1 Überlegungen zu Künstlern als Marke

Um der Frage nachzugehen, ob Künstler als Marke betrachtet werden können, wird hier zunächst eine Definition des Markenbegriffs von Esch (2018) wiedergegeben. Er versteht unter einer Marke die Gesamtheit aller Vorstellungen, die ein Markenname bei den Zielgruppen hervorruft, um diese von anderen Anbietern zu differenzieren. Als Markenname kann hier der tatsächliche Name des Künstlers bzw. der Künstlerin oder der Künstlername verstanden werden. Bei realen Menschen spielen multisensuelle Aspekte eine wesentliche Rolle bei der Wahrnehmung dieser Personen als Marke. Denn dadurch faszinieren diese Menschen ihre Zielgruppen. Deren Markenwerte und -leistungen sind also mittels der fünf Sinne fühlbar. Bei den hier untersuchten Künstlern spielen die Musik und die Stimme eine wesentliche Rolle. Neben anderen sinnlichen Faktoren werden die akustischen Sinnesreize sowohl auf der Bühne als auch in anderen Kanälen, wie z. B. in Social Media, transportiert. Desweiteren soll ein Blick auf das Konstrukt Personal Branding geworfen werden, das bei der Untersuchung von Menschen als Marke in der Literatur aufgekommen ist. Darunter ist ein Konzept zur Steuerung der Wahrnehmung von Person bei relevanten Zielgruppen zu verstehen. (Spall und Schmidt 2019, S. 22) Personenmarken haben wie anderen Marken auch, eine Identifikations-, eine Orientierungs- und Vertrauensfunktion. Beim Auswählen eines klassischen Konzertes oder einer Oper kann der Dirigent oder ein Ensemblemitglied ausschlaggebend für den Besuch einer Kulturveranstaltung sein. Manche Begeisterte nehmen eigens für ein Konzert oder eine Opernaufführung weite Reisen auf sich, um diese zu erleben. Starke Personenmarken helfen, das Angebot einer Person besser zu identifizieren. Sie geben ihrem Umfeld eine Orientierung und bauen somit Vertrauen auf. Damit übernehmen Personenmarken eine wichtige Funktion für die Menschen, die ihnen begegnen und mit denen sie interagieren. (Spall und Schmidt 2019, S. 23, 25) Wie beim Marketing für Luxusmarken kann hier festgestellt werden, dass die Anstrengungen darauf abzielen, das Verlangen nach etwas Besonderem, Ausgefallenem, Individuellem, Wertvollen zu initiieren, zu befriedigen und zu festigen. Im Marketing für Luxusmarken werden ferner insbesondere ideelle Nutzen, wie Prestige- und Differenzierungsnutzen, offeriert. Konsumenten wollen eine bestimmte soziale Zugehörigkeit, einen hohen Status, beziehungsweise eine Abgrenzung zu anderen sozialen Gruppen erfahren. Der Konsum von klassischen Offerten kann der Selbstbelohnung und -verwirklichung dienen (Reich, S. 42; Wassel 2013, S. 5). Auf diese Art und Weise festigen bzw. erhöhen Künstler also die Ich-Identität der Konsumenten. Durch kommunikative Maßnahmen, aber auch durch den persönlichen Kontakt können sie als Marken betrachtet, „den Menschen ganz persönlich Freude bereiten, einen gewissen Hedonismus darstellen und die Persönlichkeit ihrer Kunden bestätigen“ (König 2014, S. 18). Spall und Schmidt (2019, S. 58) stellen ferner fest, dass starke Persönlichkeitsmarken beruflich und privat zumeist erfolgreich und selbstsicher auftreten. Es fällt ihnen deutlich leichter, sich in der Wahrnehmung Dritter von anderen Personen zu unterscheiden und sich somit auch bei bestimmten Themen zu profilieren. Sie nehmen häufiger als andere eine Vorbildfunktion ein. Auch wenn im Rahmen des Personal Brandings die Erwartungen unterschiedlicher Anspruchsgruppen zu berücksichtigen sind, basieren starke Persönlichkeitsmarken auf erlebbaren Kompetenzen oder Besonderheiten. Sie unterstützen diese Person dabei, seine oder ihre Stärken zielführend auszudrücken. Herbst (2011, 77) weist darauf hin, dass die Persönlichkeit eines Stars so weit wie möglich mit der realen oder gewünschten Persönlichkeit des Fans übereinstimmen müsse. Zudem sei ein Star zur Distanz zu seinen Fans verpflichtet, damit eine starke Faszinationskraft existieren kann. Ganz gewiss existieren auch Grenzen bei der Entwicklung von Persönlichkeitsmarken. Spall und Schmidt (2019, S. 58) verdeutlichen, dass eine glaubwürdige Identität durch den Abgleich zwischen Selbstbild und Fremdbild entsteht. Des Weiteren können die Konstrukte Markenpositionierung und Markenleitspruch auch auf Personen angewendet werden. Im Falle von Künstlern der klassischen Musik kann festgestellt werden, dass sie, bis auf wenige Ausnahmen, nicht gemäß einem festgelegten Markenkonzept agieren möchten. Die persönliche Freiheit, Kreativität und Ausdrucksweise steht in einem ganz besonderem Maße im Vordergrund des Fühlens und Handelns. Deshalb existiert meist keine ausgefeilte Social Media-Strategie (Grabs et al. 2020), wie sie sicherlich einige wenige Künstler der klassischen Musik verfolgen.

