Eliteeinheit kämpft gegen Putins Truppen an der Front – und den eigenen Ruf
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Eliteeinheit trotzt Putins Truppen an der Front – offenbar ganz ohne Hilfe aus dem Westen

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Bei der ukrainischen Verteidigung gegen Russland kommt der Asow-Brigade offenbar eine wichtige Rolle zu. Die Einheit kämpft aber auch gegen ihren Ruf an.

Lyman – Vor dem Aggressor ist im Ukraine-Krieg nichts und niemand sicher. Die Truppen von Kreml-Chef Wladimir Putin töten Kiews Soldaten ebenso wie Zivilisten, zerstören Gebäude sowie Infrastruktur offenbar wahllos und auch die Natur wird schwer in Mitleidenschaft gezogen. So wie der Serebryansky-Wald nahe Lyman in der Oblast Donezk – hier ist seit Monaten Frontgebiet.

Frontgebiet im Ukraine-Krieg: Video zeigt, wie Russland einen Wald komplett zerstört

Was das für die Kiefern und anderen Pflanzen bedeutet, soll ein vom ukrainischen Verteidigungsministerium in Zusammenarbeit mit United24Media auf Twitter veröffentlichtes Video verdeutlichen. Zunächst ist ein vor Grün nur so strotzendes Fleckchen Erde aus der Vogelperspektive zu sehen. Baum drängt sich an Baum. Der Ort wirkt anziehend und einladend.

In den folgenden Aufnahmen vom Boden aus ist davon nichts mehr übrig. Nur noch vereinzelt stehen teilweise verkohlte, aber durchweg kahle Stämme herum, wirken fehl am Platz, andere liegen auf dem Boden. Die Atmosphäre ist düster. Es drängt sich der Eindruck auf, hier wäre der Tod persönlich zu Hause. Wohlfühlen dürfte er sich allemal.

Der Wald gehört zum Einsatzgebiet der Asow-Brigade, wie der Guardian schreibt. Die Einheit machte sich einen Namen, als sie das von den Angreifern in den ersten Kriegswochen eingekesselte Mariupol trotz deutlicher Unterlegenheit lange verteidigte, sich mit zahllosen Zivilisten in das Stahlwerk der Stadt zurückzog, der Übermacht aber letztlich nicht standhalten konnte.

Asow-Brigade kämpft gegen Putins Truppen: „Jeden Tag Übergriffe - manchmal 24 Stunden lang“

Weil Asow zu den Eliteeinheiten des Landes gehöre, beorderte die Militärführung die Kämpfer dem Bericht zufolge im vergangenen Sommer in diesen schwer unter Beschuss geratenen Sektor. Es sei die Furcht umgegangen, die Front könnte zusammenbrechen. Laut „Maslo“, einem 29-jährigen Oberfeldwebel des ersten Bataillons, sind die Ukrainer den Russen eins zu fünf unterlegen, in manchen Frontsektoren sogar eins zu zehn.

Sie müssten „ständige Übergriffe“ abwehren, die „jeden Tag, manchmal 24 Stunden lang“ über sie hereinbrechen. Die Gegenattacken nehmen sie demnach zu Fuß vor.

Gefahr droht ihnen dabei nicht nur vom Boden aus. „Makas“, Oberfeldwebel im zweiten Bataillon, spricht davon, dass „pro Tag 100 bis 150 Gleitbomben auf einen Sektor abgefeuert werden“. Einige seien 1,5 Tonnen schwer und würden „30 Meter breite und sieben bis zehn Meter tiefe Krater“ verursachen.

Zwei Soldaten in einem Waldgebiet
Streitbare Einheit: Die Asow-Brigade ist für die Ukraine überlebenswichtig, hat im Westen jedoch einen schlechten Ruf. © Alex Babenko/AP

Asow-Brigade verteidigt Ukraine: Einheiten bestehen nur aus freiwilligen Kämpfern

Der Artikel erwähnt, dass eine Ausweitung der russischen Offensive erwartet wird, womöglich habe sie schon begonnen. Bislang hat Moskau Schätzungen zufolge schon 400.000 Soldaten in die Ukraine geschickt, die Zahl soll auf eine halbe Million steigen.

