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Film Jodie Foster

„Ich fühle für ‚True Detective‘ dieselbe Begeisterung wie für ‚Das Schweigen der Lämmer‘“

Jodie Foster als Ermittlerin Liz Danvers Jodie Foster als Ermittlerin Liz Danvers
Jodie Foster als Ermittlerin Liz Danvers
Quelle: Warner/2024 Home Box Office, Inc.
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Jodie Foster spielt in der neuen Staffel von „True Detective“ eine Ermittlerin, die nicht gut mit Gefühlen kann. Bei einem exklusiven Treffen am Set erzählt die Schauspielerin, warum sie die Dreharbeiten an „Das Schweigen der Lämmer“ erinnerten. Und warum sie nach so langer Zeit auf den kleinen Bildschirm zurückkehrt.

Jodie Foster, die unvergessen in „Das Schweigen der Lämmer“ spielte, war lange nicht mehr auf der Kinoleinwand. Die mittlerweile 61-Jährige steht lieber hinter der Kamera und dreht ihre eigenen Filme (wie „Money Monster“) oder auch Serien-Episoden („Tales from the Loop“ in „Black Mirror“). Doch Foster ist seit letztem Jahr wieder als Schauspielerin zurück. Zunächst mit dem Netflix-Film „Nyad“ und ab dem 15. Januar in der vierten Staffel „True Detective“ auf wowtv. In „Night Country“ tauchen zwei Ermittlerinnen in die Polarnacht von Alaska ein, wo acht Wissenschaftler von einer Station in der Arktis verschwunden sind.

Die mexikanische Regisseurin Issa Lopez, die schon den Horrorfilm „Tigers Are Not Afraid“ inszenierte, konnte die neuen Episoden allerdings nicht in Alaska drehen. Die Infrastruktur und die Temperaturen, die bis auf -35 Grad Celsius sinken, ließen es nicht zu. Der hohe Norden Amerikas musste also auf der anderen Seite des Atlantiks nachgebaut werden – in Island. Die Dreharbeiten fanden in einem der größten Studios auf der Insel statt, etwa zwanzig Minuten von der Hauptstadt entfernt. Mit einem Kaffee in der Hand, kurzem Bob-Haarschnitt und in einer Polizei-Uniform, entschuldigt sich Jodie Foster lächelnd, dass sie ihre Krawatte verkehrt herum trägt. Sie hat gerade eine ziemlich sportliche Szene hinter sich.

WELT: Warum meinte Issa Lopez, die Regisseurin der neuen „True Detective“-Staffel, dass wir sie in Ihrer Rolle als Ermittlerin Liz Danvers nicht wiedererkennen würden?

Jodie Foster: Vielleicht, weil sie einen so ganz anderen Charakter hat als meine anderen, bekanntesten Rollen. Sie ist eine sehr direkte und schroffe Frau. Sie sagt, was sie denkt. Liz Danvers hat für Gefühlsausbrüche nicht viel übrig, da sie auch ihren eigenen Emotionen nicht traut – geschweige denn, sie versteht. Dafür ist sie bei ihren Ermittlungen sehr engagiert und geht sehr methodisch vor. Deshalb findet sie auch einen so guten Draht zu ihrer Partnerin Evangeline Navarro. Was sie aber nicht daran hindert, auch ein paar Reflexe einer korrupten Polizistin zu zeigen. Aber das ist Teil ihres Charmes. Ich muss zugeben, dass diese Rolle eine Menge Spaß macht. Ich liebe es, jeden Morgen den Hut, die Hosen und den beigen Parka anzuziehen, mir diesen riesigen Gürtel mit Handschellen, Funkgerät und Taschenlampe umzuschnallen. Ich musste sogar Unterricht im Schießen nehmen.

WELT: Fällt diese Rolle der nicht immer ganz respektablen Polizistin mit trockenem Humor in Ihrer Filmografie wirklich so sehr aus dem Rahmen?

Foster: Keine Ahnung, aber es ist definitiv reizvoll, mal eine eher ruppige Heldin mit rauer Schale zu spielen, die nicht unbedingt sympathisch ist. Je älter man wird, desto ehrlicher und direkter kann man in der Wahl seiner Rollen und Charaktere sein und auch mal die dunkleren Facetten eines Menschen und seiner Persönlichkeit zeigen.

