Beat liebt die Ekstase, den Rausch, die Grenzüberschreitung. Die Hauptfigur in der gleichnamigen Serie "Beat", die am 9. November auf Amazon Prime Video startet, heißt eigentlich Robert Schlag und ist ein Partywütiger, wie man sie in der deutschen Serienlandschaft noch nicht gesehen hat. Jannis Niewöhner spielt die Rolle gleichermaßen energetisch wie verzweifelt, cool wie haltlos: Beat ist ein Grenzgänger, der sich mit Drogen betäubt, im Berliner Nachtleben versinkt und verdammt viele Leute kennt. Zusammen mit seinem besten Freund Paul (Hanno Koffler) schmeißt er im eigenen, in der Szene beliebten Club fette Partys. Doch im Verlauf der sieben Folgen wird er von seiner eigenen Vergangenheit eingeholt.

Denn: "Beat" von Regisseur Marco Kreuzpaintner ("Krabat") ist kein reines Szeneporträt des Berliner Großstadt-Rausches. Die Serie erzählt eine Krimigeschichte und bettet diese ins pulsierende Nachtleben der Hauptstadt. Emilia (Karoline Herfurth) arbeitet für die Geheimdienst-Organisation ESI. Ihr Chef (Christian Berkel) trägt ihr auf, Beat anzuwerben. Der neue Teilhaber des Clubs, Philipp Vossberg (Alexander Fehling), soll ganz tief im illegalen Waffenhandel stecken. Der Club im abhörsicheren Weltkriegsbunker dient ihm als Besprechungszentrale. Beat soll Vossberg ausspionieren. Emilia und ihr Chef bieten ihm dafür Informationen über seine Eltern, die er im Alter von sechs Jahren verloren hat. Er weiß rein gar nichts über sie, ist in Pflegefamilien und im Heim groß geworden.

Im Interview erzählt uns Jannis Niewöhner, was ihn an der Geschichte und an der Figur Beat so fasziniert hat.

Dass er ein Drogenopfer ist, mache ich ihm nicht zum Vorwurf.

Jannis Niewöhner: Interview zu "Beat"

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Jannis Niewöhner spielt den Partywütigen Robert Schlag aka Beat in "Beat"

Hat dir eine Rollenvorbereitung jemals so viel Spaß bereitet?
Jannis: Nein, denn ich habe die letzten acht Jahre, seit ich nach Berlin gezogen bin, recherchieren können. Man nimmt für seine Rollen immer etwas, was man erlebt hat. Ich komme gerade aus einem Alter, wo ich viel Erfahrungen im Berliner Nachtleben sammeln konnte. Aber es war dennoch eine Rolle, die in der Extremheit und Intensität neu war.

Was waren die Schattenseiten dieser Erfahrungen? Hast du vorab schon Drogenerfahrungen gemacht?
Ich habe da auf jeden Fall viel mitbekommen. Ich kenne auch viele Leute, bei denen sich der Drogenkonsum zu einem unguten Gefühl entwickelt. Da spreche ich persönlich nicht unbedingt aus eigener Erfahrung, aber durchaus mit einer gewissen Nähe zu dieser Szene.

Warum schafft es dein Seriencharakter Beat nicht abzustürzen, obwohl er ständig drauf ist?
So sehr schafft er das eigentlich gar nicht. Er macht irgendwie immer weiter, aus scheinbar unerfindlichen Gründen. Beat ist total angetrieben. Einmal gibt es die Aufgabe, die Familie, die er sich in diesem Club-Kosmos des Berliner Nachtlebens geschaffen hat, aufrechtzuerhalten. Er will diese Familie unbedingt beschützen. Zum Anderen gibt es diese Ungewissheit über die eigene Vergangenheit, die für ihn schrecklich ist und vor der er oft weggelaufen ist. Dem stellt er sich nun, sieht sich dadurch neuen Problemen konfrontiert und versucht im Verlauf der Serie, eine Haltung zu moralischen Fragen zu entwickeln.

Apropos Moral: Beat hat Gewissensbisse. Da ihm Loyalität sehr wichtig ist, fällt ihm die Entscheidung, seine Freunde auszuspionieren, schwer. Was sind deine persönlichen moralischen Werte, was ist dir wichtig? Hättest du dich genauso entschieden?
Ich kann seine Entscheidung schon nachvollziehen, denn letztlich will er seinem besten Freund helfen. Dass er ihm nichts sagt, liegt nur daran, dass er ihn nicht gefährden will. Leuten zu helfen, ist mir persönlich auch wichtig. Das ist für mich ein Teil von Loyalität.

