Corona, Masken und Milliarden: Die undurchsichtigen Deals des Jens Spahn | Telepolis

Corona, Masken und Milliarden: Die undurchsichtigen Deals des Jens Spahn

Jens Spahn (CDU) mit Atemschutzmaske bei einem PR-Termin im Jahr 2020. Foto: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Massive Überbeschaffung: Bundesrechnungshof nimmt sich Ex-Gesundheitsminister vor. Wie viele Schutzmasken bereits verbrannt worden sind.

Für den ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dürfte es eine anstrengende Woche gewesen sein: Erst wurden die vom Multipolar-Magazin freigeklagten Protokolle des Corona-Krisenstabs beim Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlicht und lösten heftige Debatten aus – wenige Tage später wurde bekannt, dass der Bundesrechnungshof seine Beschaffungspolitik während der Corona-Krise massiv beanstandet hat.

Nach RKI-Files: Noch ein Thema zur Aufarbeitung

"Die massive Überbeschaffung von Schutzmasken zu Beginn der Coronapandemie durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) führte zu anhaltend hohen Lagerbeständen und erheblichen Folgekosten", zitierte der Spiegel am Freitag aus einem Bericht des Bundesrechnungshofs an den Haushaltsausschuss des Bundestags.

"Der Nutzen zur Pandemiebekämpfung war gemessen daran gering." Von 5,7 Milliarden beschafften Schutzmasken seien nur zwei Milliarden verteilt worden, 1,7 Milliarden davon in Deutschland. Nicht festzustellen sei, wie viele Masken tatsächlich genutzt wurden.

Corona-Krise: Erst Maskenmangel, dann Überbeschaffung

Die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel war Ende April 2020 während der "epidemischen Lage von nationaler Tragweite" eingeführt worden, allerdings gut einen Monat nach Einführung dieses Rechtsbegriffs in das deutsche Infektionsschutzgesetz.

Spahns Ministerium stand damals in der Kritik, weil trotz einer seit 2012 bekannten Risikoanalyse kein entsprechendes Schutzmaterial bevorratet worden war. Diese Kritik traf allerdings auch seinen Amtsvorgänger und Parteifreund Herrmann Gröhe.

Eine Maskenpflicht wäre in den ersten Wochen der Corona-Krise in Deutschland gar nicht möglich gewesen – jedenfalls nicht mit medizinisch zertifizierten Atemschutzmasken. Notbehelfe wurden damals vielfach privat genäht.

Dann folgten in Spahns Ministerium umso intensivere Beschaffungsmaßnahmen, weswegen später auch ein Korruptionsverdacht im Raum stand.

Brisante Vergabevermerke: Staatsgeheimnis Maskenbeschaffung

Selbst nachdem das Ministerium intern am 5. Mai 2020 ein Ende aller Maskenbeschaffungen verfügt hatte, wurden dem Bericht zufolge noch Aufträge erteilt – zum Teil auf persönliche Anweisung Spahns. Entwürfe für Vergabevermerke seien im Ministerium "gar nicht oder ohne Datum unterschrieben" worden.

Einer dieser Vermerke sei sogar rückdatiert worden, bevor er im Rahmen einer Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) einem Journalisten offengelegt und später dem Bundesrechnungshof übergeben wurde, schreibt der Spiegel.

Zur Abwehr weiterer Anfragen seien Dokumente offenbar systematisch als "Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch" (VS-NfD) eingestuft worden.

Die große Maskenvernichtung nach Ende der Schutzmaßnahmen

Am 7. April 2023 war der rechtliche Rahmen für die Corona-Schutzmaßnahmen inklusive Maskenpflicht in Krankenhäusern und Pflegeheimen ausgelaufen, im öffentlichen Nahverkehr galt sie bereits ab dem 2. Februar vergangenen Jahres nicht mehr.

Bereits im Juni 2023 war das Haltbarkeitsdatum von mindestens 755 Millionen bevorrateten Atemschutzmasken abgelaufen, die daraufhin verbrannt werden sollten. Mittlerweile sollen insgesamt 1,2 Milliarden Masken dieser Art vernichtet worden sein, weitere 1,7 Milliarden dürften dem Bericht zufolge noch verbrannt werden.

Hinzu kämen knapp 800 Millionen Schutzmasken, die noch verwendbar sind, für die es aber kein "Nutzungs- und Verteilungskonzept" gebe. Folglich dürfte auch dieser Bestand irgendwann entsorgt werden.

Verwaltungs- und Prozesskosten im dreistelligen Millionenbereich

Bis Ende 2023 soll allein die Verwaltung (!) der zu viel beschafften Masken rund 460 Millionen Euro gekostet haben, im laufenden Jahr dürften laut Bundesrechnungshof weitere 534 Millionen anfallen. Hinzu kämen Rechtskosten im Zuge von Prozessen mit Lieferanten, die sich dem Bericht zufolge allein im vergangenen Jahr auf 113 Millionen Euro summiert haben.