WELT: War die Kälte in Island nicht zu anstrengend?

Foster: Ich stamme zwar aus Kalifornien, habe aber mit Kälte keine Probleme. Ich liebe die Berge und fahre auch gern Ski. Ich fand es sogar schade, dass es während der Dreharbeiten nicht mehr Schnee gab. Ich hatte vor ein paar Jahren das Glück, meine beiden Jungs nach Island zu begleiten. Aber das war im Sommer, also zu einer ganz anderen Jahreszeit mit einer ganz anderen Atmosphäre. Hier ein paar Monate zu leben, das war wie ein Traum, der wahr geworden ist. Die heißen Quellen, der Rhythmus des Lebens, die eher kleine Hauptstadt Reykjavík. Es ist ein skandinavischer Lebensstil mit einer Prise Amerika. Auch das Essen ist hier sehr gut! Wir haben an sehr entlegenen Orten gedreht, abseits der Straßen. Es war fantastisch, danach wieder in sein Haus in der Stadt zurückzukehren und trotzdem nur einen Katzensprung von der Natur entfernt sein.

Die Detectives Liz Danvers (Jodie Foster) und Evangeline Navarro (Kali Reis)
Die Detectives Liz Danvers (Jodie Foster) und Evangeline Navarro (Kali Reis)
Quelle: Warner/2024 Home Box Office, Inc.

Wir haben mit dem ganzen Team zusammen Nordlichter bewundert. Die Zeit und auch der Arbeitsplan standen still. Vor Drehbeginn habe ich Issa Lopez und einige der anderen Schauspieler zu einer rituellen Zeremonie eingeladen, während der wir auch einen Baum pflanzten. Vielleicht war das Wetter uns deshalb so freundlich gesinnt und hat uns Extremtemperaturen beschert, wie wir sie für unsere Handlung brauchten. Als wir im November anfingen, war es noch recht mild und hell, wir haben zunächst im Studio gedreht, bevor wir dann bei sinkenden Temperaturen die Szenen im Freien in den Kasten brachten. Zwei unglaublich schöne, aber auch extrem harte Monate. Ich bin mir nicht sicher, ob ich körperlich dazu noch einmal in der Lage wäre.

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WELT: Zum ersten Mal sind die beiden Detektive, die bei dieser Serie im Mittelpunkt stehen, zwei Frauen …

Foster: Wir sind mit Filmen aufgewachsen, in denen sich alles um die Kameradschaft zwischen zwei männlichen Detektiven dreht. Danvers und Navarro haben diese Serien und Filme genauso gesehen wie Sie und ich. Und das beeinflusst ihre Beziehung. Sie kultivieren eine Seite, die sagt: „Ich werde dich verletzen, weil ich sehen will, ob du nachgibst“. Genau wie die Männer, doch die Perspektive ist interessant, wenn man sie mit einer femininen Seite verbindet.

WELT: Wie würden Sie die Verbindung zwischen den beiden Ermittlerinnen definieren?

Foster: Es gefällt mir, dass es sich bei ihrer Beziehung nicht um einen Mentor und seinen Schützling handelt, sondern um zwei gleichberechtigte Profis. Sie haben bereits früher zusammengearbeitet, was dann jedoch nicht gut endete. Dieses unfreiwillige Wiedersehen findet in einem sehr angespannten Klima statt, inmitten vieler wichtiger und unausgesprochener Dinge. Nach außen scheinen die beiden vollkommen gegensätzliche Charaktere zu sein, doch Liz Danvers und Evangeline Navarro ergänzen sich. Letztere lauert auf übernatürliche Zeichen, sie handelt vollkommen instinktiv und lässt sich gänzlich von ihren Gefühlen leiten. Danvers dagegen glaubt nicht an die Mythen und Legenden dieser Gegend. Prompt kommt es immer wieder zu Konflikten und Spott zwischen den beiden. Danvers hat keinerlei Skrupel, auch unter die Gürtellinie zu schlagen. Und so tauschen die beiden eine Menge Gemeinheiten aus.

