Innenministerium: Faeser setzt zwei Digitalexperten vor die Tür | heise online

Innenministerium: Faeser setzt zwei Digitalexperten vor die Tür

Die Innenministerin versetzt zwei Abteilungsleiter in den Ruhestand und besetzt die Posten neu. Faesers Digitalbilanz ist mager – und Wahlen stehen an.​

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Innenministerin Nancy Faeser im Bundestag.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) 2022 im Bundestag.

(Bild: Juergen Nowak/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Falk Steiner

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) versetzt zwei für Digitalisierungsthemen maßgeblich verantwortliche Abteilungsleiter zu Ende März in den einstweiligen Ruhestand. Hintergrund dürfte Faesers mäßige digitalpolitische Zwischenbilanz sein – und mehrere anstehende Wahlen.

Die Digitalpolitik hat Nancy Faeser bislang kein Glück gebracht: An diesem Freitag scheiterte im Bundesrat auch die Überarbeitung des Onlinezugangsgesetzes, mit dem die Verwaltung eigentlich digitaler werden sollte.

Nicht der einzige Fehlschlag der Ministerin: Die Demission des einstigen Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, war ihre erste relevante Amtshandlung in der Digitalisierung – und ging gründlich schief.

Viele Digitalvorhaben aus dem Koalitionsvertrag wurden bis heute nicht umgesetzt. Und auch die Umsetzung der aktuellen Cybersicherheitsgesetzgebung, die Überarbeitung des BSI-Gesetzes im Zuge der NIS2-Richtlinie, kommt seit Monaten nicht voran. Die Termine wurden mehrfach verschoben.

Jetzt wechselt die Ministerin einen Teil des eigenen Führungspersonals aus: In einem Rundbrief an alle Mitarbeiter, der heise online vorliegt und über den zuerst der Spiegel berichtet hatte, kündigt Faeser personelle Veränderungen in ihrem Hause an. Sie versetzt zwei mit Digitalisierung beschäftigte Abteilungsleiter in den einstweiligen Ruhestand.

Gehen muss demnach der Abteilungsleiter Cybersicherheit. Andreas Könen war einst vom Posten des BSI-Vizepräsidenten ins BMI gewechselt. In Fachkreisen gilt er als höchst versiert: ein Fachmann, der weiß, wovon er spricht. Politisch allerdings war Könens Linie häufiger umstritten, er gilt als Kopf etwa hinter der umstrittenen Cybersicherheitsstrategie des BMI.

Seine Nachfolgerin wird zum 1. April Friederike Dahns, die bislang die Unterabteilung für das Onlinezugangsgesetz leitet, zuvor aber im Bereich der Spionageabwehr tätig war – und damit unter anderem für Wirtschaftsschutz zuständig.

Auch die Abteilung Digitale Gesellschaft bekommt eine neue Leitung. Hier muss Pia Karger ihren Platz räumen. Die Abteilung war unter anderem für die Digitale Souveränität, IT-Standards und die IT-Strategie des Bundes zuständig.

Nun nimmt ein Faeser-Vertrauter den Posten ein: Martin von Simson. Der leitete bisher die Zentralabteilung des BMI und war der breiteren Öffentlichkeit bisher vor allem durch seine Rolle in der Schönbohm-Affäre bekannt geworden. Eine besondere Affinität zu Digitalisierungsthemen ist bei von Simon nicht bekannt.

Wie dieser Umbau zu deuten ist, bleibt unklar. Immer wieder war in den vergangenen Monaten über eine mögliche Ablösung des für die Digitalisierung maßgeblich zuständigen Staatssekretärs Markus Richter spekuliert worden – der aber darf, zumindest vorerst, im Amt bleiben. Und auch der für das gescheiterte Onlinezugangsgesetz zuständige Abteilungsleiter kann seinen Platz behalten.

Unklar bleibt deshalb, ob Faeser nunmehr den weitgehend blinden Fleck der Digitalpolitik im BMI tatsächlich stärker angehen will – oder ob, eineinhalb Jahre vor der Bundestagswahl, nicht ganz andere Gründe die Hauptrolle spielen. Sowohl Karger als auch Könen waren unter Unions-Ministern auf ihre Posten gekommen.

Dass unter der SPD-Politikerin Faeser lange vor allem unionsnominiertes Führungspersonal weiter wirken konnte, erklärten sich Beobachter bis zum vergangenen Herbst mit Faesers Plänen, als Ministerpräsidentin nach Hessen zurückzukehren – was am dortigen Wahlergebnis krachend scheiterte.

(vbr)