Integration in den Arbeitsmarkt

Förderprogramm BIWAQ: Wie Kommunen neue Job-Chancen schaffen

Carl-Friedrich Höck30. April 2024
Bundesbauministerin Klara Geywitz übergab eine Förderurkunde an Martin Hikel, den Bürgermeister des Bezirks Berlin-Neukölln.
Ein Programm soll die Arbeitsmarkt-Integration in benachteiligten Quartieren fördern und die Wirtschaft unterstützen. BIWAQ heißt es, das Geld dafür kommt vom Bund und der EU. Am Freitag erhielten 47 Kommunen eine Förderurkunde.

Bauen und Steine seien wichtig, aber nicht alles, betont Klara Geywitz. Dabei ist genau das ihr Zuständigkeitsbereich als Bundesministerin: Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Mit dem Programm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier“ – kurz BIWAQ – zielt ihr Ministerium aber darüber hinaus, nämlich auf den sozialen Bereich. Quartiere seien „ein ganz wichtiger Sozialraum“, sagt die SPD-Politikerin. Ihr Ministerium erklärt: BIWAQ solle städtebauliche Maßnahmen mit lokalen Bildungs-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktprojekten verbinden.

Das Programm existiert seit 2008, mittlerweile läuft die fünfte Förderphase. Für diese wurden 47 Kommunen ausgewählt. Am vergangenen Freitag erhielten sie in Berlin ihre Förderurkunden. Das Geld kommt zum einen aus der EU: 94 Millionen Euro fließen bis 2027 aus dem Europäischen Sozialfonds Plus. Dazu kommen 97 Millionen Euro aus dem Bundesbauministerium (im Zeitraum 2023 bis 2026).

Neue Erwerbsaussichten

Die Grundidee ist es, die Erwerbschancen von Bewohner*innen benachteiligter Stadtteile zu verbessern. Zielgruppe der aktuellen Förderperiode sind Langzeitarbeitslose, gering Qualifizierte, Geflüchtete und andere Zugewanderte sowie junge Menschen und über 55-Jährige. Das Programm soll ihnen helfen, eine nachhaltige Beschäftigung aufzunehmen und so auch langfristig neue Perspektiven zu gewinnen.

Man wolle die Menschen stufenweise qualifizieren und an den Arbeitsmarkt heranbringen, berichtet Jan Turczynski, parteiloser Bürgermeister der Stadt Suhl. Er meint Menschen, „die auch ein Stück weit sich abgehängt fühlen.“ Die Klientel müsse man nicht erst kennenlernen, sie hätten Fallnummern beim Jobcenter, aber man müsse sie abholen und motivieren. Gleichzeitig wolle man „den Sprung in die Wirtschaft“ versuchen und beide Seiten zusammenbringen.

Carsten Quirin (CDU), Bürgermeister der Stadt Saarlouis, erklärt: Für viele sei es immer noch ein Hemmnis, zum Jobcenter gehen zu müssen. Das werde wahrgenommen, als müsse man Almosen empfangen. Diese Vorbehalte will man in Saarlouis abbauen, indem man ein gemütliches Umfeld schafft. Beispielsweise finden Angebote für Arbeitsuchende im Café statt. Ein weiter Ansatz: „Wir haben ein Reparaturcafé und eine Fahrradwerkstatt“. Dort könne man herausfinden: Was macht den Projektteilnehmenden Spaß? Sind sie handwerklich begabt?

Auch die Kommune profitiert

Im Gebiet Suhl-Nord läuft seit einigen Jahren das Projekt „Suhl integriert“. Dazu gehört unter anderem eine niedrigschwellige Integrationswerkstatt. Dort bauen die Projektteilnehmenden zum Beispiel Vogelhäuschen oder ein Insektenhotel fürs Altersheim. Der Grundgedanke: Sie sollen etwas für ihren Stadtteil tun und gleichzeitig Erfahrungen sammeln, die sie auch für potenzielle Arbeitgeber*innen interessant machen. Lokale Unternehmen und Verbände werden in das Projekt einbezogen.

In Halle gibt es das BIWAQ-Projekt „Elementarteile“, angesiedelt in den Plattenbauvierteln Halle-Neustadt und Silberhöhe. Arbeitslose können hier PC- und Kommunikationskurse belegen, Bewerbungstrainings machen oder an einem Berufe-Speeddating teilnehmen. Das Projekt arbeitet eng mit dem lokalen Quartiersmanagement zusammen. Im Rahmen von Berufspatenschaften begleiten Ehrenamtliche die Arbeitslosen beim (Wieder-)Einstieg ins Erwerbsleben.

Martin Hikel

Dass Förderprogramme viel bewirken können, zeige exemplarisch der Berliner Bezirk Neukölln, ist dessen Bürgermeister Martin Hikel (SPD) überzeugt. In den 1990er und Anfang der 2000er Jahre galt Neukölln als Problembezirk, mit viel Leerstand. Mit Quartiersmanagement und anderen Maßnahmen sei es gelungen, die Infrastruktur zu revitalisieren. Mittlerweile habe Neukölln „den Turnaround geschafft“, betont der Bürgermeister. Freie Wohnungen gebe es kaum noch. Doch einige Probleme seien geblieben: Eine Arbeitslosenquote von 14,5 Prozent, Drogenkonsum im öffentlichen Raum, Kriminalität. „Genau darum brauchen wir weiter Impulse wie über BIWAQ“, sagt Hikel.

 

Welche 47 Kommunen aktuell gefördert werden:
biwaq.de

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