Selbstmord: Historiker veröffentlicht Abschiedsbrief Hannelore Kohls - WELT
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Historiker veröffentlicht Abschiedsbrief Hannelore Kohls

Mit Auszügen aus dem Abschiedsbrief Hannelore Kohls will der Historiker Theo Schwarzmüller Spekulationen über den Grund des Selbstmords der Frau von Altkanzler Helmut Kohl entkräften. In den mit Einverständnis der Familie in der "Welt am Sonntag" veröffentlichten Passagen schreibt Hannelore Kohl, sie danke ihrem Mann "für viel Hilfe, Zuspruch und Deine Versuche, mein Leben zu erleichtern".

Er veröffentliche die Passagen, um "unwürdige Spekulationen zu beenden", schreibt Schwarzmüller, der Helmut Kohl bei der Abfassung seiner Memoiren hilft. "Einschlägige Magazine aus Hamburg" hätten die "bösartige Parole ausgegeben, der ohnehin zu allen Schandtaten fähige Helmut Kohl habe seine arme Frau in den Selbstmord getrieben". Hannelore Kohl hatte sich am 5. Juli mit einer Überdosis Tabletten das Leben genommen. Grund sei ihre Verzweiflung über eine unheilbare Lichtallergie gewesen, hatte es in einer Erklärung aus dem Berliner Büro Helmut Kohls geheißen. "Ich habe über viele Jahre um Licht und Sonne gekämpft - leider vergebens", zitiert Schwarzmüller aus dem Abschiedsbrief.

Schwarzmüller, der wegen der Memoirenrecherchen seit Februar insgesamt 30 Tage in dem Privathaus der Familie Kohl in Oggersheim verbracht hat, kennzeichnet die 68-Jährige in ihren letzten Tagen als tapfere Frau: "Immer wieder musste sie ihrer (Lichtallergie) . . . Tribut zollen und sich mit Bedauern zurückziehen." Obwohl sie offensichtlich unter einem ungeheuren Leidensdruck gestanden habe, habe sie nie gejammert. Von ihrem genau geplanten Suizid habe sie mit keinem Wort gesprochen, als sich Schwarzmüller am Wochenende vor ihrem Tod in Oggersheim einfand. Das Ehepaar habe sogar noch über den geplanten Urlaub am Wolfgangsee geredet: "Alle Fenster an dem Ferienhaus sollten - wie schon im vergangenen Jahr - abgedunkelt werden, die Fahrt mit dem Auto nachts stattfinden", rekonstruiert Schwarzmüller das Gespräch.

Auch der Seelsorger Erich Ramstetter, ein enger Freund der Familie Kohl, wandte sich in einem Interview mit der Zeitschrift "Bunte" gegen die Instrumentalisierung von Hannelore Kohls Freitod durch die Medien. "Es kann ja wohl nicht sein, dass man einen Menschen über den Tod hinaus verfolgt", sagte der 75-jährige Geistliche, der auch die Totenpredigt zur Beisetzung von Hannelore Kohl im Kaiserdom zu Speyer gehalten hatte.

Von ihrem Tod sei auch er überrascht gewesen, obwohl er "schon erwartet (hatte), dass sie nicht mehr lange lebt, weil ihre Kräfte in den letzten Wochen so rapide abgenommen hatten. Ging sie die wenigen Treppen im Bungalow hoch, klagte sie, sie sei so schlapp, als hätte sie fünf Bäume gefällt." Neben ihrer Lichtallergie hätten Frau Kohl auch die Anschuldigungen rund um die CDU-Spendenaffäre stark belastet: "War sie mal abends einkaufen, wurde sie von manchen Menschen mit bösen Worten beschimpft wegen der Spendenaffäre um ihren Mann." Schuldzuweisungen in Zusammenhang mit ihrem Tod habe Frau Kohl nicht gewollt, sagt Ramstetter: "(Sie) hat in ihren Briefen dafür gesorgt, dass sich niemand an ihrem Tod schuldig fühlen muss." Ihrem Mann hat sie laut "WamS" in ihrem letzten Brief an ihn Mut zugesprochen: "Du musst weitermachen . . . Ich liebe Dich und bewundere Deine Kraft. . . . Möge sie Dir erhalten bleiben. Du hast noch viel zu tun."

In einem Bericht des Hamburger Magazins "Stern" war Helmut Kohl indirekt eine Mitschuld am Selbstmord seiner Frau gegeben worden. Er habe sie allein gelassen, als sie ihn wegen ihrer Lichtallergie dringend in Ludwigshafen-Oggersheim gebraucht habe.

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