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Iris Berben nackt und ungeschminkt

Iris Berben Iris Berben
Quelle: AP
Eine frigide Professorin entdeckt ihre Sinnlichkeit: Sie verliebt sich in einen jüngeren Mann und befriedigt sich selbst. Der ZDF-Film "Die russische Geliebte" hat schon vor seiner Ausstrahlung durch die Nacktszenen mit Iris Berben für Aufsehen gesorgt. Doch mutig ist das Drama trotzdem nicht.

Iris Berben in einem Sexfilm? Dieser Eindruck musste sich aufdrängen, wenn man ein Berliner Boulevardblatt konsumiert hatte. Die Berben streichelt sich selbst, war da zu lesen, und Bilder zeigten sie in eindeutigen Positionen, allein und mit einem deutlich jüngeren Mann.


Heiße Sexspielchen zur besten Sendezeit, als ZDF-Fernsehfilm der Woche? Gemach, gemach. „Die russische Geliebte“ beginnt reichlich zugeknöpft. Und verkopft. Genau das ist das Problem der Literaturdozentin Julia: Sie hat kein Verhältnis zu ihrem Körper. Sie kleidet sich unvorteilhaft und streng. Der Lebenswunsch, den sie sich erfüllt, ist ein Semester an der Sorbonne zu lehren. Über Arbeiterliteratur. Mit der „Stadt der Liebe“ hat sie also wohl nichts am Hut, knurrt die Concierge im Pariser Hotel. Nein nein, wehrt Professor Julia ab.

Aber dann gerät sie in ein Zimmer neben einem lauten Paar, das sich oft streitet und noch öfter kopuliert. Beim ersten ungewollten Zuhören ist sie noch genervt, beim zweiten Mal putzt sie schon die Zähne im Rhythmus des Stöhnens. Schließlich fährt sie sich im Bett mit einer Hand zwischen die Beine. Sekundenkurz.


Der Zimmernachbar, stellt sich heraus, ist Russe, 20 Jahre jünger und gleichfalls Akademiker, der ein Buch über den letzten Zaren schreibt. So also sehen Gelehrte aus: viril und durchtrainiert wie Ronald Zehrfeld ( „Der rote Kakadu“), der immerhin nicht Romeo, sondern artgerecht Sascha heißt. Die erste Begegnung findet im Lift statt, er mit Einkaufstüte, aus der, o là là, eine Baguette herausragt und ihr den Kopf stößt.

Julia ändert ihr Outfit, entdeckt ihre Körperlichkeit. Sie schiebt ihr Bett an die andere Wand, um dem Homme Fatale näher zu sein. Sie sucht die Bekanntschaft seiner Freundin, um ihr schließlich den mütterlichen Rat zu geben, abzureisen, um nicht von den Launen des Pascha Sascha tyrannisiert zu werden. Dann gilt es nur noch eigene Hemmungen abzubauen, bis es zu weiteren delikaten Szenen kommt.


Ebenfalls sekundenkurz, aber immerhin: Wir sehen Frau Professorin beim Liebesspiel obenauf, sehen den Herrn Historiker sie von hinten nehmen und beide auch mal mit entblößtem Geschlecht. Die sinnlichste Szene ist freilich die, wenn die Gelehrten auf dem Bett, Rücken an Rücken, an ihren Arbeiten schreiben.



Eine frigide Frau der Forschung

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So bestätigen sich dann doch wieder alle Paris-Klischees – auch wenn außer ein paar Panoramablicken auf Eiffelturm und Sacre-Coeur Prag die billigere Kulisse bot (und die Karls-Universität als Sorbonne herhalten musste). Bis dann das Schicksal dreifach zuschlägt, die gewandelte Frau wie zur Strafe krebskrank wird, die abgeschobene Freundin zurückkehrt und aus dem Mund des Geliebten der Satz fällt: „Du bist wie meine Mutter.“

Würde Oliver Berben das sagen, wäre es sicher ein Kompliment. Auch wenn er diesen Film seiner Mutter ausnahmsweise einmal nicht produziert hat. Dafür führte hier ein anderer Berben-Intimus, Ulrich Stark, Regie, der mit ihr schon den ZDF-Liebesfilm „Simones Entscheidung“ und vor allem die alten „Sketch-Up“ Folgen gedreht hat.


So ist auch dieser Fernsehfilm einmal mehr ganz auf die Hauptdarstellerin zugeschnitten. Natürlich spielt die Berben dabei ein Stück weit sich selbst, ist sie doch auch im wahren Leben liiert mit dem zehn Jahre jüngeren Stuntman Heiko Kiesow. Und doch geht es in dieser Adaption von Maria Nurowskas Roman „Der russische Geliebte“ überraschenderweise nicht um die Ablehnung der Gesellschaft gegenüber dieser Beziehung mit großem Altersgefälle. Im Gegenteil: Die Tochter der Professorin rät ihr per Telefon zu. Die Studenten kichern nur, wenn die Dozentin einen Knutschfleck mit in die Vorlesung bringt. Nur die Concierge knurrt, aber auch das bloß aus Neid.


Nein, es geht hier um eine frigide Frau, die stets nur für ihre Forschung lebte und allzu spät ihre Sinnlichkeit entdeckt. La Berben spielt das einmal ohne jede Schminke, die sie, wie sie selbst sagt, sonst gern als Schutz versteht. Um dann aufzublühen zum schönen Schwan, also zur echten Berben.


Deutschlands beliebteste Mimin hat damit einmal mehr Mut bewiesen: Mut zum nackten Körper, zum nackten Gesicht. Es wäre hübsch gewesen, wenn auch der Regisseur und sein Drehbuchautor Christian Jeltsch etwas Mut bewiesen und mehr dramaturgisches Konfliktpotenzial aus dem Drämchen gekitzelt hätten. „Eine Liebeserklärung an die Liebe“ sollte der Film laut der zuständigen ZDF-Redakteurin werden. Eine Liebeserklärung an die Berben geworden. Aber das ist ja auch schon was.

Die russische Geliebte, 31. März 2008 ZDF, 20.15 Uhr

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