2 Begriffe rund um das Thema Oper

Im folgenden Abschnitt werden die Begriffe begutachtet, die für das Verständnis dieses Aufsatzes wichtig sind. Hierzu gehören: Komponist, Dirigent, Oper und Opernsänger und Opernsängerin. Ein Komponist gestaltet musikalische Werke, so genannte Kompositionen. Diese stellen sein ausschließliches oder anteiliges geistiges Eigentum dar. Die kreierte Musik wird mittels Musikern und/oder Sängern auf einer Plattform realisiert. Ein Dirigent ist für die musikalische Leitung einer Oper verantwortlich. Eine Oper stellt eine der musikalischen Gattungen des Theaters dar. Eine Oper besteht aus der Vertonung einer dramatischen Dichtung, die von einem Sängerensemble, einem begleitenden Orchester sowie oft von einem Chor und einem Ballettensemble ausgeführt wird. Neben dem Gesang führen die Opernsängerinnen Schauspiel und auch Tanz auf einer Theaterbühne auf. Durch Malerei, Architektur, Requisite, Beleuchtung und Bühnentechnik wird diese illustriert. Die künstlerische Leitung teilen sich der Dirigent, der Regisseur und der Bühnenbildner. Wie oben erwähnt, ist der Dirigent für die Musik verantwortlich. Der Regisseur hingegen führt die Personen. Der Bühnenbildner leitet die Ausstaffierung der Bühne. Im Hintergrund unterstützt sie die Dramaturgie. (Deutscher Bühnenverein 2021; Jacobshagen 2019)

3 Nicholas Kok

Im Folgenden wir der Musiker Nicholas Kok vorgestellt. Sein Wirken wird aus markentechnischer und kommunikativer Sicht betrachtet. Die Ausführungen basieren auf einem Interview, das am 13. Mai 2021, stattgefunden hat (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Nicholas Kok Joincombattime 2021. (Quelle: Fotografie: Matthias Baus)

