Ein Pionier der Kinotechnik stammte aus Ilmenau – das GoetheStadtMuseum zeigt sein Lebenswerk - Regionalmanagement Thüringer Bogen

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Museen bewahren Geschichte. Und sie erzählen Geschichten. Besonders augenfällig ist das in der gegenwärtigen Sonderausstellung des GoetheStadtMuseums Ilmenau. Sie ist Karl August Geyer gewidmet, Ilmenauer und Sonntagskind, geboren an einem 29. Februar, den bis dahin wohl nur wenige in seiner Heimatstadt auf dem Schirm gehabt haben dürften. Denn Geyer verließ früh die Heimatstadt, ausgerüstet mit dem Wissen, das er sich in der Großherzog-Sächsischen Fachschule für Glasinstrumentenmacher und als einer der ersten Absolventen des Ilmenauer Technikums angeeignet hatte. Er ging nach Berlin, hatte bei Siemens & Halske Anteil an der Weiterentwicklung der Glühlampe und kam 1906 mit dem aufstrebenden Medium seiner Zeit in Kontakt, nämlich dem Film. Die Sonderausstellung zeigt eindrucksvoll die Entwicklung des damals 26-Jährigen zu einem der bedeutendsten Pioniere der Kinotechnik. Und dass die legendären Geyer-Werke eng mit Ilmenau verknüpft sind.

Eines Tages schneite Christian Geyer ins Büro von Museumschefin Kathrin Kunze und stellte sich als Enkel eben jenes Karl August vor. Und erklärte, dass es in der Tat an der Zeit sei, diesen Sohn der Stadt mit einer Sonderausstellung zu würdigen. Je mehr die Museumsleiterin vom Enkel über den Großvater erfuhr, desto überzeugter wurde sie von der Notwendigkeit, dem Lebenswerk von Karl August Geyer im GoetheStadtMuseum Raum zu geben. Zumal der Enkel versprach, dass sich die Familie um die geeigneten Exponate kümmern würde. Schließlich hatten sie ihr Erbe an Archivalien der Deutschen Kinemathek Berlin vermacht, was auch einen Rückgriff darauf ermöglicht. Drei Jahre später konnte die Sonderausstellung eröffnet werden.

Verdienst Geyers sei es, das künstlerische Schaffen der Filmemacher vom technischen Teil getrennt zu haben, sagt Museumsleiterin Kunze. Und er erfand Maschinen, mit denen sich die Filme in großem Stil kopieren ließen. Auf dem Rundgang folgt der Besucher chronologisch dem Lebensweg Geyers. Und das ist alles andere als staubtrocken angelegt. Medienstationen nehmen den Betrachter mit in jene Jahre, etwa ein Film, der den Arbeitsalltag in einem Kopierwerk zeigt. An einer der Hörstationen kommt Geyer selbst zu Wort. „Spannend ist es, wenn die Mitarbeiter der Geyer-Werke in einem Interview Anfang der 80er Jahre über ihre Arbeit berichten. Dankenswerterweise konnten diese Tondokumente für unsere Ausstellung zugängig gemacht werden“, erzählt Kathrin Kunze. Da ist auf einem Foto der junge Geyer zu sehen, gemeinsam mit seinem Bruder Alfred. Der Vater betrieb eine Tischlerei, die später dieser Bruder übernahm. „Und die Tischlerwerkstatt gibt es unter dem Namen Geyer auch heute noch in Ilmenau. Die Nachfahren von Karl August haben uns übrigens beim Aufbau der Ausstellung kräftig unterstützt. Unter anderem baute Handwerksmeister Andreas Geyer die Medienstationen und Podeste. Er und seine Mitarbeiter wuchteten auch die schwere Perforiermaschine in unsere Gebäude“, freut sich Kunze.

Die Ausstellung zeigt den Aufschwung des Mediums Film in den 20er Jahren. Einen gewaltigen Sprung machten die Umsätze mit Beginn der Naziherrschaft. Ob der Eigentümer wollte oder nicht, in den Geyer-Werken musste die Wochenschau kopiert werden. „Es geht sogar die Geschichte um, dass einmal Goebbels im Büro von Karl August Geyer erschien und kundtat, das Kopierwerk kaufen zu wollen“, weiß die Museumsleiterin. Dieser antwortete nur mit einem energischen Kopfschütteln. Also wurde erst der eine Sohn eingezogen, später der zweite. Vermutlich hofften die Nazis, dass dem alten Herrn die Aufgaben über den Kopf wuchsen und er schließlich aufgeben würde. Nichts dergleichen trat ein.

Als das Tausendjährige Reich nach nur zwölf schlimmen Jahren unterging, rettete Karl August so viel seiner Maschinen, wie nur möglich und brachte sie in seiner Heimatstadt Ilmenau unter. Nach Kriegsende ging es von hier zunächst nach Hamburg, wo die Geyer-Werke wieder aufgebaut wurden. Später wurde das Unternehmen auch wieder in Berlin ansässig. Hier wurden bedeutende Filme des Neuen deutschen Kinos kopiert.

„Mein Großvater war ein Visionär“, sagt Enkel Christian Geyer. „In einer Zeit, da die Bilder laufen lernten, war er einer, der dabei mächtig half.“ Das sei einer der Hauptgründe gewesen, dass er sich ans Ilmenauer GoetheStadtMuseum wandte. Ein großer Sohn Ilmenaus musste dem Vergessen entrissen werden. Der Enkel erinnert daran, dass der Großvater anno 1911 den Stummfilm „Die vier Teufel“ 375-mal kopiert hatte. „Das kam damals einer Sensation gleich. Bis dahin wurden die Filme von Hand kopiert, das kostet viel Zeit und war in solcher Zahl gar nicht zu schaffen.“ Christian Geyer ist mehr als zufrieden mit der Ausstellung. „Sie zeigt eindrucksvoll die Leistung meines Großvaters für die Filmindustrie!“ Der Enkel kommt am 10. September an den Geburtsort des Großvaters, um im Kleinod in der Karl-Zink-Straße 6 anlässlich der Aufführung des Stummfilms „Die vier Teufel“ über Karl August Geyer zu sprechen. Beginn ist 19.30 Uhr.

Im Rahmen der Ausstellung werden noch folgende Filme gezeigt:

„Das blaue Licht“ am 8. September im Parkcafé Festhalle (18 Uhr)

„Der Himmel über Berlin“ am 6. Oktober im Parkcafé Festhalle (18 Uhr)

„Deine Augen sind Monde …“ am 30. Oktober im GoetheStadtMuseum (18.30 Uhr)

weitere Infos zur Sonderausstellung

Bild: Diese Maschine erfand Karl-August Geyer. Museumsleiterin Kathrin Kunze freut sich, diese Originale zeigen zu können. | © Klaus-Dieter Simmen

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