereit wird am Sonntag 70 Jahre alt.Annette Riedl/dpa

Unser Ex-Bürgermeister Klaus „Wowi“ Wowereit feiert am Wochenende seinen 70. Geburtstag! Hier kommen die Highlights seiner bewegten Karriere …

Er orchestrierte Berlins Aufstieg von der ehemaligen Frontstadt des Kalten Kriegs zur hippen Kreativmetropole von Weltrang, sein öffentliches Outing mit den Worten „Ich bin schwul – und das ist auch gut so“ gilt bis heute als gesellschaftlicher Meilenstein. 13 Jahre lang lenkte Klaus Wowereit als Regierender Bürgermeister die Geschicke der Hauptstadt, bevor er sich 2014 aus der Politik zurückzog. Am Sonntag wird der SPD-Politiker 70 Jahre alt.

Wowi ist in Tempelhof geboren

Wowereit wird 1953 im Stadtteil Tempelhof geboren, wächst in einfachen Verhältnissen mit vier Geschwistern ohne Vater auf. Als Schüler tritt er der SPD-Jugendorganisation bei, engagiert sich während seines Jurastudiums in der Partei. Später wird er Bezirksabgeordneter und Bezirksstadtrat.

1995 zieht Wowereit als Abgeordneter ins Berliner Abgeordnetenhaus ein. Nach der Abgeordnetenhauswahl von 1999 steigt er zum Fraktionschef der SPD im Landesparlament auf, die als Juniorpartner mit der CDU in einer großen Koalition unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen regiert.

Mit seiner lockeren Ausstrahlung hebt Wowereit sich im Politikbetrieb ab. Seine Stunde schlägt, als die SPD 2001 im Zuge einer Regierungskrise Diepgen per Misstrauensantrag gemeinsam mit Grünen und PDS stürzt. Auf einem Sonderparteitag wählt die SPD ihn zum Kandidaten für die Nachfolge.

Klaus Wowereit wurde 2001 Bürgermeister von Berlin.
Klaus Wowereit wurde 2001 Bürgermeister von Berlin.photothek/Imago

Wowereit outet sich als erster deutscher Spitzenpolitiker

Auf diesem Parteitag am 10. Juni 2001 macht Wowereit mit seinem berühmten Satz seine Homosexualität öffentlich bekannt. Er ist der erste deutsche Spitzenpolitiker, der dies tut. Entsprechend groß sind Aufmerksamkeit und Wirkung, Wowereit wird so auch zu einer Ikone unter Schwulen und Lesben.

Den Satz habe er spontan formuliert, verrät er später in Interviews. Der Schritt an sich sei aber vorbereitet gewesen. „Ich denke, dass es richtig war, in die Offensive zu gehen, und bin auch ein bisschen stolz darauf, was das für andere bewirkt hat“, fügt der ehemalige Bürgermeister hinzu.

Berlins Ex-Bürgermeister Wowereit mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder
Berlins Ex-Bürgermeister Wowereit mit Ex-Kanzler Gerhard SchröderUta Wagner/Imago

„Arm, aber sexy“

Durch das erfolgreiche Misstrauensvotum wird Wowereit zum Bürgermeister, wenige Monate später gewinnt die SPD mit ihm als Spitzenkandidat die Neuwahl und löst erstmals seit 27 Jahren die CDU in Berlin als stärkste Kraft ab. Nach dem Scheitern von Gesprächen über eine Ampel-Koalition mit Grünen und FDP schmiedet er ein Bündnis mit der SED-Nachfolgepartei PDS, die später in der Linken aufgeht. In der ehemals geteilten Hauptstadt ist das brisant.

Wowereit konzentriert sich auf die Haushalts- und Kulturpolitik. Berlin ist hoch verschuldet, der Senat muss einen drastischen Konsolidierungskurs wählen. „Sparen, bis es quietscht“, drückt es der Bürgermeister einmal aus. Berlin sei „arm, aber sexy“, sagt er bei anderer Gelegenheit. Der Spruch prägt sich ein und wird zu so etwas wie dem informellen Stadtmotto.

Tatsächlich vollzieht die Hauptstadt während der Amtszeit Wowereits, der die SPD bei zwei Abgeordnetenhauswahlen 2006 und 2011 erneut zum Sieg führt, einen Imagewandel. Sie etabliert sich als Trendsetter-, Party- und Kulturmetropole mit internationaler Ausstrahlung, bekannt etwa für Nachtklubs wie das Berghain oder die jährlichen Filmfestspiele Berlinale.

Wowereit konnte es nie leiden, als „Party-Bürgermeister“ bezeichnet zu werden.
Wowereit konnte es nie leiden, als „Party-Bürgermeister“ bezeichnet zu werden.photothek/Imago

Wowereit mochte Titel „Party-Bürgermeister“ nie

Nach Meinung vieler Beobachter hat Wowereit als lässiger Markenbotschafter bei gesellschaftlichen Anlässen großen Anteil daran. Scherzhaft wird er „Regierender Partymeister“ genannt. Er ist davon wenig begeistert. „Das ist kein Ruf, das ist eine Diffamierung“, kritisiert er in einem Interview.

Mit fortschreitender Amtszeit häufen sich außerdem die Probleme, die anfänglich von ihrem unkonventionellen Regierungschef begeisterten Berliner sind zunehmend ernüchtert. Nach der Wahl 2011 geht Wowereit eine große Koalition mit der CDU ein, was ihn von Teilen seiner SPD entfremdet.

Die folgenden Jahre werden zusätzlich überschattet vom Planungsdesaster um den Hauptstadtflughafen BER, dessen Eröffnung mehrfach verschoben werden muss. Wowereit gerät immer stärker in den Sog des Skandals, in der SPD wird seine Führungsfähigkeit zunehmend angezweifelt. Im Juni 2014 kündigt er den Rückzug an, im Dezember übernimmt sein Nachfolger Michael Müller.

Klaus Wowereit war von 2001 bis 2014 Regierender Bürgermeister von Berlin.
Klaus Wowereit war von 2001 bis 2014 Regierender Bürgermeister von Berlin.Julia Steinigeweg

Wowi ist heute ganz normaler Rentner

Für Wowi beginnt ein neuer Lebensabschnitt ganz ohne Politik – zunächst gemeinsam mit seinem langjährigen Lebensgefährten Jörn Kubicki, der aber 2020 mit 54 Jahren stirbt. „Er ist nicht zu ersetzen“, sagt Wowereit später der Berliner Zeitung. Aber sein großer Freundeskreis helfe.

Ansonsten unterschieden sich seine Tage heute „nicht wesentlich von denen anderer Rentner“, ergänzt er. Er habe es weitgehend vermieden, Ehrenämter zu übernehmen und mische sich auch nicht ins politische Tagesgeschäft ein. „Wenn man aufhört, dann sollte man auch konsequent sein“, betont Wowereit.