Kurzbiografie Nicholas Kok

Nicholas Kok MA (Oxon) FRCO studierte am New College Oxford, als Orgelstipendiat, und am Royal College of Music. Als Chefdirigent arbeitete er an führenden internationalen Opern- und Konzerthäusern: Von 1996 bis 2006 war er Chefdirigent des East of England Orchestra (Sinfonia Viva). Von 2007 bis 2011 war er Chefdirigent von Psappha, dem führenden Ensemble für zeitgenössische Musik in Nordengland. 2012/13 war er der erste Gastdirigent des WDR Rundfunkchores. An der English National Opera sowie an der Opera North leitete er verschiedene Opernproduktionen, darunter zahlreiche Welt-Uraufführungen, so auch in den Opernhäusern in Stuttgart, Köln, Braunschweig und Dresden. Außerdem wirkte Nicholas Kok bei vielen Festivals mit, darunter beim Edinburgh International, BBC Proms, Zürich Contemporary sowie beim Éclat Festival in Stuttgart u. a. Er dirigierte viele bekannte Orchester, wie das Philharmonia, das Philharmonic Orchestra, das London Sinfonietta, Hallé Scottish Chamber Orchestra und das RSO Berlin, um nur einige zu nennen. Es existieren zahlreiche Rundfunk- und CD-Aufnahmen, von denen viele online verfügbar sind. Einige seiner Klavierreduktionen erscheinen im Carus-Verlag. Nicholas Kok hat eine Langzeitbeziehung mit den BBC Singers, mit denen er zahlreiche Aufnahmen gemacht hat. Weitere Informationen über die Arbeit von Nicholas Kok sind unter www.rayfieldallied.de (2021) zu finden.

Fragt man Nicholas Kok nach seinem Beruf und seinen Werten, so antwortet er, dass er dirigiert, arrangiert, improvisiert, komponiert und jede Art von Musik liebt. Er ist also nicht nur aufs Dirigieren festgelegt. Flexibel wechseln sich unterrichten, komponieren und dirigieren ab. Er empfindet eine Leidenschaft für Musik und hat eine Demut vor ihr. Ferner hat er einen großen Respekt vor den Fähigkeiten anderer Musiker und vor Komponisten, die er für fantastische Meister hält. Er steht für die Werte Musikalität, Professionalität, Ernsthaftigkeit, Echtheit und Flexibilität. Gerade Flexibilität ist in der heutigen Zeit ein wichtiger Aspekt der Arbeit eines freischaffenden Musikers. Warum ist das so? Durch die wechselnde Nachfrage von Veranstaltungen, insbesondere in der aktuellen Coronazeit, ist es wichtig, sich in anderen musikalischen Betätigungsfeldern zu bewegen. Daher arrangiert er Musikstücke und schreibt Klavierreduktionen von großen Orchesterwerken. Er komponiert gerne, wenn er einen spezifischen Auftrag hat. Heutzutage sind die Auftraggeber Musikensembles, einzelne Musiktheater, Instrumentalisten oder Institutionen wie Musikhochschulen. Musik kann für ihn Dinge transportieren, die man nicht aussprechen kann: Freude, Begeisterung, Provokation. Sie ist sehr machtvoll und kann Stimmungen auslösen. Nicholas Kok geht es um die Qualität der musikalischen Arbeit. Ihm ist eine ehrliche und konsequente Ausführung des Werks wichtig. Dies ist sein Erfolgsrezept.

Durch sein breitgefächertes musikalisches Interesse ist es schwieriger für ihn sich gegenüber anderen Musikern abzugrenzen und seine Einzigartigkeit hervorzuheben. Er ist dadurch schlechter in den Kanon der Musiker in der klassischen, internationalen Musikszene einzuordnen. Andererseits erhält Kok durch diese Nichtfestlegung auf eine bestimmte musikalische Tätigkeit, abwechslungsreiche musikalische Aufträge von den verschiedensten internationalen Institutionen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Nicholas Kok bei Joincombattime 2021. (Quelle: Fotografie: Matthias Baus)

Nicholas Kok betreibt keine eigene Website. Auf Youtube sind Konzerte mit ihm zu finden, die die Veranstalter eingestellt haben. Im TV werden vor allem in England Übertragungen seiner Konzerte gezeigt. Im Radio sind seine Konzerte mit den BBC Singers zu hören, die er dirigiert. Auch Musik für Filme hat er mehrere Male komponiert und dirigiert. Solche Aufträge vermittelt ihm seine Londoner Künstlervermittlungsagentur Rayfield Allied (2021), die hierzu Podcasts ins Internet stellt.