WELT: Liz Danvers zieht auch noch ihre Stieftochter groß, was wirklich kein Vergnügen zu sein scheint …

Foster: Das stimmt, auch ihre Beziehung ist sehr kompliziert. Wie in so vielen Familien. Leah ist achtzehn. Sie will ihr eigenes Leben führen und ihre Identität finden, und das in einer Welt, die mit der, in der Liz Danvers aufwuchs, nichts mehr zu tun hat. Zudem hat Leah zum Teil indigene Wurzeln. Sie will das Erbe der einheimischen Kultur wiederfinden, ihre Sprache und ihre Bräuche. Was Liz Danvers aber als Bedrohung empfindet. Manchmal haben wir Danvers bei den Dreharbeiten die „Karen“ aus Alaska genannt. In Frankreich würde man sie als eine „Chantal“ oder „Sylvie“ bezeichnen, jedenfalls eine Frau mit sehr engstirnigen Ansichten. Es sind alte Vorurteile, die sie nicht überwinden kann.

WELT: Drei Jahrzehnte nach Jonathan Demmes „Das Schweigen der Lämmer“, für das Sie damals den Oscar bekamen, spielen Sie wieder eine Polizistin. Haben Sie seit damals Thriller eher gemieden?

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Foster: Liz und Clarice, die Rolle in „Das Schweigen der Lämmer“, haben zwei ganz verschiedene Lebenswege hinter sich. Clarice trug beispielsweise keine Uniform. Sie ließ sich von ihrem moralischen Empfinden leiten. So reserviert wie sie war, wollte sie doch immer das Richtige tun. Ich hoffe, dass sie im Gegensatz zu Liz Danvers nie zynisch geworden ist. Ist Liz eine Art Fortsetzung von Clarice? Ich denke nicht. Wir arbeiten, wenn wir ein Drehbuch bekommen, ganz instinktiv. Beim Schnitt entwickelt sich allerdings meistens eine ganz andere Chemie. Vielleicht werde ich danach ein unbewusstes Echo dessen erkennen, was ich vor dreißig Jahren gespielt habe.

Foster als FBI-Agentin Clarice in „Das Schweigen der Lämmer“ (1990)
Foster als FBI-Agentin Clarice in „Das Schweigen der Lämmer“ (1990)
Quelle: picture alliance

Doch um Ihre eigentliche Frage zu beantworten: Es stimmt, ich habe lange Zeit keine Prozess-Rollen angenommen, die man mir anbot. Ich wollte keine Rechtsanwälte spielen, auch keine Ärzte, Militärs oder Polizisten. Clarice war eine Ausnahme, und ja auch FBI-Agentin. Ich war damals viel jünger und sicher auch voller Komplexe. Ich wollte meinen Intellekt nicht zur Schau stellen, das kam mir anmaßend vor. Mit dem Älterwerden habe ich meine Meinung geändert. Ich frage mich jetzt noch, was ich daran so schlimm fand, auf der Leinwand klug zu wirken. Jetzt schlüpfe ich gern in Rollen dieser Berufe, wie schon in „Der Mauretanier“ mit Tahar Rahim.

WELT: Wie war Ihre Zusammenarbeit mit der Regisseurin der Staffel, Issa Lopez? Fiel es Ihnen schwer, jetzt wieder vor der Kamera zu stehen, nachdem Sie in den letzten Jahren ja vor allem selbst Regie geführt hatten?

Foster: Als Schauspielerin schalte ich die Regisseurin in meinem Kopf ab. Am Set von „True Detective“ wollte ich für diese Serie da sein. Und mit Issa zu arbeiten war wirklich ein großes Privileg. Sie ist witzig und liebenswert. Sie kann aber auch brutal ehrlich sein. Als wir uns kennenlernten, hatte ich sofort das Gefühl, wir sind auf einer Wellenlänge. Und das passiert mir nur selten. Manchmal bekommt man es mit einem Regisseur zu tun, der nicht wirklich weiß, was er will und es gibt Stellen im Drehbuch oder auch im Film, bei denen man gewisse Bedenken hat. Das ist hier nicht der Fall. Die Kulissen, die Requisiten und Kostüme, die Kameraführung, die Darsteller … all das wird zu einer Symphonie nüchterner, kalter und düsterer Bilder.