„Makas“ geht zwar davon aus, dass „zehn bis 15 Russen für jeden Ukrainer getötet“ werden. Dennoch sind die Verteidiger auf weitere Kämpfer an ihrer Seite angewiesen. Asow selbst besteht aus mehr als 5000 Soldaten, ausschließlich Freiwillige. Es soll eine Warteliste geben, sodass sich die Kommandeure ihre Leute auswählen können.

Männer mit Waffen im Anschlag und in olivfarbenen Anzügen
Sind sie mittlerweile für die Asow-Brigade an der Front? Diese Bilder entstanden bei einem Militärtraining der Einheit im Spätsommer 2023 in Odessa. © IMAGO / ZUMA Wire

Die Brigade fühlt sich als Sieger der Kämpfe im Serebryansky-Wald, heißt es. Stabschef Bohdan „Tavr“ Krotevych nennt als Erfolgsgeheimnisse die große Moral, den engen Zusammenhalt und die Bereitschaft, jede Person unabhängig vom Rang anzuhören. Letzteres ist im Militär mit seiner straffen Befehlskette ein wahrlich ungewöhnlicher Ansatz. Der 31-Jährige propagiert den „gegenseitigen Respekt“ und erwähnt das im Vergleich mit Kiews übrigen Streitkräften niedrige Durchschnittsalter von „unter 35 Jahren“.

Asow-Brigade im Ukraine-Krieg: Kritik an der nicht ausreichenden Unterstützung aus dem Westen

Die Gesamtlage im Ukraine-Krieg ist angesichts der russischen Übermacht dennoch weiter brandgefährlich. Schließlich können die Asow-Kämpfer nicht überall sein.

Grundsätzlich erhofft sich „Tavr“ mehr von den Unterstützern außerhalb der Ukraine, unabhängig vom nun freigegebenen milliardenschweren Hilfspaket aus den USA. Bislang habe der Westen nur Waffen geliefert, um „eine Pattsituation herbeizuführen, die für den Westen vielleicht angenehm ist, auch wenn weiterhin Zivilisten sterben“.

Gerade die Asow-Kämpfer haben bei den Ländern, die der Ukraine beistehen, aber nicht den besten Ruf. Ihnen werden rechtsextreme Ansichten nachgesagt, sie wurden als „Nazis“ oder „Faschisten“ gebrandmarkt. Die USA untersagen seit einigen Jahren jegliche Unterstützung ihrerseits für das Bataillon. In einem Gastbeitrag für Ukrainska Pravda kritisierte Asow-Kommandant Denys „Redis“ Prokopenko diesen Bann als „kafkaeske Situation“, die öffentlich gemacht werden müsse.

Mehrere Soldaten in Uniform
Eines der bekanntesten Gesichter der Asow-Brigade: Kommandant Denys „Redis“ Prokopenko erhofft sich Unterstützung aus dem Westen. © Twitter/@grntmedia

Asow-Brigade und ihr Ruf im Westen: Laut Kommandeur hält sich Einheit an Nato-Standards

Ohne die modernen westlichen Waffen sei die Verteidigung von Mariupol erschwert worden: „Wie viele Leben hätten gerettet werden können und wie wäre die Verteidigung der Stadt ausgegangen, wenn Asow neben unserer starken Motivation, unserem Zusammenhalt und unserer Professionalität über moderne Panzerfahrzeuge und Artilleriesysteme verfügt hätte?“

Vor allem sieht der Kommandeur die Brigade als Opfer russischer Propaganda – und das seit rund einem Jahrzehnt. Dabei sei Asow die erste Einheit in der Ukraine gewesen, die die Nato-Standards übernommen habe. Trotz des Nachteils, vom Westen nicht unterstützt zu werden, würden die Kämpfer nach der Zeit in russischer Gefangenschaft an die Front zurückkehren.

Daher appelliert Prokopenko daran, Asow von den Schwarzen Listen zu streichen. Laut Guardian hat sich die Brigade „von jeglichen rechtsextremen Assoziationen entledigt“. Fraglich bleibt nur, ob das den Westen und in erster Linie die USA überzeugt. (mg)

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