Engagements erhält er über sein seit langen Jahren bestehendes Netzwerk. Es kommt auch vor, dass er eine Mail an frühere oder potenzielle Auftraggeber schreibt. Auf diese Weise hatte er in der Vergangenheit ebenfalls Engagements erhalten.

Zusammengefasst kann hier festgestellt werden, dass Nicholas Kok eine starke Künstlerpersönlichkeit ist, die ihren eigenen Weg beschreitet.

4 Opernsängerin Maria Theresa Ullrich

Im Folgenden wird die Opernsängerin Maria Theresa Ullrich aus markentechnischer und kommunikativer Perspektive betrachtet. Die Textinhalte basieren auf einem Interview, das am 20. Mai 2021, stattgefunden hat.

Kurzbiografie Maria Theresa Ullrich

Maria Theresa Ullrich, Mezzosopran, in Bonn geboren, studierte dort Romanistik und Komparatistik sowie Gesang am Bergischen Gesangsinstitut in Gummersbach. Von 1998 bis 2006 war sie Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart, wo sie u. a. als Polina in Pique Dame, als Wellgunde in Das Rheingold, als Grimgerde in Die Walküre, als Page in Salome, als Rosina in Il barbiere di Siviglia, als Annio in La clemenza di Tito, als Cherubino in Le nozze di Figaro und als Emilia in Otello zu erleben war. Ihr Repertoire umfasst auch Werke zeitgenössischer Komponisten wie Péter Eötvös, unter dessen Leitung sie die Partie der Harper Pitt in dessen Oper Angels in Amerika beim Holland Festival sang. Sie arbeitete mit Dirigenten und Regisseuren wie Lothar Zagrosek, Nicola Luisotti, Roy Goodman, Nicholas Kok und Steven Sloane, Martin Kušej, Peter Konwitschny, Hans Neuenfels und Anouk Nicklisch zusammen. Gastengagements führten sie u. a. an die Opernhäuser in Zürich, Amsterdam, Klagenfurt, Regensburg, Mannheim und Montepulciano. Seit 2014/2015 ist sie wieder Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart und übernahm hier Partien wie Neris (Medea), Suzuki (Madama Butterfly) und Xenias Amme/Die Mutter des Selbstmörders (BORIS). 2020/2021 wirkt Maria-Theresa Ullrich als Zweite Dame (Die Zauberflöte), als Die Mutter/Chinesische Tasse/Die Libelle in der Neuinszenierung von Verzauberte Welt, in der Neuinszenierung von HOLLE! im JOiN und im Familienkonzert Das Dschungelbuch mit. Sie verbindet eine rege Zusammenarbeit mit den Alt-Wiener-Strauß-Ensemble, mit denen sie einige CDs aufnahm.

Ältere, vom Leben gezeichnete, desillusionierte Frauen, leidende Mütter, das sind die Rollen, die Maria Theresa Ullrich besetzt. Auf der Bühne steht sie als Seconda Donna, im scheinbaren Hintergrund. Sie ist die Dame, die beobachtet und auffängt. Als Gegenspielerin erfüllt sie diese Erwartungen des Publikums. Auf der Bühne ist sie authentisch, sie ruft emotionale Erfahrungen ab und füllt damit ihre Figuren aus. Sie versetzt sich also in ihre Rollen, was sich in einer starken Bühnenpräsenz widerspiegelt. Dabei sieht sie auf der Bühne immer das große Ganze, sie behält den Gesamtüberblick. Mit dem Schlussapplaus fällt sie aus dieser Rolle hinaus. „Manche Stücke wirken aber noch ein paar Stunden nach“, so die Opernsängerin (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Maria Theresa Ullrich. (Quelle: Fotografie: Matthias Baus)

