Prenzlau fordert bei Integrationspolitik Hilfe vom Land
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Flüchtlingssituation

Prenzlau fordert bei Integrationspolitik Hilfe vom Land

Prenzlau / Lesedauer: 3 min

Prenzlaus Bürgermeister Sommer und der SVV–Vorsitzende Melters wenden sich erneut an Innenminister Stübgen. Sie suchen das persönliche Gespräch.
Veröffentlicht:31.05.2023, 16:07

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54 Tage hatte sich der brandenburgische Innenminister Michael Stübgen (CDU) Zeit gelassen, um auf einen gemeinsamen „Hilferuf“ des Prenzlauer Bürgermeisters Hendrik Sommer (parteilos) und des Vorsitzenden der Prenzlauer Stadtverordnetenversammlung Ludger Melters (CDU) zu reagieren. Der „Hilferuf“ (abgeschickt am 6. März!) gründete auf einer Zunahme von Vorfällen der Gewalt und Kriminalität — ausgehend von Menschen tschetschenischer Herkunft, der Uckermark Kurier berichtete. Sommers und Melters' Hoffnungen auf eine „schnellstmögliche Lösung“, die auch der Bevölkerung vermittelt werden könnte, erfüllten sich allerdings nicht. Auch ihr Gesprächsangebot ließen der Innenminister und sein Ministerium bis zum heutigen Tag ungenutzt.

Enttäuschung über erste Antwort

Mit Datum 26. Mai sendeten der Prenzlauer Bürgermeister und der SVV–Vorsitzende unter der Überschrift „Integration von Flüchtlingen im Kontext der bestehenden Infrastruktur“ ein weiteres Schreiben an Michael Stübgen. Darin verhehlten sie nicht ihre Enttäuschung darüber, dass die Landespolitik sich in ihrer Reaktion auf ein „bloßes Zurückgreifen auf Statistiken“ beschränkte. „Sofern nicht alle Vorfälle aus Angst der Polizei gemeldet werden, spiegele diese schnell ein falsches und somit realitätsfernes Bild wider“. Als Beispiel führen sie die Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin–Brandenburg (KVBB) an, wonach Prenzlau bezogen auf die ambulante medizinische Versorgung kein „unterversorgtes Gebiet“ sei. Dabei sei der zunehmende Mangel an Allgemein– und Fachärzten in Prenzlau gegenwärtig. „Die Lage spitzt sich immer mehr zu, sodass auch Einheimische keinen Allgemeinarzt oder Zahnarzt finden. Hier erfolgt in nicht wenigen Fällen der Verweis nach Greifswald oder auch nach Berlin“, schreiben Sommer und Melters in ihrem zweiten Brief. Jeweils circa eineinhalb Autostunden von Prenzlau entfernt.

Ludger Melters
Ludger Melters (Foto: Archiv Nk)

Einen Hautarzt gebe es in der Kreisstadt schon seit fast 20 Jahren nicht mehr, auch ein Augenarzt werde seit Längerem gesucht. Die Stadtverordneten reagierten darauf mit einer Richtlinie, wonach ein Vertragsarzt bei der Übernahme einer Praxis in Prenzlau oder den Ortsteilen einen Zuschuss in Höhe von 55.000 Euro aus der Stadtkasse erhält, bei der Neugründung einer Praxis in Höhe von 50.000 Euro. Das entspricht den Förderhöhen, die auch die KVBB gewährt. Prenzlau übernehme auch hier die Verantwortung für andere Zuständigkeitsträger. „Aber auch unsere Mittel sind begrenzt und in vielen Angelegenheiten haben wir keine Eingriffsmöglichkeit“, stellen die beiden Stadtvertreter fest.

Mehr Lehrer nötig

Sommer und Melters appellieren vor diesem Hintergrund nachdrücklich an die Landesregierung, „uns nicht auch noch mit der Integration von Flüchtlingen alleine zu lassen.“ Die Stadt sehe sich bei diesem Thema unstrittig in Verantwortung, aber könne diese nicht allein bewerkstelligen. So machen Sommer und Melters gegenüber der Landesregierung die Forderung auf, Regelungen für weitere Lehrerkontigente zur Betreuung der Flüchtlingskinder festzulegen. „Veranlassen Sie die Bildung von Willkommensklassen in den Schulen. Aktuell gibt es an unserer  Grundschule/Oberschule ‚Carl–Friedrich–Grabow‘ nur eine allgemeine 1. Klasse mit einem ausländischen Flüchtlingskinderanteil von 70 Prozent. Dies ist für alle Kinder nicht förderlich! Das gleiche gilt für die Betreuung der Flüchtlingskinder in den Kindertagesstätten. Wir sind am Limit der vorhandenen Kapazitäten, sowohl räumlich als auch personell!“

In Anbetracht der Komplexität der Sachverhalte unterbreiten der Prenzlauer Bürgermeister und der Vorsitzende der Stadtverordneten dem Potsdamer Innenminister wiederholt das Angebot, darüber ein gemeinsames Gespräch zu führen. Über die Themen, die die Menschen hier vor Ort bewegen und unter anderem den sozialen Frieden störten.

Verpflichtung durch das Land

Mit Spannung bleibt abzuwarten, wie lange die Antwort aus dem Potsdamer Innenministerium dieses Mal auf sich warten lässt. Parallel dazu läuft die Prüfung eines von der AfD Uckermark beantragten Bürgerbegehrens gegen eine weitere Flüchtlingsunterkunft im Prenzlauer Gewerbegebiet Ost. Der Beschluss, diese in Prenzlau mit 250 bis 300 weiteren Plätzen einzurichten, traf der Kreistag Uckermark gegen den mehrheitlichen Willen der Prenzlauer Stadtpolitiker. Die Kreisverwaltung sah sich diesbezüglich durch das Land in die Pflicht genommen.