Issa hat diesem Thriller eine furchterregende psychologische Dimension gegeben. Das erinnert mich an „Das Schweigen der Lämmer“, von dem ich ganz vergessen hatte, wie beängstigend es war. Erst als ich den Film vor acht Jahren, bei einer Wiederholung, zusammen mit meinen Kindern wiedersah, erinnerte ich mich wieder daran. Bei „True Detective“ fühle ich dieselbe Begeisterung wie damals am Set von Jonathan Demme. Es ist das Gefühl, dass alle Voraussetzungen gegeben sind, um seine beste Leistung abrufen zu können. Bis heute war ich eigentlich davon überzeugt, dass es unmöglich sei, wieder so gut zu sein, dass alle gemeinsam so hervorragend sein könnten. Doch diese Dreharbeiten haben mich vom Gegenteil überzeugt.

WELT: Im Gegensatz zu vielen Ihrer Kollegen in Hollywood haben Sie das Fernsehen immer gemieden. Für Sie schien nur das Kino von Bedeutung zu sein. Was hat Sie dazu bewogen, dem kleinen Bildschirm nun doch eine Chance zu geben?

Foster: Es stimmt, als ich das letzte Mal in einer Serie mitgespielt habe, war ich zwölf Jahre alt. Das war in „Paper Moon“! Seit einem Jahrzehnt hat so etwas wie das goldene Zeitalter des Fernsehens begonnen. Jetzt findet man dort die besten Storys und die besten Autoren. Ich warte immer voller Ungeduld auf die Bekanntgabe der Sieger der Golden Globes oder Emmy Awards, bei denen die Serien ausgezeichnet werden. Ich bin eine höchst eifrige und engagierte Zuschauerin von Fernsehserien. Das Projekt „True Detective“ hat mir ein enormes Durchhaltevermögen abverlangt. Schließlich sind es insgesamt ja auch sieben Stunden Film.

WELT: Abgesehen von dem Kriminalfall geht es in den sechs neuen Episoden auch um das Schicksal der indigenen Gemeinschaft in Alaska. Hat das zu Ihrem persönlichen Interesse an der Serie beigetragen?

Foster: Ja, denn ein Krimi, der ein wirkliches soziales Bewusstsein offenbart, ist doch etwas Ungewöhnliches. Diese Staffel von „True Detective“ taucht tief in das ausradierte und vergessene Leben indigener Frauen ein. Ihr Schicksal steht im Mittelpunkt. Die Serie legt großen Wert darauf, uns an sie zu erinnern. Issa Lopez hat als Komparsen und für die Nebenrollen Frauen und Männer aus den Inuit- und Iñupiat-Gemeinschaften Alaskas, Kanadas und Grönlands engagiert. Die Hälfte von ihnen waren professionelle Schauspieler, vor allem die aus Grönland. Die übrigen hatten noch nie geschauspielert und waren auch noch nie irgendwo hingereist. Sie waren begeistert, sich hier mit den anderen treffen zu können, sich kennenzulernen und auszutauschen. Ihre Sprachen haben gemeinsame Wurzeln, ebenso wie ihre Traditionen. Vor ihrer Rückkehr in ihre Heimat ließen sich die Frauen traditionelle Motive der anderen Völker tätowieren. Am Set wurde so viel gelacht und geschwatzt! Es musste oft erst zur Ruhe aufgerufen werden, bevor die Kamera laufen konnte.

Dieses Interview erschien zuerst bei „Le Figaro“. Übersetzt aus dem Französischen von Bettina Schneider.

Dieser Text stammt aus der Zeitungskooperation Leading European Newspaper Alliance (LENA). Ihr gehören neben WELT die italienische Zeitung „La Repubblica“, „El País“ aus Spanien, „Le Figaro“ aus Frankreich, „Gazeta Wyborcza“ aus Polen, „Le Soir“ aus Belgien sowie aus der Schweiz „La Tribune de Genève“ und „Tages-Anzeiger“ an.
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Quelle: Infografik WELT


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