Krasser Fall: Mann stalkt Ex-Partnerin mit „mafiösen Strukturen“
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Krasser Fall von Stalking: Mann machte Ex-Partnerin das Leben zur Hölle

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Joachim G. machte Schlagzeilen, weil er seine Söhne suchte, die sich dem Islamischen Staat anschlossen. Nun wurde er wegen Stalking seiner Ex-Partnerin verurteilt. Seine Opfer leiden bis heute.

Kassel – Das Leben von Maria Meier war jahrelang ein Gefängnis. So schilderte es die Frau, deren Namen wir geändert haben, vor dem Kasseler Landgericht, wo ihr ehemaliger Lebensgefährte Joachim G. auf der Anklagebank saß. Über mehrere Jahre hatte der Mann Maria Meier das Leben zur Hölle gemacht. Er ließ Autos in Brand setzen, belästigte ihre Tochter und schickte seiner Ex-Partnerin zum 49. Geburtstag einen Beerdigungskranz mit den perfiden Worten: „Dein Leben endete, noch bevor es begann. Dein stilles Einschlafen ist unser Trost.“

Nun muss Joachim G. ins Gefängnis: Fast vier Jahre nach der Entscheidung des Amtsgerichts, das ihn wegen Nachstellung und Anstiftung zur Brandstiftung zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt hatte, verwarf das Landgericht die Revisionen der Verteidigung und Staatsanwaltschaft. Das Gericht um den Vorsitzenden Richter Michael Reichhardt schloss eine Bewährungsstrafe aus. Das Urteil: zwei Jahre und drei Monate.

Perfider Gruß: Diesen Trauerkranz schickte Joachim G. seiner Ex-Lebensgefährtin zum Geburtstag.
Perfider Gruß: Diesen Trauerkranz schickte Joachim G. seiner Ex-Lebensgefährtin zum Geburtstag. © Privat/nh

„In zehn Jahren ist mir so ein Fall noch nicht untergekommen“

Der Fall ist aus mehreren Gründen besonders. Zum einen verfolgte Joachim G. seine ehemalige Partnerin über Jahre mit „mafiösen Organisationsstrukturen“, wie es Rechtsanwalt Philip Arnold formulierte, der Meier als Nebenklägerin vertrat. Er sagte: „In zehn Jahren ist mir so ein Fall noch nicht untergekommen.“ Auch Richter Reichhardt stellte ratlos fest, dass man angesichts der Perfidität und Rücksichtslosigkeit nach Worten suche.

Zum anderen ist die Sache ungewöhnlich, weil Joachim G. wegen einer besonderen Tragik jahrelang in den Schlagzeilen war: Seit 2014 sucht er seine beiden Söhne, die heimlich nach Syrien ausgewandert waren, um für den Islamischen Staat zu kämpfen. Fast sämtliche deutschen Medien berichteten über das Schicksal des Nordhessen, der die Bundesregierung auf Rückholung verklagte.

„Er hat das Leben von mindestens drei Personen für immer verändert“

Aber auch diese „emotionale Ausnahmesituation“ kann laut Staatsanwältin Meißner nicht das erklären, was er Maria Meier und deren Familie angetan hat: „Er hat das Leben von mindestens drei Personen für immer verändert.“ Im Mai und Juni 2018 brachte Joachim G. zwei junge Männer dazu, die Autos von Maria Meier und eines ihrer Bekannten in Kassel und Spiekershausen abzufackeln. Die Tochter von Maria Meier, die einst ihr Freiwilliges Soziales Jahr abbrach, um ihrer Mutter und Joachim G. wegen dessen verschwundener Söhne beizustehen, verfolgte er so massiv, dass sie ihr Studium nicht zu Ende brachte.

Insgesamt zählte die Nebenklage 137 Taten, von denen nur ein kleiner Teil zur Anklage kam. Maria Meier und die anderen Opfer fühlten sich ohnmächtig. Von der Polizei habe man damals den Satz gehört: „Wir können Ihnen erst helfen, wenn einer von Ihnen im Graben liegt.“ Alle leiden bis heute unter den Folgen des Stalkings.

Stalking-Opfer: „Solange er sich draußen frei bewegt, habe ich Angst“

Thomas Hammer, der Verteidiger von Joachim G., verwies darauf, dass die Anklage auch das Leben seines Mandanten verändert habe. Unter anderem habe er Insolvenz anmelden müssen. Die Hoffnung, dass seine Söhne noch leben, hat der 60-Jährige nicht aufgegeben. Er kann noch Revision einlegen.

Vor dem Amtsgericht hatte Maria Meier damals gesagt: „Solange er sich draußen frei bewegt, habe ich Angst.“ Seine Entschuldigung nimmt sie ihrem Ex-Partner nicht ab. Auch ihr Anwalt Arnold vermisst Reue. Zum Abschluss gestern sagte Joachim G. nur zwei Sätze: „Es tut mir unendlich leid, was passiert ist. Das ist ernst gemeint.“ (Matthias Lohr)

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