Maria Theresa Ullrich steht für innere Stärke, die auch aus Lebenserfahrung resultiert, Intelligenz und einen feinen Geist, der sich sowohl als Leichtigkeit als auch in Eleganz ausdrückt. Als langjähriges Ensemblemitglied ist sie mit der Staatsoper Stuttgart eng verbunden. Ihre Werte sind ferner Beständigkeit und Vertrauen. Sie integriert Stimme und Körper, sodass eine organische Verbindung entsteht, die sowohl positive als auch negative Emotionen beim Publikum hervorruft (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Maria Theresa Ullrich als Frau Holle. (Quelle: Fotografie: Matthias Baus)

Durch ihre große und sehr schlanke Figur unterscheidet sie sich vom typischen Bild einer Opernsängerin. Unter anderem trat sie mehrmals bei Ballettaufführungen als Sängerin auf. Als Fotomodell wirkte sie gemeinsam mit anderen Künstlern aus den Sparten Schauspiel Ballett und Oper, an einem Fotoshooting für Luxusmode mit. Die dekadent wirkenden Aufnahmen erschienen in einem Magazin einer Stuttgarter Zeitung. Doch eine solche Darstellung entspricht in keiner Weise der Persönlichkeit der Opernsängerin.

Maria Theresa Ullrich initiiert keine eigenen Kommunikationsaktivitäten. Die Kommunikation erfolgt über die Staatsoper Stuttgart. Auf deren Website und weiteren Kanälen wie Youtube, Instagram oder Facebook ist sie zu hören und zu sehen.

5 Opernsängerin Esther Dierkes

Am 14. Mai 2021 fand das Gespräch mit der Opernsängerin Esther Dierkes statt. Ihre Aussagen werden ebenfalls aus markentechnischer und kommunikativer Perspektive im Folgenden wiedergegeben.

Kurzbiografie Esther Dierkes

Esther Dierkes, Sopran, absolvierte ihr Masterstudium in Frankfurt/Main bei Hedwig Fassbender und erhielt bereits als Studentin Einladungen ans Staatstheater Darmstadt, zum Festival junger Künstler Bayreuth, ans Rheingau Musik Festival und an die Oper Frankfurt. Sie war Stipendiatin des Richard-Wagner-Verbands und der Studienstiftung Cusanuswerk und besuchte Meisterkurse bei Edith Wiens, Rudolf Piernay und Helmut Deutsch. Es folgten mehrfache Engagements auf Schloss Esterházy in Eisenstadt, 2016 sang sie Giannetta (Der Liebestrank) in St. Margarethen. Esther Dierkes konzertierte mit Dirigenten wie Peter Eötvös oder Bertrand de Billy. Von 2015 bis 2017 war sie Mitglied des Internationalen Opernstudios Stuttgart und in Rollen wie Frasquita (Carmen), Berta (Il barbiere di Siviglia), Zerlina (Don Giovanni) und Mystery (Fairy Queen) zu erleben. Seit 2017/2018 ist sie Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart und sang u. a. Pamina (Die Zauberflöte), Zweiter Knappe und Blumenmädchen (Parsifal), Gretel in Hänsel und Gretel, Josephe Asteron in Erdbeben. Träume, Mimì in La Bohéme, Susanna in Le nozze di Figaro und Donna Elvira in Don Giovanni.

