Lauterbach ist alarmiert: Supermarkt-Schnaps soll von der Kasse verschwinden

Lauterbach ist alarmiert: Supermarkt-Schnaps soll von der Kasse verschwinden

Verführen Schnaps und alkoholische Getränke an der Kasse Menschen dazu, mehr zu trinken? Gesundheitsminister Karl Lauterbach sieht eine Gefährdung.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. 
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Michael Sohn/AP

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich auf Twitter angesichts von Schnapsflaschen an der Supermarktkasse beunruhigt gezeigt. Er fordert in einem Tweet eine Debatte über die sogenannte Quengelware. Allerdings soll dieses Mal nicht über Süßigkeiten, sondern über Alkohol diskutiert werden. 

Nach Ansicht von Lauterbach erleichtert Schnaps im Kassenbereich den Griff zur Flasche. Konkret twitterte er am Wochenende: „Über diese Art Regale an der Supermarktkasse muss gesprochen werden“. Menschen mit einer Alkoholkrankheit würden so nach seinen Worten „gezielt gefährdet“. Lauterbach will nun offenbar eine eine Debatte über diese Art der Warenpräsentation anstoßen.

Ampel-Regierung will Alkohol-Werbung einschränken

In puncto Alkoholpolitik plant die Ampel-Regierung laut Koalitionsvertrag ohnehin eine Änderung. Alkohol und Tabak sind nach den Angaben des Drogenbeauftragten Burkhard Blienert nach wie vor allgegenwärtig. Jährlich seien darauf 150.000 Tote zurückzuführen. „Jeder Erwachsene trinkt im Schnitt einen ganzen Eimer reinen Alkohol im Jahr und raucht sage und schreibe über 1000 Zigaretten.“ Auch Blienert forderte mehr Strenge. 

Auf Blienerts Rufe nach Marketingverboten für Alkohol und Co. reagierte die Werbebranche jedoch mit Kritik. In den drei Feldern – Alkohol, Tabakkonsum und Glücksspiel – sehe man keinerlei Handlungsbedarf des Gesetzgebers, erklärte der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft im Januar. 

Alkoholsucht nimmt in Deutschland wohl zu

Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums ist der Alkoholkonsum in Deutschland populär wie eh und je. „7,9 Millionen Menschen der 18- bis 64-jährigen Bevölkerung in Deutschland konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form.“ 

Auch eine Studie der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) zeigte Ende letzten Jahres, dass die Zahl der Alkoholsüchtigen offenbar steigt. Die Zahl der KKH-versicherten Berufstätigen mit exzessiven Alkoholkonsum sei von 2011 bis 2021 um rund ein Drittel (32 Prozent) gestiegen, in der Altersgruppe der 35- bis 39-Jährigen sogar um 88,5 Prozent, heißt es nach einem Bericht der Funke Mediengruppe in der Studie.

Insgesamt diagnostizierten Ärzte unter den 700.000 berufstätigen KKH-Versicherten im vergangenen Jahr demnach rund 8200 Patienten mit einer Alkoholsucht. Fast ein Drittel der Berufstätigen trinke zudem an mehreren Tagen pro Woche Alkohol, neun Prozent davon täglich.

Wann beginnt eine Alkoholsucht?

Geht es um die Früherkennung der Krankheit, verwies die Bundesärztekammer auf die sogenannte ICD-10 (WHO 2000). Dabei handelt es sich um die „Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“. 

Folgende Merkmale können auf eine Alkoholerkrankung hindeuten:
  • Craving (Verlangen): Gesteigertes oder fast unbezwingbares Verlangen nach Alkohol
  • Kontrollfähigkeit nimmt zunehmend ab: Beginn, Menge und Beendigung des Alkoholkonsums sind nicht mehr kontrollierbar
  • Toleranz entwickelt sich: Eine zunehmend größere Menge Alkohol wird vertragen und oder benötigt; nach langjähriger Abhängigkeit erfolgt Toleranzminderung
  • Entzugserscheinungen stellen sich ein: Körperliche Symptome (z. B. Erbrechen, Übelkeit) oder psychische Symptome (Angst, innere Unruhe) bei Abfall des Alkoholspiegels; Verschwinden der Symptome bei Alkoholkonsum
  • Substanzmissbrauch/ Verstecken von Alkohol: Anlegen von (heimlichen) Alkoholvorräten; Organisation des Tagesablaufs, sodass Alkoholkonsum möglich ist; fortschreitende Vernachlässigung anderer Interessen
  • Konsum trotz Beeinträchtigungen: Fortsetzung des Alkoholkonsums, obwohl körperliche Schäden, negative soziale Folgen oder psychische Veränderungen wahrgenommen werden

Wurden gleichzeitig mindestens drei dieser Merkmale während des letzten Jahres festgestellt, liegt nach den Worten der Bundesärztekammer eine Alkoholabhängigkeit gemäß ICD-10 vor. Jüngst empfahl Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach noch, ein Glas Bier oder Wein pro Tag zu trinken. (mit dpa)