„Der Idiot muss uns doch sehen!“ Die letzten Worte des Mannes, der sein Dasein als Idol nur noch ansatzweise kennengelernt hatte, klingen erschreckend banal. Doch das ist wenig verwunderlich, wenn man bereit dazu ist, wie James Dean sein Leben aufs Spiel zu setzen, sobald man sich an das Steuer seines Sportwagens setzt. Wirklich erstaunen kann an dem Unfall, den der Hollywood-Star am 30. September 1955 in Kalifornien baute, deshalb lediglich, dass sein Tod zum Motto einer ganzen Jugendbewegung wurde.
„Live fast, die young“, hieß und heißt das ungeschriebene Gesetz aller jungen Rebellen, also: Lebe schnell, stirb jung. Und eines lässt sich festhalten: Das, was Dean zeit seiner Existenz auf Erden geboten bekam, erleben manche anderen Menschen in 100 Jahren nicht. Vermutlich stammt daher die Attraktivität des Mottos.
Geboren in Indiana, einem Synonym für die Provinz schlechthin, starb die Mutter, als James gerade einmal neun Jahre alt war. Der Vater fand nie Zugang zu seinem Sohn, der seinerseits nur ein Ziel kannte: den Ruhm. Dieser allein würde ihn über die Alltagsgestalten seiner Kindheit erheben und über deren kleingeistige Probleme gleich mit. In der High School interessierte er sich für die Theater AG mehr als für alles andere, entsprechend wurde er bei seinem Abschluss im Jahr 1949 ausgezeichnet.
Von dort aus zog es ihn nach Los Angeles – wohin sonst? Er fand Unterschlupf in einem kleinen Theater, studierte später Schauspiel am University College of Los Angeles, brach ab, trat in Filmen auf, ohne im Abspann genannt zu werden. Nichts brachte ihn voran, also ging er nach New York und jobbte ganz amerikanisch als Tellerwäscher. Es gelang ihm schließlich, bei Lee Strasberg ins Actor’s Studio aufgenommen zu werden, eine Eliteschmiede. Der Durchbruch am Broadway gelang ihm mit André Gides „Der Immoralist“.
Die Rolle des Bachir weckte die Aufmerksamkeit Elia Kazans, des größten Hollywood-Regisseurs jener Tage. Er hatte die Hauptrolle für „Jenseits von Eden“ zu besetzten, ein Stück über einen jugendlichen Einzelgänger, der sich der Welt nicht verständlich machen konnte: „Er war vorsichtig, störrisch und misstrauisch und schien voller unterdrückter Gefühle“, schilderte Kazan die Atmosphäre beim Vorsprechen. Dean hatte den Regisseur dadurch überzeugt, dass er lediglich sich selbst darzustellen hatte.
Viel ist über das Verhältnis dieses Streifens zu den folgenden „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ und „Giganten“ geschrieben worden, besonders Existenzialisten liebten die Art, wie der Schauspieler in den ersten beiden Produktionen ihrem Konzept des „In die Welt geworfen seins“ konkreten Ausdruck verlieh. Frauen redeten sich allen Gerüchten um eine angebliche Homosexualität des Filmstars zum Trotz ein, sie seien die Einzige auf der Welt, die ihn hätte retten können.
Der Look, den Dean hinterließ, ist bis heute gültig, wenn man ihn auch ironischerweise oft genug als Foto bei konservativen Herrenausstattern zu sehen bekommt: Tolle, Sonnenbrille, Kippe, Blouson, weißes T-Shirt, Bluejeans. Was Millionen von Epigonen daraus gemacht haben, darf man dem Mann nicht anlasten.
Allen zufolge, die ihn persönlich kannten, war es schwierig mit ihm auszukommen: Zu sprunghaft war sein Wesen, zu sehr stand das Ego im Mittelpunkt all dessen, was er tat oder ließ; ein ganz ausgezeichneter Kontrast zu der Sensibilität, die er vor der Kamera an den Tag legte. Die Premieren seiner Filme Nummer Zwei und Drei erlebte James Dean nicht mehr. Seinem Ziel, dem Ruhm, war er trotzdem nähergekommen.
Kurz vor seinem Tod warnte er Amerikas Jugend in einem TV-Werbespot davor, zu schnell zu fahren: „Früher bin ich auch ganz schön gerast und habe unnötig viel riskiert. Aber seit ich Rennen fahre, bin ich auf der Straße besonders vorsichtig geworden. Die Leute haben ja oft gar keine Ahnung, was für einen gefährlichen Mist sie bauen“, sagte er dort unter einem Cowboyhut.
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Drei Wochen nach den Dreharbeiten setzte sich Hollywoods jüngster Star mit dem Mechaniker Rolf Wütherich in seinen Porsche 550 Spyder, in dem er zuvor schon ohne jede Hemmung durch ein Wohnviertel geprescht war. Was dann geschah, überlebte Wütherich nur knapp, Deans Körper überlebte es nicht – und die Kultfigur James Dean erlebte ihre wahre Geburtsstunde.
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