Die Opernsängerin Esther Dierkes verkörpert die Werte Erfolg, Glück, Unbeschwertheit sowie Lebensfreude. Wollte man einen Claim für sie entwickeln, so könnte er „Ich kriege alles mit Leichtigkeit hin!“ lauten. Von anderen Opernsängerinnen unterscheidet sie sich durch ihr Stimmfach. Sie ist eine der wenigen echten jugendlich-dramatischen Sopranistinnen. „Meine Zeit kommt noch“, äußert sie ganz klar. „Ich starte aufgrund meiner Stimme, die sich erst noch richtig entfaltet, später durch. Zudem habe ich eine Familie mit drei Kindern, was sehr selten in diesem Beruf ist.“ (Esther Dierkes, persönliche Kommunikation, 14. Mai 2021) Sie ist sich über ihr Selbstverständnis sehr bewusst und setzt dieses professionell in ihren Rollen, aber auch auf der Klaviatur der Sozialen Medien zielbewusst um. Neben ihrem festen Engagement an der Staatsoper Stuttgart vermittelt ihre Künstleragentur „Agence Massis Opera“ in Paris weitere Engagements. Beide Institutionen zeigen ihre Auftritte auf sämtlichen Kanälen: Website, Facebook, Youtube, um nur eine Auswahl zu nennen (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Esther Dierkes (2021a) Website, großes Foto. (Quelle: Fotografie: Matthias Baus), restliche kleine Fotos. (Quelle: Esther Dierkes)

Genauso viel wie der Gesang zählen das Äußere und auch die Anzahl der Follower in Sozialen Medien. Hier zeigt sie sich sehr professionell in visuellen und akustischen Bildern, die ihre Werte verkörpern. Nicht zu sehen ist sie deshalb zähneputzend im Schlafanzug, was jedoch andere, vielleicht auch noch jüngere Sänger durchaus veröffentlichen. Ihr Instagramprofil managt sie im Gegensatz zu anderen Sängerinnen selbst und nicht über eine Agentur. Auf diese Art und Weise behält sie einen Überblick über die transportierten Kommunikationsinhalte. Sie unterhält einen Kanal auf Instagram und in Facebook. In den folgenden Abbildungen gibt sie scheinbare Einblicke in ihr Privatleben. Hier wird aber eine bestimmte Grenze nicht überschritten. Von ihrer echten, privaten Seite kennen sie nur ganz wenige vertraute Menschen. Dies ist sicherlich ein guter Selbstschutz in dieser Branche und dies lässt auch Raum für Fantasie und Projektionen. Die folgenden Beispielen zeigen die leichte, professionelle Darstellung und Lebensweise der Sängerin (Abb. 6 und 7).

Abb. 6
figure 6

Esther Dierkes (2021b) auf Instagram. (Quelle: Esther Dierkes)

Abb. 7
figure 7

Esther Dierkes (2021c) auf Facebook. (Quelle: Esther Dierkes)

6 Opernsänger Björn Bürger

Zuletzt wird der Opernsänger Björn Bürger im Hinblick aus einer markentechnischen und kommunikativen Sichtweise beleuchtet. Das Gespräch fand am 18. Mai 2021 statt.

Björn Bürger, Bariton, stammt aus Darmstadt. Er gewann den ersten Preis beim Bundeswettbewerb Gesang und ist erster Preisträger des Emmerich-Smola Wettbewerbs und des Anneliese-Rothenberger Wettbewerbs. Bereits während des Studiums an der Frankfurter Musikhochschule bei Hedwig Fassbender wirkte er am Grand Théâtre de Genève in einer Neuproduktion von Verdis Macbeth unter der Regie von Christof Loy und der Musikalischen Leitung Ingo Metzmachers mit. 2013 – 18 sang er als Ensemblemitglied der Oper Frankfurt Partien wie Georg in Arnulf Herrmanns Der Mieter, Harlekin in Ariadne auf Naxos, Papageno in Die Zauberflöte. Zu seinen Gastengagements zählen u. a. Papageno an der Opéra national de Paris, Don Giovanni an der Norwegischen Oper in Oslo, Figaro (Il barbiere di Siviglia) beim Glyndebourne Festival und an der Dresdener Semperoper, Dr. Falke (Die Fledermaus) an der Bayerischen Staatsoper und an der Opéra de Lausanne sowie Wolfram von Eschenbach (Tannhäuser) an De Nationale Opera Amsterdam. 2020 gastierte er u. a. als Graf Almaviva (Le nozze di Figaro) und als Don Giovanni am La Monnaie in Brüssel. Seit 2019/2020 ist Björn Bürger Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart, an der er bereits Marquis von Posa (Don Carlos) sang. In seiner zweiten Saison in Stuttgart übernimmt Björn Bürger die Rolle des Dr. Falke (Die Fledermaus) und die Bariton-Partie in der Neuinszenierung von Johannes-Passion. Zudem gestaltet er das 4. Liedkonzert.