Ist Beat ein Held?
Er ist kein typischer Actionheld, der sich durch die Gegend ballert. Er ist niemand, der aktiv Dinge in die Hand nimmt. Er ist ein Drogenopfer, dem Dinge passieren. Er reagiert meistens nur und das so zu erzählen, ist spannend. Und ja: Er ist ein Held, denn für seine Familie und alles, was er sich aufgebaut hat, kämpft er bis ans bittere Ende. Von der Unsicherheit über seine Vergangenheit ist er angetrieben und da gibt es schon viel, was ihn ehrenhaft macht. Dass er ein Drogenopfer ist, mache ich ihm nicht zum Vorwurf. Vielmehr schätze ich, wieviel Liebe er für seine Mitmenschen übrig hat.

Jannis Niewöhner macht Party in Berlin

Warum ist die Berliner Clubszene so wahnsinnig faszinierend?
In seinem Angebot und der schieren Masse ist Berlin einzigartig. Die Möglichkeiten, in Berlin feiern zu gehen, sind grenzenlos. Das ist eine besondere Freiheit - ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen anderen Ort gibt, an dem man so unreguliert feiern darf.

Dein persönlicher Lieblingsclub in Berlin?
Das Sisyphos. Es wird zwar gerne als Touri-Club verschrien, aber das finde ich nicht schlimm. Ein Club sollte auch ein Ort sein, an dem sich unterschiedlichste Menschen sammeln und ich mag diesen Ort sehr gerne.

Ihr habt im Watergate, im Kit Kat Club und im Kraftwerk gedreht. Wo hat es am meisten Spaß gemacht?
Im Kraftwerk, denn hier wurde über anderthalb Wochen alles extra für diese Dreharbeiten aufgebaut und was wir hier gemacht haben, erlebt man nicht oft. 400 Komparsen, die ausgelassen feiern, das war schon besonders. Normalerweise tanzen die Leute bei solchen Drehs im Stillen, weil keine Musik läuft. Sie müssen sich das alles vorstellen. Bei "Beat" war das anders: Die Musik lief durch. Nur in den Pausen wurde der Techno leicht runtergedreht, aber die Leute haben einfach weitergefeiert. Dann gibt es diese Szene, wo ich das erste Mal in den Club reinlaufe und es war einfach ein Riesen-Spielplatz. Die Einstellung ging vier Minuten - das war wirklich speziell. Das ist ein Drehtag, der mir mein Leben lang in Erinnerung bleiben wird.

Zweite Staffel? Niewöhner hat Bock

Das pulsierende Szeneporträt über die Berliner Techno- und Partyszene weicht recht schnell einem Crime-Plot. Gibt es über den Party-Untergrund nicht genug zu erzählen?
Man könnte eine Serie auch mit dem Party-Untergrund füllen, aber das war nicht der Fokus der Macher. Die Aufgabe war, ein reales Abbild der Partyszene zu zeichnen und darüber hinaus zu zeigen, was zeitgleich passiert. Der Kontrast ist wichtig und das gefällt mir an dieser Geschichte. Es sind zwei Welten: Zum Einen die, die von machtbesessenen Arschlöchern regiert wird und zum Anderen die Partywelt, in der man alles vergessen und sich einfach fallen lassen kann. Aber wenn eine Serie nur über die Technoszene gemacht wird, schaue ich mir die auch gerne an.

Glaubst du, dass es auch Zuschauer gibt, die von dem Crime-Plot enttäuscht sein könnten und etwas anderes erwartet hätten?
Klar! Aber es kommt darauf an, was der Zuschauer erwartet. Der Trailer gibt einen guten Ausblick darauf, dass in "Beat" mehr erzählt wird, als nur die Geschehnisse im Club. Meiner Meinung nach stagniert die Technoszene auch, das sieht man sehr gut an der Doku "Don't forget to go home", bei der es um Raver geht, die in Berlin unterwegs waren und sind. Man merkt recht schnell: Es wird immer das gleiche geboten. Deshalb ist es wichtig, dem etwas hinzuzufügen. Das machen wir beispielsweise mit dem Thema des Organhandels.

Wie geht es mit Beat weiter?
Die erste Staffel beschreibt eine langsame Entwicklung von Beat, dem Hauptcharakter. Das Bewusstsein, an der Welt etwas verändern zu wollen und auch zu können, entwickelt sich. Am Ende ist er deutlich aktiver und nimmt Dinge selbst in die Hand.

Wird es eine zweite Staffel geben?
Ich hätte da persönlich sehr große Lust drauf. Es ist aber noch nicht klar. Erstmal strahlt Amazon jetzt die erste Staffel aus und dann könnte eine Entscheidung fallen, ob es weitergeht oder nicht.