Björn Bürger betrachtet Sänger als Interpreten. Sich selbst definiert er als Sänger-Darsteller. Er bzw. seine Stimme sind nicht nur Instrument. Er trägt Geschichten lebendig weiter. Das Publikum hat seiner Ansicht nach ein Recht auf Illusion. Er möchte Botschaften und eine Sinnerfüllung an die Gäste weitergeben. Sie sollen sich nach seinem Auftritt besser fühlen. Seine Werte, die er dabei transportiert sind Jugendlichkeit, Coolness, künstlerische Integrität, Leichtigkeit des Seins, Professionalität und Durchhalten (Abb. 8).

Abb. 8
figure 8

Opernsänger Björn Bürger (2021a): Website, großes Foto und in der Mitte. (Quelle: Fotografie: Matthias Baus), restliche Fotos. (Quelle: Esther Dierkes)

Für ihn sind eine ausgeglichene Work-Life-Balance mit Familie und Arbeit elementar. Er fühlt sich als Working Dad. In den sozialen Medien präsentiert er Fotos und Videos seiner Auftritte. Zudem zeigt er Fotos, auf denen er gemeinsam mit seiner Frau Esther Dierkes zu sehen ist. Er weiß, dass dieser Wert des Working Dad aktuell noch nicht als solcher von der Gesellschaft voll und ganz akzeptiert wird. Auch in der Oper wird Familie nicht unbedingt gerne gesehen. Er respektiert sein Publikum und seine Fans. Die darstellende Kunst endet für ihn aber nicht mit dem Schlussapplaus (Abb. 9).

Abb. 9
figure 9

Opernsänger Björn Bürger (2021b) Instagram. (Quelle: Esther Dierkes)

Er möchte allen Menschen auf Augenhöhe begegnen. Auch vor den vielen Briefen von Bewunderern hat er Respekt. Er weiß, dass er für diese Menschen eine Plattform für ihre Fantasie ist. Die Rückzugsmöglichkeiten als Künstler sind für ihn eingeschränkt. Auch deshalb schützt er auf Social Media Plattformen seine Privatsphäre. „Man kann mich nicht greifen. Ich zeige nicht alles von mir. Ein Teil ist Privatsphäre.“ (Bürger 2021) Björn Bürgers Künstleragentur ist ebenfalls „Agence Massis Opera“ (2021) in Paris (Abb. 10).

Abb. 10
figure 10

Opernsängern Björn Bürger (2021c) Facebook (Esther Dierkes), großes Foto. (Quelle: Fotografie: Matthias Baus)

7 Schlussbetrachtung

Künstlerinnen und Künstler leben unterschiedliche professionelle Werte, die sich aus ihrer Persönlichkeit, ihrer Kunst und ihren künstlerischen Aktivitäten ergeben.

Die vorgestellten Musiker bzw. Sängerinnen weisen unterschiedliche Werte und Kommunikationsaktivitäten auf. Sie sind auf verschiedenen oder gleichen Bühnen- und Kommunikationsplattformen zu entdecken. Für ihre Arbeit sind Social Media-Aktivitäten nicht zwangsläufig notwendig. Um Engagements zu erhalten, nimmt aber auch hier der Druck zu, möglichst viele Follower aufzuweisen. Doch steht der direkte Zugang zu den Fans im Mittelpunkt: Die Bühne ist also immer noch die Plattform für die Sehnsuchtserfüllung der Rezipienten.